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Österreich befindet sich im Notbetrieb

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit bundesweit einheitlich, „massiv und nötig“.

Österreich läuft ab Montag im Notbetrieb: Die Bundesregierung hat am Sonntag im Kampf gegen das Coronavirus drastische Maßnahmen ergriffen. Für das ganze Land gilt eine "Ausgangsbeschränkung" - mit wenigen Ausnahmen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) appellierte am Abend an alle Österreicher im Ausland, heim zu kommen. Denn der Flugverkehr von und nach Österreich werde "fast zum Erliegen kommen". Derzeit werde der Flugverkehr noch auf "Minimalbetrieb" durchgeführt, um Menschen heimzuholen. Aber sobald dies abgeschlossen ist werden alle Flüge in Corona-gefährliche Gebiete gestoppt, betonte Kurz. Zuvor hatte die Regierung - nach Schweiz, Spanien und Frankreich - weitere Flugverbote für Russland, die Ukraine, Großbritannien und die Niederlande bekanntgegeben. Kurz appellierte eindringlich an alle Österreicher, die am Vormittag verkündeten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus mitzutragen. Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit samt komplettem Veranstaltungsverbot seien "massiv", aber nötig, um Leben zu retten. "Und je mehr Menschen mittun, umso mehr Leben retten wir", sagte Kurz. Das Coronavirus treffe Österreich und die EU "mit einer unglaublichen Härte", stellte der Kanzler fest - und schilderte die Lage in Italien in aller Deutlichkeit: Das Gesundheitssystem stehe dort vor dem Zusammenbruch, Sterbende müssten sich wegen der Ansteckungsgefahr von ihren Angehörigen am Handy verabschieden, Ärzte müssten entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung bekommt und wer nicht. Das sage er nicht, um "Angst zu machen", betonte Kurz, sondern weil es immer noch Menschen gebe, die beschwichtigen und "die Dinge schönreden". Die "Ausgangsbeschränkung" gelte für ganz Österreich, hatte Kurz am Vormittag erklärt. Lediglich Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist, dringend notwendige Besorgungen (Lebensmittel) und Hilfe für andere Menschen, seien Gründe, um das Haus zu verlassen. Darüber hinaus sollen auch Spaziergänge gestattet sein, sofern diese alleine oder im Familienverbund (Personen, die in einem Haushalt leben), gemacht werden - das Kanzleramt appelliert, dies aber nur in dringenden Fällen zu tun. Ein Sprecher von Minister Rudolf Anschober (Grüne) sprach von "Verkehrsbeschränkungen". "Ausgangsbeschränkungen" seien es eben nicht, betonte er. Weil man darf weiterhin das Haus verlassen - aber unter Auflagen: Nur alleine oder mit dem/den Menschen, mit denen man zusammenlebt. Und nicht nur ausgehen ist erlaubt, sondern auch eine Radtour oder mit dem Auto fahren. Oder eben - interessant für Großstädter - mit dem Auto oder den Öffis an den Stadtrand fahren, um dort ein wenig spazieren zu gehen, damit etwa den Kindern nicht die Decke auf den Kopf fällt. Wichtig ist nur, dass man anderen Menschen dabei nicht zu nahe kommt: Ein Meter Abstand muss eingehalten werden. Für Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler (Grüne) ist es die "vierte Ausnahme", dass sportliche Betätigung für Einzelpersonen in Entfernung von anderen weiter erlaubt ist. Dazu habe man mit dem Koalitionspartner und den Parteien einen Kompromiss gefunden. Es gelte abzuwarten, wie sich diese Regelung in der Praxis auswirkt. Gegebenenfalls müsse man noch nachschärfen. Die Beschränkungen im öffentlichen Raum werden von der Polizei kontrolliert, im Bedarfsfall drohen auch empfindliche Verwaltungsstrafen. Umgesetzt werden sollen die "Verkehrsbeschränkungen" genannten Ausgangsbeschränkungen mittels Erlass des Gesundheitsministers, der noch am Sonntag erwartet wird - Basis dafür ist das Epidemiegesetz. Dem Erlass folgen dann bundesweit entsprechende Verordnungen durch die Bezirksvertretungsbehörden. In Tirol, das eine besonders hohe Fallzahl an Erkrankten aufweist, trat zu Mittag Landshauptmann Günther Platter (ÖVP) vor die Presse und verkündete die Maßnahmen in seinem Bundesland: Die Menschen dürften nur noch in Ausnahmefällen das eigene Haus verlassen, erklärte er: "Es ist aber erlaubt, einkaufen zu gehen, Besorgungen bei der Apotheke zu machen, Geld vom Geldautomaten abzuheben, zum Arzt zu gehen oder den Hund auszuführen." Die Maßnahme gelte vorerst für eine Woche. Zudem müssen all jene das Bundesland "unverzüglich" verlassen, die nicht über einen Haupt- oder Nebenwohnsitz samt gewöhnlichem Aufenthalt in Tirol verfügen oder dort einer bestimmten beruflichen Tätigkeit nachgehen. Die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit sind in Tirol nicht strenger als in den anderen Bundesländern. Die Regelung sei "bundesweit einheitlich", betonte Kurz Sonntagabend. Für die Tiroler bedeutet das, dass auch sie spazieren gehen dürfen - allerdings nicht in Gruppen, sondern alleine oder mit den Menschen, mit denen man zusammenlebt. Es sei "gut so, dass es keinen Fleckerlteppich gibt", also die Ausgangsmöglichkeiten überall gleich seien. Nach Mittag beschloss der Nationalrat einstimmig das Gesetzespaket zur Bewältigung der Corona-Krise. Damit wurden unter anderem die gesetzlichen Grundlagen für das Schließen von öffentlichen Orten wie Spielplätzen, Restriktionen im Handel und in der Gastronomie auf den Weg gebracht. So werden Restaurants ab Dienstag komplett geschlossen und nicht, wie ursprünglich geplant, bis 15 Uhr offen halten. Zudem wurde ein vier Milliarden schwerer Fonds geschaffen, der alle möglichen Hilfen von Kurzarbeit über Unternehmer-Hilfen bis zum Ankauf von Instrumenten für den Gesundheitsbereich bedienen soll. Am Nachmittag befasste sich der Bundesrat mit der Gesetzesvorlage. Damit die Vorhaben bereits am Montag umgesetzt werden können, muss der Bundespräsidenten die Gesetze unterfertigen und diese im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Zivildiener, die derzeit ihren Dienst versehen, werden dies länger tun müssen, wie die für den Zivildienst zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) am Nachmittag erklärten. Zusätzlich sind ehemalige Zivildiener aufgerufen, sich freiwillig für den Dienst in der Corona-Krise zu melden - vor allem suche man nach ehemaligen Zivildienern aus den Bereichen Rettung und Pflege. Bei freiwilliger Meldung gibt es dann auch eine gesetzlich festgelegte Entschädigung, die sich am gegenwärtigen Einkommen bemisst. Unklar ist, ob die für Mittwoch geplante Budgetrede im Nationalrat kommende Woche stattfinden wird. Die endgültige Entscheidung darüber werde erst in der Präsidialsitzung am Dienstag fallen. Diese Präsidiale werde noch "physisch" stattfinden, die Teilnehmer werden sich also im Parlament zusammensetzen. Dabei soll auch die Möglichkeit der Videokonferenz getestet werden, um sie wenn nötig einsetzen zu können.  

Ein Posting

tauernwind
vor 4 Jahren

"Lediglich Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist..........."

Erdbeweger, Betonwagen, Estrichleger, Installateure, Elektriker, Baustoffhändler, Tischler........ alles war heute unterwegs.

Wann und wer legt endlich unmissverständlich fest was aufschiebbar bedeutet ?

 
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