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Ein Mädchen mit Träumen und Mut zur Meinung

Magdalena Guggenbergers „Brief an Donald Trump“ wurde tausendfach gelesen.

Wer an den Fuß dieser Seite scrollt, findet dort die Zugriffsstatistik auf alle Dolomitenstadt-Artikel der letzten zwölf Monate. Mit großem Abstand führt ein Meinungsbeitrag, den ein 15 Jahre altes Mädchen verfasst hat: Magdalena Guggenberger. Grund genug, die Schülerin vor den Vorhang zu holen. Sie stammt aus dem winzigen Örtchen Niedergeil in der Nähe von Liesing im Lesachtal, wo ihre Eltern einen Bauernhof mit Ferienzimmern betreiben. Magdalena hat zwei ältere Geschwister und besucht die erste Klasse der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Lienz.

Uns fiel der Titel ihres Beitrags beim diesjährigen Redewettbewerb auf: „Brief an Donald Trump“. Also haben wir den Text angefordert und uns natürlich gefragt: „Hat sie das wirklich selbst geschrieben?“ Jetzt sitzt Magdalena vor mir in der Redaktion von Dolomitenstadt, wirkt kein bisschen nervös und redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, zum Beispiel über ihr Verhältnis zur deutschen Sprache und die Gründe, an einem Redewettbewerb teilzunehmen:

Einen Brief an Donald Trump habe sie schon in der Schublade gehabt, erzählt mir Magdalena, „aber noch viel persönlicher“ sei der verfasst gewesen, also schrieb sie für den Redewettbewerb – „zwei Nächte lang“ – eine neue Version. Dafür heimste die quirlige Lesachtalerin einen dritten Platz in der Kategorie „Klassische Rede“ ein, vor einer Handvoll Zuhörern in Innsbruck. Der wirkliche Wirbel, der begann erst nachher, mit der Veröffentlichung auf dolomitenstadt.at. Ihre beste Freundin rief Magdalena an: „Es ist online, du musst sofort auf Facebook gehen.“

"Mein Facebook ist explodiert!" Magdalena Guggenbergers Brief an Trump wurde zwar nicht von ihm, dafür aber von mehr als 20.000 Menschen gelesen. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner

In den sozialen Netzen ging da bereits die Post ab: „Mein Facebook ist explodiert. Es ist geteilt worden, kommentiert worden, ich bin im Zimmer auf dem Boden gelegen und hab mir gedacht: whow! Jetzt hast du einen Schritt gemacht.“ Mehr als 20.000 Menschen lasen den Brief, hunderte reagierten darauf, die weit überwiegende Mehrheit mit Anerkennung. Sogar eine Schulklasse aus Salzburg meldete sich.  Und die Eltern? „Sie sind stolz auf mich, haben aber auch gemeint, ich soll auf dem Boden bleiben und den Schulstress nicht vergessen.“ Apropos Schule: Was ist da geplant? Ein Abschluss als Facharbeiterin zunächst einmal. Magdalena hat noch keine weiteren Pläne, aber ein Ziel: „Ich möchte in Erinnerung bleiben, etwas bewirken, das Spuren hinterlässt.“

Warum sie sich über den Mann im Weißen Haus so sehr aufregt, hat persönliche Gründe. Ein junger Amerikaner war Gast im elterlichen Ferienquartier, erzählt Magdalena: „Ja, der Josh, er war Gast bei uns als Mitglied der Alpen-Kammermusik. Es waren total nette Leute, wir haben uns angefreundet. Und irgendwann beim Ausgehen hat er mir erzählt, dass er schwul ist. Wir sind seither in Kontakt und jetzt ist er sehr stolz auf mich, obwohl er kein Wort verstanden hat“, freut sich die 15-Jährige. Ihre Kritik an Donald Trump richtet sich vor allem gegen dessen Homophobie, aber auch gegen Rassismus und Intoleranz.

Natürlich gab es neben viel Applaus auch kritische Reaktion. „Einer hat geschrieben, ich soll mich lieber mit der Landwirtschaft beschäftigen, als mit Politik. Darauf haben ihm mehr als 300 Leute geantwortet und gefragt, was er denn für ein Problem hat“, lacht die Schülerin. Ob sie einmal in die USA reisen möchte? "Ja, aber erst, wenn ich 21 Jahre alt bin." Trump wird da wohl eher nicht mehr im Weißen Haus sitzen.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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