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Der Seilbahner Hörl und das Klima der Veränderung

Der Neoliberalismus hat in Tirol ein besonders verhaltensauffälliges Gesicht.

Franz Hörl zählt zu jenen politischen Figuren, die gerne Potenz signalisieren und dabei doch nur präpotent wirken. Eine Zeitlang sah es so aus, als würden politische Dinosaurier dieser Art quasi klimabedingt aussterben, doch die jüngere Geschichte lehrt uns, dass nach einer Phase der schaumgebremsten Technokraten neuerdings Gestalten mit ordentlich Schaum vor dem Mund wieder im Kommen sind. Orban, Trump und Salvini lassen grüßen.

Nun ist der Herr Hörl natürlich kein Kaliber wie die Vorgenannten, sondern nur ein recht kleiner Wirtschaftsbund-Napoleon aus der Zillertaler Lift- und Hotelbranche. Zum Glück. Das bedeutet nämlich, dass er zwar viel redet, aber eher wenig zu sagen hat und wir uns deshalb keine allzu großen Sorgen über die Auswirkungen des Hörlschen Weltbildes auf die Realpolitik machen müssen. Und so wird auch sein Versuch, den Klimawandel in den Alpen zu leugnen, verpuffen wie der Schnee aus den Kanonen bei 14 Grad Plus.

Franz Hörl glaubt weiter an den Schnee von gestern. Foto: Wirtschaftsbund

Es ist müßig an dieser Stelle über die wissenschaftliche Qualität der Hörlschen Klima-Antithese zu diskutieren. Die von ihm bemühten Wissenschaftler werden schon die richtigen Zahlen gemessen und genannt haben. Man braucht allerdings auch nur zwei Minuten und eine Suchmaschine, um das scheinbare Paradoxon rund um Durchschnittstemperaturen und Schneemengen aufzulösen.

Dann stößt man nämlich auf eine sehr breit angelegte Studie der Zentralanstalt für Meteorologie aus dem Vorjahr, in der vor allem eines sichtbar wird: das Klima der Alpen ist äußerst vielschichtig und gekennzeichnet durch Verläufe, die alles andere als linear sind, es sei denn, man legt sehr sehr viele Daten übereinander und vergleicht sehr viele, geo- wie topografisch unterschiedliche Messpunkte über einen sehr langen Zeitraum. Dann sieht man plötzlich den radikalen, alles verändernden Wandel des Klimas und der Natur auch – und gerade – in den Bergregionen der Alpen. Wer in den Alpen lebt und im Gegensatz zu Hörl einfach die Augen öffnet, sieht den Wandel auch ohne Studien. Da genügt eine Wanderung zum nächstgelegenen Gletscher.

Franz Hörl hat diese Sensorik nicht, er sonnt sich in der Rolle des Klartext-Redners und Klima-Tabubrechers, der lieber heute als morgen die Grünen in der Tiroler Landesregierung gegen ein paar stramme Blaue ersetzen würde, um Umweltgesetze noch weiter aufzuweichen und einer industriell getriebenen Tourismus-Lobby den Weg auf die letzten noch unerschlossenen Gipfel zu ebnen, Natur hin oder her. Warum nennt er das Kind dann nicht noch deutlicher beim Namen und sagt einfach, was er denkt: Ich will Lifte bauen. Ich will viel Geld verdienen. Und ihr könnt mir den Kunstschnee-Buckel hinunterrutschen. Aber nicht ohne vorher eine Liftkarte zu kaufen.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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