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Es ist wichtig, die Theorie zu beherrschen

Maria Steiner studiert an der Akademie der bildenden Künste.

Das ist die 26. Folge der Interview-Serie “Heimweh?” Im Introvideo zur Serie erfahren Sie mehr. Unsere heutige Gesprächspartnerin ist Maria Steiner. Sie kommt aus Dölsach und ist 26 Jahre alt.

Maria Steiner, porträtiert von Linda Steiner
Maria Steiner, porträtiert von Linda Steiner

Erzähl mal, was du machst.

Ich studiere im achten Semester an der Akademie der bildenden Künste in Wien die Unterrichtsfächer Bildnerische Erziehung und Technisches Werken.


Konntest du schon praktische Erfahrungen sammeln?

Im ersten Studienabschnitt hatten wir zwei Mal eine fachspezifische Schulpraxis. Dabei habe ich an zwei verschiedenen Schulen – an der einen Bildnerische Erziehung, an der anderen Technisches Werken – unterrichtet. Zuerst habe ich hospitiert und danach eine Unterrichtseinheit selbst gestaltet. Im zweiten Abschnitt ist auch ein praktischer Teil vorgesehen, aber im Allgemeinen ist das Studium sehr theoretisch ausgelegt.

Glaubst du, dass dich die theoretische Ebene ausreichend auf dein späteres Arbeitsleben vorbereitet?

Es ist wichtig, die Theorie zu beherrschen, um einen gut vorbereiteten, fundierten Unterricht gestalten zu können; aber bei dem Gedanken, ohne ausreichende praktische Erfahrung in den Beruf einzusteigen, fühle ich mich auch sehr unter Druck gesetzt. Bis 2018 gibt es noch das sogenannte Unterrichtspraxisjahr, in dem es Unterstützung von einem Betreuungslehrer gibt. Auf alle Fälle hoffe ich, auf diese Weise in den Lehrberuf einsteigen zu können.


Mit welcher Schulstufe hast du während deiner Praxis gearbeitet?

Technisches Werken habe ich mit einer zweiten Schulstufe in einem Gymnasium unterrichtet. Eine Kollegin und ich haben mit den Kindern gemeinsam Kleister- und Batikpapier hergestellt. Es war eine sehr große Gruppe, in der auch Kinder mit einer eher negativen Einstellung waren, was eine große Herausforderung für mich darstellte. Im Großen und Ganzen war es trotzdem eine gute Einheit und die meisten SchülerInnen konnten sich für die Arbeit begeistern. Die Offenheit und das Interesse waren ein sehr schönes Feedback.

Würdest du später gerne Kinder oder lieber Ältere unterrichten?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen, beide Vorstellungen sind auf ihre eigene Art und Weise reizvoll. Berufsbildende Schulen haben den Vorteil, dass ein prinzipielles Interesse am Fach besteht und man deswegen Themen mit einer anderen Intensität bearbeiten kann und auch mehr Stunden zur Verfügung hat.

Wie gehst du mit Kindern um, die kein Interesse haben? Und wie benotet man ein so subjektives Thema wie Kunst?

Man kann halt immer nur die Möglichkeit bieten, in die Materie einzusteigen und kreativ zu sein. Dass das nicht von allen angenommen wird, versteht sich von selbst. Vor allem im Kunstbereich ist es schwierig Arbeiten nach „Talent“ oder „Können“ zu bewerten. Das Notensystem lässt sich schwer auf kreative Arbeit anwenden und ich glaube, man hat nicht das Recht zu bewerten, was gut oder schlecht ist. Die Note setzt sich daher eher aus der Mitarbeit und der Motivation zusammen.

War das Lehramtsstudium schon immer dein Plan?

Nein, ich habe vorher drei Jahre Graphik und Kommunikationsdesign studiert, aber es hat sich gezeigt, dass ich in diesem Feld nicht Fuß fassen möchte. Diese Entscheidung habe ich einerseits aus ideologischen Gründen getroffen, da ich kommerziell ausgerichtete Werbung und das Reproduzieren des Systems ablehne. Andererseits weil die DienstnehmerInnenverhältnisse im Graphikbereich sehr schlecht sind. Man ist in vielen Bereichen auf sich alleine gestellt und stark von Faktoren abhängig, die man schlecht beeinflussen kann.
Ich habe Graphik sehr lange als Mittelweg zwischen bildender Kunst und beruflicher Sicherheit gesehen, diese Ansicht hat sich als nicht richtig erwiesen. Ich wollte mich danach eher der bildenden Kunst zuwenden. Dass ich schwanger wurde hat meine Entscheidung, das Lehramt zu wählen, sicher stark beeinflusst. Ich bin mit dieser Entscheidung sehr glücklich.


Lässt sich das Studium gut mit einem Kind vereinbaren?

Da mein Partner und ich beide studieren, können wir unsere Zeit sehr flexibel einteilen und es bleibt trotzdem noch viel Zeit zu dritt; das ist natürlich ein Privileg. Ich denke sogar, dass es für Studierende leichter ist, ein Kind großzuziehen, als für Berufstätige.

Kannst du dir vorstellen, nach Osttirol zurückzukehren?

Prinzipiell möchten mein Partner und ich keine Option ausschließen, aber das hängt immer von mehreren Faktoren ab. Es ist wichtig, dass beide Partner einen Job und eine Aufgabe haben. Ich würde nie wegen Osttirol an sich zurückkehren, wenn wir dort keine Arbeit hätten. Ich möchte nicht ausschließen, irgendwann wieder aufs Land zu ziehen, aber in nächster Zeit werden wir sicher in Wien bleiben. Viele denken, dass man Kinder nur ganz romantisch am Land aufziehen kann. Meiner Meinung nach gibt es in Wien aber ausreichend Möglichkeiten, die Erziehung zu gestalten. Ich habe ein großes soziales Netz hier, das ich schwer zurücklassen könnte. Außer meiner Familie habe ich kaum mehr Bezug zu Osttirol, ich kenne nur mehr wenige Leute dort. Ich komme gern zur Erholung nach Hause, aber ich bin in meiner jetzigen Lebenssituation sehr zufrieden und genieße Wien und die vielen Möglichkeiten, die man hier hat.

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In der Serie "Heimweh?" entstehen vorerst 50 Porträts von Studentinnen und Studenten aus Osttirol, geschrieben und gezeichnet von Linda Steiner. Unterstützt wird dieses Dolomitenstadt-Projekt von Durst Phototechnik. Außerhalb Osttirols lebende Studierende, aber auch andere junge "Bildungsauswanderer" können sich per Mail an redaktion@dolomitenstadt.at bei uns melden, wenn sie an diesem Projekt teilnehmen möchten.

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