Seit 2019 sind die Strompreise stark gestiegen, 2025 liegen sie um mehr als 70 Prozent über dem Niveau von 2019. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung kürzlich die Senkung der Elektrizitätsabgabe auf Strom beschlossen. Diese Verbrauchsabgabe, die bei der Nutzung von elektrischem Strom an den Staat geleistet werden muss, wird 2026 für Haushalte von 1,5 Cent pro Kilowattstunde auf 0,1 Cent gesenkt. Auch Unternehmen sind von der Preisreduktion umfasst, wenngleich nicht so stark: Hier werden im nächsten Kalenderjahr statt 1,5 Cent immerhin noch 0,82 Cent pro Kilowattstunde fällig. Als Begleitmaßnahme wurde auch die Senkung des Ökostrombeitrags um 14 Prozent verabschiedet, der zur Förderung erneuerbarer Energien eingehoben wird.

Für das gewerkschaftsnahe Momentum Institut sind diese Maßnahmen allerdings keineswegs weitreichend genug, da sie für Haushalte nur eine geringe Ersparnis in der Höhe von rund sechs Prozent bringen. Beispielhaft wird vorgerechnet, dass ein durchschnittlicher vierköpfiger Haushalt im laufenden Jahr 2025 insgesamt 1.176 Euro für die Stromrechnung bezahlt. Im Folgejahr zahlt der gleiche Haushalt durch die Kürzung der Elektrizitätsabgabe um 67 Euro weniger. Die Bewertung des Momentum Instituts fällt hierzu bescheiden aus: Elektrizitätsangabe hin oder her, angesichts der Preisexplosion der letzten Jahre bleibt der Strom weiterhin teuer.
Sozialtarif führt zu deutlicher Preissenkung
Deutlich günstiger wird Strom hingegen dort, wo die Preise staatlich klar geregelt werden. Dies ist bei dem ab April 2026 wirksamen Sozialtarif für Strom der Fall. Dieser gilt für zwei Personengruppen, nämlich einerseits für alle Haushalte, die vom ORF-Beitrag befreit sind, wie Empfänger:innen von Mindestsicherung oder Mindestpensionist:innen, und andererseits für Arbeitslose, deren Einkommen unter 1.465 Euro netto im Monat liegt. Damit zahlen die rund 290.000 Haushalte, für die der Sozialtarif wirksam wird, um 40 Prozent weniger Strom. Aus Sicht von Oliver Picek, Chefökonom am Momentrum Institut, ist der Empfängerkreis jedoch zu eng gezogen: „Im Sozialtarif regelt die Bundesregierung die Strompreise für einen von 14 Haushalten. Alle anderen Haushalte und Betriebe nehmen die Stromkonzerne weiter aus wie eine Weihnachtsgans. Derweil schwimmen sie aufgrund der Preiserhöhungen im Geld.“
Steuersenkung auf Zeit
Dazu kommt nach Analyse des Momentum Instituts der Umstand, dass es sich bei der reduzierten Elektrizitätsabgabe um eine Steuersenkung auf Zeit handeln könnte, die im Jahr 2027 wieder zurückgenommen wird. So wurde bereits zwischen 2022 und 2024 die Stromsteuer zeitweise gesenkt, wodurch gemeinsam mit der Strompreisbremse der Preisanstieg zwei Jahre lang gebremst wurde, der dann aber mit voller Wucht zurückkam.
Strukturproblem weiter ungelöst
Der Hauptkritikpunkt der Denkfabrik liegt aber darin, dass das zugrundeliegende Strukturproblem ungelöst bleibt. Das Momentum Institut verweist diesbezüglich plakativ auf die Schere zwischen Stromkonzernen, die Milliardengewinne schreiben, und Haushalten, für die die hohen Strompreise mitunter zur Belastungsprobe werden. Ausgehend davon wird ein Ansetzen der Regierung bei den Marktpreisen gefordert, indem das Merit-Order-Prinzip reformiert wird oder staatliche Strompreisregeln wie in der Schweiz erlassen werden. Zur Erklärung: Unter „Merit-Order“ versteht man die Praxis, dass zwar die jeweils billigsten Stromproduzenten zum Zug kommen, um den Bedarf zu decken, aber stets der teuerste Erzeuger den Strompreis bestimmt. In der Schweiz gilt hingegen, dass Schweizer Stromkonzerne günstig produzierten Strom auch günstig an ihre Kundschaft weiterreichen müssen.
4 Postings
Man könnte jetzt lange darüber diskutieren, ob Merit-Order einen natürlichen Markt abbildet oder nicht. Fakt ist aber, dass die Harmonisierung und Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes eines der zentralen Projekte der EU und Merit-Order durch die Marktregeln de facto gesetzt ist. Daran wird auch ein Babler nichts ändern, denn am Ende dominiert in Wien immer der Wunsch, braver Europäer zu sein. In dieser Situation bleiben uns halt nur diverse Taschenspielertricks, wie das Günstiger-Strom-Gesetzt. Das kann man der Regierung auch gar nicht mal so sehr vorwerfen, denn ich denke, niemand will Subventionen v.a. nach Norditalien exportieren.
Das Momentum Institut ist auch schon aufgewacht! Ich schreibe schon länger, daß das Merit Order System abgeschafft werden muß. Die Regierungen sollten sich mit der Ursache der unverschämten Strompreise befassen und nicht indirekt Steuergeld zu einer Pseudoentlastung verschleudern. So wie bisher die ganzen sogenannten Deckel funktioniert haben, bezahlen wir das alles selber. Billige Taschenspielertricks waren und sind das noch immer. Ohne entschlossene Korrektur der Preisgestaltung wird das nichts. Das Merit Order System dient ausschließlich der Gewinnmaximierung der Stromkonzerne. Das ist reiner Wucher.
... und die Politik verdient mit!
Wodurch würdest du das Merit-Order-System denn ersetzten?
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