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„Wie Mann es Macht“ – Schritt für Schritt in die Diktatur

Josef Pedarnigs Hörspiel ist 40 Jahre alt und hochaktuell. Eine Audio-Premiere!

Es wird viel über die Verletzlichkeit der Demokratie geschrieben in diesen Tagen, in denen Europa zur Festung wird und nicht nur der politisch rechte Rand ganz unverhohlen nach einer "starken Hand" rufen darf. Wie schnell aus Führung ein "Führer" werden kann und wie man Grenzwälle als "Friedenssicherung" verkauft, hat der Osttiroler Literat Josef Pedarnig schon vor Jahrzehnten in einem hellsichtigen Hörspiel analysiert. Es wirkt heute so frisch, als sei es eben entstanden, als Reaktion auf die aktuellen politischen Ereignisse.

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Josef Pedarnig, ein Autor aus Osttirol. Zeichnung: Linda Steiner

Der pensionierte Tierarzt und passionierte Literat verfasste das Hörspiel, das auch ein Schauspiel sein könnte, in den siebziger Jahren. Titel: „Wie Mann es Macht.“ Eindringlich und in exemplarischer Logik thematisiert der 1937 in Schlaiten geborene Autor die Entstehung von Totalitarismus, der am Ende in Krieg mündet.

Inszeniert wurde Pedarnigs Stück von Stefan Hackl. Der ORF sendete es nicht (Pedarnig: „Vermutlich, weil es keine ORF-Eigenproduktion war“), als Schulbuch-CD wurde es knapp vor Produktionsbeginn wieder gestoppt und auch im Literaturhaus in Innsbruck blieb Pedarnigs Parabel eineinhalb Jahre unbeachtet liegen.

Jetzt feiert das Stück auf dolomitenstadt.at Premiere. Wir werden damit erstmals zum „Radio“ und möchten künftig auch eine akustische Plattform für Literatur und Musik mit Osttiroler Wurzeln anbieten.

Zum Inhalt:

Vier Männer begegnen sich in der Wüste. Schnell wird klar, dass es typische Charaktere sind, überzeichnet, wie Karikaturen und genauso treffend. Der Anführer, die Mitläufer und der Kritiker, der sich nicht einordnet. Der Anführer schwört die Mitläufer ein, sie machen sich auf den Weg durch eine fiktive Wüste, die alles sein könnte, auch Österreich, Europa oder Osttirol – und treffen einen Fünften. Zwei Gruppen bilden sich und der Keim des Konflikts ist gelegt.

Wie schützt man Frieden und Freiheit? Durch Grenzen? Wie schafft man Loyalität? Wie baut man Feindbilder auf und Hierarchien? Während sich zumindest manche Figuren in Pedarnigs Stück diese Fragen stellen, eskaliert die Situation nach dem bekannten Muster. „Es ist die Logik der Machthaber, dass sie sich und dem Volk einreden, die ganze Kraft müsse für die Verteidigung ihres Besitzes aufgewendet werden, weil dann nicht mehr Raum und Zeit bleibt für die Frage, ob der Besitz auch rechtmäßig erworben wurde,“ lässt Pedarnig einen der Protagonisten sagen und damit ausdrücken, was heute aktueller ist denn je.

Die Parolen verschärfen sich, die Grenze wird zur „Verteidigungslinie“, ein „Grenzwall“ nach dem anderen entsteht, das System kippt. Ein ganzes Land voller Grenzwälle entsteht, „die das urbar Gemachte wieder zur Wüste werden lassen“. Die Logik des blinden Glaubens und der Propaganda, genährt durch Lügen, führt über die Eskalation der Worte unweigerlich in den Kampf – mit tödlichem Ende.

Am besten Kopfhörer aufsetzen und das Stück in Ruhe hören:

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

2 Postings

iseline
vor 8 Jahren

Das ist ein wirklich ein hochaktueller Text und absolut hörenswert.

 
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ohli
vor 8 Jahren

Diese Parabel sollte unbedingt der "breiten Öffentlichkeit" vorgestellt werden, als Schauspiel eventuell? Wer hat den Mut? Danke Herr Pedarnig, danke dolomitenstadt!

 
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