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Mehr als 300 Mitglieder hat der Krampusverein Nikramo in Lienz. Nun bekommt er nach 25 Jahren einen neuen Obmann.

Mehr als 300 Mitglieder hat der Krampusverein Nikramo in Lienz. Nun bekommt er nach 25 Jahren einen neuen Obmann.

Krampus-Ikone Kurt Glänzer tritt in die zweite Reihe

Der Schnitzer und Vereinsgründer erklärt im Interview, warum er den Jungen den Vortritt lässt.

Sagt man in Lienz „Krampus“, dann muss man wohl auch Kurt Glänzer sagen. Kein anderer hat in den vergangenen Jahrzehnten die lebendige Krampus-Szene in der Dolomitenstadt so stark mitgeprägt, wie der bekannte Schnitzer und Langzeit-Obmann des Vereins Nikramo. Das Amt hängt Glänzer nach einem Vierteljahrhundert an den Nagel, dem Brauch bleibt er treu, wie seine Vor- und Nachfahren. Wir haben ihn zum Interview gebeten.
Kurt Glänzer ist ein Krampus-Urgestein in der Dolomitenstadt.
Kurt, wann bist du denn das erste Mal als Krampus gelaufen? Mit vier Jahren, damals noch in Oberdrauburg. Ich bin also schon seit 50 Jahren als Krampus unterwegs. Mein Sohn hat mit drei Jahren begonnen, mein Enkel war noch nicht einmal zwei Jahre bei seinem ersten Lauf. Erinnerst du dich an die frühen Jahre? Was ist denn der größte Unterschied zwischen damals und heute? Früher war es eindeutig wilder, unorganisierter. Und die Zuschauer waren unfairer. Im Lauf der Jahre hat sich der Ablauf positiv entwickelt, weil die Leute wissen, dass ihnen nichts passiert. Früher konnte man einem Krampus überraschend im Geigergangl begegnen … Genau. Mittlerweile ist Krampus zu einem Familienfest geworden. Es wird abgesperrt, deshalb kann jeder ungefährdet zuschauen und wer innerhalb der Absperrung ist, der will mitmachen. Das ist auch für uns Krampusse viel besser. Heute wissen wir, wie wir dran sind.
Die Krampuslarven in Lienz wurden im Lauf der Zeit kleiner und leichter. Ihre Träger schauen nicht mehr durch die Nasenlöcher, sondern durch die Augen der Maske.
Was hat sich an den Masken verändert? Früher war alles viel größer. Als ich mit dem Schnitzen begonnen hab, hat man bei den Nasenlöchern aus der Maske geschaut. Dann hat mich jemand überredet, eine Lårve zu schnitzen, wo man tatsächlich bei den Augen herausschaut. Ich hab das ausprobiert und bin draufgekommen, dass man da viel mehr machen kann. Man braucht keine großen Nasenlöcher mehr, das verändert die Gesichter der Krampusse. Jetzt schnitzt man Masken, die viel kleiner und leichter sind. Sie sind leicht zu tragen, die Kinder mit drei Jahren tragen die Maske des Vaters, weil die nichts mehr wiegt. Der Rest des Outfits wirkt heute irgendwie schöner, professioneller als früher. Was steckt denn hinter dieser Veränderung? Man hatte früher wenig Möglichkeiten. Alles war improvisiert. Heute gibt es Spezialisten, die Mäntel nähen oder Glocken schmieden. Dadurch hat das Outfit eine sehr gute Qualität und die Krampusse legen großen Wert darauf. Da hat sich viel getan. Der Verein hat investiert. Wir sind mit nichts gestartet und haben uns gut aufgebaut.
Wenn sich die Nikramo-Truppe dieses Arsenal umschnallt, dann ist die Gänsehaut garantiert.
Du hast Nikramo mitbegründet, wie lange ist das her? Heuer sind es genau 25 Jahre. Zwei Jahre war ich Stellvertreter, seither bin ich Obmann. Du legst dieses Amt nieder, warum? Ich hab das als Fußballtrainer auch so gemacht. Irgendwann merkst du, dass der richtige Zeitpunkt da ist, um es zu lassen. Es muss noch gut sein. Und ich glaube, wir haben junge Leute, die das weiter schaukeln werden. Wir Älteren lassen es, es kommt ein jüngerer Vorstand. Die können aus dem Vollen schöpfen, wir haben damals alles erst aufgebaut. Du bleibst einfaches Mitglied? Ja. Wir haben eine eigene Gruppe, die Hausbesuche macht, mit Spielmann, Lotter, Litterin, Nikolaus, das ist eine sehr schöne Gruppe, das machen wir weiter und das andere machen wir, so lange es Spaß macht. Du bist so eine Art Ikone des Vereins, kann man da die Autorität so einfach abgeben? Ihr seid ja auch als Familie total in den Brauch involviert. Klar, meine Frau kleidet seit 1981 den Nikolaus und die Engel an und meine Tochter hilft mit, mein Sohn sowieso. Bei uns gehört das als Familie in der Jahreszeit einfach dazu, das haben wir immer gelebt. Du hast gemeinsam mit deinem Sohn, der Grafikdesigner ist, ein Buch publiziert mit dem Titel „Entlarvt“, das die Geschichte des Krampuslaufens sehr kompetent und auch optisch sehr schön erzählt. Jetzt ist ein neues Buch auf den Markt gekommen, das die Matreier Klaubäufe herausgebracht haben. Dieses Buch ist ebenfalls sehr hochwertig und informativ gemacht. Wie oft kann man diese Geschichte noch erzählen? Wie tief reicht diese Tradition wirklich? Die Tradition des Schnitzens und der Lårven verändert sich mit der Zeit. Das ist nicht starr. Das war immer schon so und das macht den Brauch auch aus. Wenn ich nach Matrei fahre, ist das ganz anders als bei uns in Lienz und ich hoffe, dass diese regionalen Unterschiede auch erhalten bleiben. Das hat auch viel mit den Schnitzern zu tun. Gibt es einen kleinsten gemeinsamen Nenner? Es gibt ja auch anderswo Krampusse. Im Bezirk empfindet man das aber als Osttiroler Brauch. Wo liegt denn der Unterschied? Das Raufen! Das gibt es so nur in Osttirol und eigentlich nur entlang der Isel. Und das macht schon das Besondere aus. Auch für die Zuschauer. Auch die Art der Läufe ist typisch. Anderswo wirkt das manchmal wie die Inszenierung eines Satanskultes, zum Beispiel mit diesen Feuershows. Sowas kann man sich in Lienz oder im Iseltal nicht vorstellen. Wenn du als Kenner und Buchautor aus Lienz in Richtung Matrei schaust, was ist denn da der Unterschied? Die Matreier Klaubäufe sehen sich ja als den Urkern des Brauches, den Ausgangspunkt schlechthin. Und sie haben auch heute noch andere Gewohnheiten und auch andere Masken. Ja, es sind gröbere Lårven. Was mir total gefällt an den Matreiern ist, dass sie auch heute noch weite Strecken von Haus zu Haus gehen. Und wenn sie um 1.00 Uhr in der Nacht auf den Rauterplatz einlaufen, ist das ganz normal. Das hat was. Das ist in Lienz unvorstellbar. Da kriegst du eine Klage. Ist es auch das nach wie vor Informelle? Es gibt ja in Matrei keinen Verein. Anschaffer gibt es natürlich genauso, aber das stimmt schon. Bei uns wird die Straße in Patriasdorf gesperrt, es gibt viel Bürokratie und Sicherheitsvorschriften und immer wieder kommt etwas dazu. Mir gefällt es sehr in Matrei, aber ich gehöre nach Lienz und finde es gut so, wie wir es machen. Bis zum Ende der siebziger Jahre sind wir übrigens nur am 5. Dezember gelaufen. Da waren wir noch kein Verein. Dann kam der 3. Dezember dazu und jetzt ist die erste Dezemberwoche eine Krampuswoche. Das finde ich schon beeindruckend. Die Kinder sind auch dazugekommen. Ja, die Kindergruppe wurde 1993 von mir gegründet. Zuerst waren das so um die 30 Kinder, jetzt sind es 150. Wenn man sich die Szene in Osttirol anschaut und auch in Kärnten, dann haben alle Varianten des Brauches enormen Zuschauerandrang, verglichen mit früher. Wie siehst du diesen Hype? Mit gemischten Gefühlen. Wir bewerben das Tischziehen zum Beispiel nicht. Da wird auch nicht gefilmt. Wir versuchen das klein zu halten, alles andere wäre mir da schon zuviel. Hat Krampus eine touristische Komponente bekommen? Ja, aber das möchte ich zum Beispiel nicht haben. Kein Problem wenn jemand zuschaut! Aber wenn plötzlich Busreisen veranstaltet werden, dann ist das nicht meine Sache. Mir ist beim Tischziehen wichtig, dass es einen schönen Hausbesuch gibt, mit den Weisenbläsern, das passt zum Brauch, nicht Heavy Metal. Gefragt ist außerdem ein schönes, faires Tischziachn für Insider. Hattest du auch Verletzungen? Was sind denn die häufigsten Blessuren für einen Krampus? Natürlich gibt es Verletzungen, aber das spürst du irgendwann gar nicht mehr. Die Knie sind gefährdet, aber man wird klüger und verwendet heute zum Beispiel Knieschützer. Vieles hat auch mit der Kälte zu tun, Überknöcheln ist ein Thema und Schnittwunden. Frauen als Krampussinnen – ein Thema? Gibt es nicht. Also so lang ich Obmann war, war das kein Thema. Unsere Engel sind Mädchen und Frauen, alles andere sind Männer und ich finde, das soll auch so bleiben.
Manchmal im Schatten der Fellträger, aber wichtig für den Brauch sind die markanten Randfiguren.
Was wünschst du dir für die Zukunft der Krampusse? Mir persönlich wäre wichtig, dass die Brauchtumsfiguren wie die Hexen, der Spielmann, die Hornbläser, der Hexenwagen, Lotter, Litterin usw. weiterleben. Das ist für das Publikum faszinierend. Die Nebenrollen sind wichtig, das macht eine gute Show aus. Ich hoffe, dass das weiter gepflegt wird. Man muss dafür immer wieder Leute finden. Es macht jede Rolle Spaß und ich selbst gehe gerne in diesen Rollen. Was macht einen guten Krampus aus? (lacht) Super wär, wenn er groß ist! Natürlich die Bewegung und die Gestik, aber da sind heute sogar die Kleinen schon sensationell unterwegs, sie gehen im gleichen Schritt wie die Großen, haben das gleiche Gehabe. Heute erkennst du nicht mehr am Gang, wer unter der Maske steckt. Verändert dich die Maskierung? Sicher. Man verkörpert eine Rolle. Man ist wilder und es kommt dir vor, als hättest du mehr Kraft. Du merkst zum Beispiel gar nicht, was du alles herumschleppst. Was möchtest du als Exobmann von Nikramo noch loswerden? Vor allem ein Dankeschön an alle, die so super mitgearbeitet haben, angefangen bei meiner Familie über den Vorstand und die Vereinsmitglieder bis zur Stadtgemeinde und zu den Zuschauern. Dem neuen Vorstand wünsche ich alles Gute. Der wird am 15. November bei der Jahreshauptversammlung seinen ersten großen Auftritt haben. Und als Fazit kann ich sagen, seit 25 Jahren werden wir Jahr für Jahr besser. Wir haben immer dazugelernt und uns weiterentwickelt.
In diesem Turm ist die Krampusgruppe Nikramo zu Hause. Achtung: Die diesjährige Larvenausstellung findet aber in der Tammerburg statt!

Larvenausstellung in der Tammerburg 39 Schnitzer zeigen ihre Krampusmasken von 2. - 3. und 9. - 10. November Öffnungszeit: Samstag 13.00 - 21.00 Uhr, Sonntag 10.00 - 17.00 Uhr
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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