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Zahnärzte fragen: Wie sollen wir behandeln?

Leserbrief der Lienzer Zahnärztin Claudia Thonhauser zum Thema Corona-Infektionsschutz.

Ich möchte mich heute mit einem sehr brisanten Thema melden. Für uns Zahnärzte und Zahnärztinnen ergibt sich derzeit eine zwiespältige und wirklich sehr herausfordernde Lage. Wir wissen um die Infektiosität des  SARS-CoV-2-Virus. Und wir wissen um die Wichtigkeit, alles zu tun, um diese Infektiosität einzudämmen und die schnelle Ausbreitung des Virus zu verhindern. Als Zahnärztinnen und Zahnärzte liegt unser Arbeitsbereich aber ca. 20 Zentimeter vor dem Mund des zu Behandelnden und ein Abstand von einem Meter ist für uns GRUNDSÄTZLICH nicht einzuhalten. Und das gilt in Zeiten der Übertragung des SARS-CoV-2-Virus als Mindestabstand, um eine Infektion und eine Weiterverbreitung zu verhindern. Unser Arbeitsfeld liegt zudem direkt im Eintritts- bzw. Austrittsportal des Erregers! Lange hieß es für uns Zahnärzte, es sei unsere Entscheidung, ob und welche Leistung wir unseren Patienten angedeihen lassen. Es liege einzig und allein an unserer Eigenverantwortung, welche Leistungen wir anbieten. Auch wirtschaftlich hätten wir alle Folgen der Einschränkungen unseres Wirtschaftsspektrums selbst zu tragen. Andererseits sind wir Zahnärztinnen und Zahnärzte gefordert, sämtliche rechtlichen Anforderungen zu erfüllen: Es gilt, die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, Schmerzbehandlungen durchzuführen, gleichzeitig die Hygienemaßnahmen zu erfüllen und – was mir besonders am Herzen liegt – den Schutz der MitarbeiterInnen und PatientInnen zu garantieren. Wie aber soll das alles möglich sein, ohne Schutzmaßnahmen, ohne erforderliche Atemschutzmasken und ohne Schutzkleidung? Und davon hat, soviel mir bekannt ist, kein Zahnarzt/keine Zahnärztin die entsprechende Ausstattung. Wir Zahnärzte sind bereit, die Grundversorgung zu garantieren. Nur wie soll das gehen, wenn man weder von der eigenen Kammer noch von der Sanitätsbehörde eine Richtlinie oder Hilfe erhält, wie man all die Belange erfüllen soll? Und wenn man auch nicht mit Schutzkleidung ausgestattet wird. Wir Zahnärzte nehmen unseren Auftrag ernst, die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren, aber unter den derzeitigen Umständen können wir lediglich als sogenannte „Superspreader“ fungieren, das heißt, wir multiplizieren die Infektion mit SARS-CoV-2-Viren wenn wir behandeln, auch wenn wir versuchen, die Ausbreitungsmodi durch unsere Hygienemaßnahmen zu verringern. Sollte es sich nämlich bei dem zu behandelnden Patienten um einen bereits infizierten Menschen handeln, so ist die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung zu bekommen bei 100 Prozent – ungeschützt wie wir derzeit sind. Und dann würden wir selbst die Erkrankung vielfach weitergeben. Woher können wir die entsprechenden Atemschutzmasken und Schutzkleidung beziehen, die zumindest unseren Angestellten eine den Arbeitsanforderungen gerechte Ausstattung bietet? Wie sollen wir ohne Schutzkleidung die Sicherheit der Bevölkerung garantieren? Wir können derzeit die erforderlichen Maßnahmen nicht wahrnehmen. Ist es unsere Verpflichtung, die zahnärztlichen Ordinationen zu schließen, um unsere Mitarbeiter und die Patientinnen und Patienten nicht weiteren Gefahren auszusetzen? Das in vielen Fällen entstehende Aerosol bei der Behandlung stellt eine extreme Belastung der Patienten und auch Mitarbeiterinnen dar. Derzeit gibt es keinerlei Möglichkeiten, für den Schutz der MitarbeiterInnen zu sorgen. Auch die von der Sanitätsbehörde zur Verfügung gestellten Atemschutzmasken entsprechen lediglich der Kategorie FFP 1. Ein entsprechender Atemschutz kann somit nicht gewährleistet werden. Es klingt vielleicht unvorstellbar, dass wir mit all den Fragen völlig allein gelassen worden sind. Das entspricht aber den Tatsachen. Jetzt gilt es, besonnen vorzugehen und sich untereinander abzustimmen und ich hoffe, dass dieser Leserbrief dazu einen Beitrag leisten kann. Claudia Thonhauser
Update am 17. März um 17.00 Uhr: Claudia Thonhauser hat fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des Leserbriefes ein Mail der BH Lienz erhalten in dem mitgeteilt wird, „wir bedanken uns für die Rückmeldungen zur Anzahl der ersuchten Schutzmasken und dürfen mitteilen, dass am heutigen Tage pro Praxis 20 Schutzmasken von der BH Lienz ausgeliefert und vor der jeweiligen Praxis abgestellt werden.“ Ein erster Schritt ist also gemacht!
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9 Postings

Honnes
vor 4 Jahren

Geschätzte Frau Dr. med. dent. Thonhauser

Vielen Dank für den Einsatz, den Sie, aber auch, Gott sei Dank, viele andere Menschen, tagtäglich bringen.

Die genannten Probleme, die hier vorgebracht werden, bringen mich zum Staunen.

Diese derzeitige zwiespältige Lage ist nicht nur für Sie so, sondern auch für sehr viele andere Menschen so.

Wir alle sollten um diese Wichtigkeit wissen, um alles zu tun, diese Infektiosität einzudämmen und die schnelle Ausbreitung dieses Virus zu verhindern.

Sodann sollte man entscheiden, welche Leistung jeder einzelne von uns bringt.

Jeder einzelne trägt somit Eigenverantwortung, auch wirtschaftlich.

Eigenverantwortung wird von allen gefordert: Schutzmaßnahmen zu ergreifen, unter anderem die täglich zig-mal veröffentlicht werden : Hände waschen, Hände nicht ins Gesicht, Abstandhalten.

Jeder wie er kann.

Von Ihnen werden unter anderem Atemschutzmasken und Schutzkleidung gefordert. Warum sollte dies Ihre Kammer oder eine Sanitätsbehörde bereitstellen?

Jeder Lackierer muss z. B. selbst dafür Sorge tragen, dass er Atemschutzmasken und Schutzkleidung trägt und solche auch selbst zu finanzieren hat.

Haben Sie keine Schutzbekleidung oder Masken vor anderen, geläufigeren (z. B. Grippe-) Vieren?

Dies hätte ich mir auch von einem Zahnarzt erwartet, Schutzmasken aber auch Schutzkleidung in entsprechenden Schutzklassen vor Ort zu haben.

Alle Betriebe haben für diverse Eventualitäten z.B. Schutzkleidung, Feuerlöscher, Verbandskoffer in entsprechender Klasse, Sorge zu tragen, dass diese Dinge an entsprechenden Orten in einem Betrieb anzubringen und regelmäßig zu überprüfen sind ( Prüf- und Ablaufdaten ). Dies zu deren Kosten, nehmen aber auch den Auftrag ernst, die Versorgung der in dem Falle Belegschaft zu garantieren.

Somit hält sich auch mein Mitleid sehr in Grenzen, dass Sie alleine gelassen worden sind.

 
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    Senf
    vor 4 Jahren

    @honnes: natürlich ist es auch aufgabe des unternehmers, für den krisenfall vorzusorgen. allerdings mit unterstützung der interessensvertreter, die ja sonst für alles ratschläge erteilen und dafür satte mitgliedsbeiträge einheimsen. hier stellt sich wieder einmal die grundsatzfrage, wozu sie eigentlich da sind und nachdem du sie ja moralisch von diesen aufgaben enthebst, kann man sie auch abschaffen oder soll jeder arzt, jeder unternehmer die am markt angebotene schutzausrüstung selber testen lassen.

    ja, "Alle betriebe haben für den Notfall ..." da hast du recht, es geht da ja um innerbetriebliche schutzmaßnahmen, die die behörder zur betriebsbewilligung vorschreibt. es geht hier nicht um die abwehr von äusserlichen einflüssen, wie uns derzeit corona plagt. ich kenne keinen dienstleister der auf so was vorbereitet ist, frag mal bei den kaufhausketten oder in gastbetrieben nach.

     
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6inline
vor 4 Jahren

Liebe Frau Dr. Claudia Thonhauser, herzlichen Dank für Ihren professionellen Beitrag zur Eindämmung des Covid-19 Virus. Wie kann es sein, dass Ärzte und Pflegepersonal in Zeiten wie diesen ohne entsprechende Schutzausrüstung arbeiten sollen.....? Wer ist in diesem Zusammenhang eigentlich für einen der wichtigsten Bestandteile unserer Gesellschaft verantwortlich...? Ach ja - da wird sich wieder ein Verantwortlicher ins Rampenlicht stellen und behaupten, alles richtig gemacht zu haben. Liebe Frau Dr. Claudia Thonhauser, ich wünsche Ihnen alles Gute für die kommenden Wochen und wünsche Ihnen und Ihren Angestellten viel Kraft und Ausdauer zur Ausführung ihrer Tätigkeit.

 
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Senf
vor 4 Jahren

frau dr. tonhauser, ihr appell hier in der dolomitenstadt at. zeigt auf, dass ihre berufsgruppe in vielen fragen im ernstfall allein gelassen ist. bravo für ihren mut, in die öffentlichkeit zu treten, auch als hilferuf! ihre interessensvertretung und auch das gesamte krisenmanagement ist gefordert, umgehend zu handeln.

ihr appell ist aber auch an die menschen gerichtet, die damit aufgerufen werden, gerade jetzt nicht wegen jeder kleinigkeit die ärzte aufzusuchen. ich meine nicht die grundversosrgung oder schmerztherapien sondern - wie in allen anderen sparten - aufschiebbare behandlungen. vielleicht kann man im einzelfall auch ungeduldige patienten einfach nach hause schicken. ich weiss, das ich mit dieser meinung eine lawine lostrete, was ich damit aber meine ist, dass mehr eigenverantwortung des einzelnen gefordert ist.

 
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    julchen
    vor 4 Jahren

    Diesem Kommentar stimme ich zu 100% zu, nehmt bitte alle Rücksicht! Auch ÄrztInnen müssen sich und die PatientInnen, die eine Behandlung DRINGEND benötigen, schützen! JE WENIGER KONTAKT, DESTO BESSER!!!

     
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Desertbomber
vor 4 Jahren

Sehr geehrte Frau Doktor Thonhauser!

Sie sprechen mir aus der Seele. Meine Frau arbeitet als Zahnarztassitentin bei einem ihrer Kollegen/innen und ist den von Ihnen beschriebenen Ansteckungsgefahren massiv ausgesetzt. Bedauerlicherweise ist ihr Dienstgeber/in bezüglich der Risiken für die Gesundheit der Patienten/innen, Mitarbeiter/innen und seiner eigenen Person äußerst beratungsresistent und denkt nicht im Geringsten an einen eingeschränkten Ordinationsbetrieb, geschweige denn an eine möglich Schließung der Ordination. Vor allem stehen für die Mitarbeiter/innen weder die entsprechenden Atemschutzmasken, Schutzbrillen noch Schutzkleidung zur Verfügung.

Ich hoffe für alle im zahnärztlichen Bereich berufstätigen Personen, dass ihr Aufschrei Gehör findet und diese gravierenden hygienischen Missstände umgehend den aktuellen Standards angepasst werden, um eine weitere Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.

Mit freundlichen Grüßen Ein besorgter Bürger und Familienvater.

 
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Spitzkofel
vor 4 Jahren

Gott sei Dank traut sich mal jemand so was anzusprechen! Ich hoffe dass sich hier die Ärzte zusammentun und auch mal Druck auf die Kammer ausgeübt wird!

 
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wolfgangwien
vor 4 Jahren

Ja, mein Eindruck ist, dass diese Epidemie die österreichischen Ärzte vollkommen unvorbereitet trifft und auch bei der Ärztekammer heißt es: Hände hoch, wir wissen von nichts!

Von wegen Notfallpläne und so!!!

 
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Nina
vor 4 Jahren

Liebe Ärztinnen und Ärzte!

Tut euch bitte unbedingt rasch zusammen! Es kann doch nicht sein, dass die ärztliche Grundversorgung daran scheitert, weil evtl. der Wintertourismus in Ischgl oder St. Anton a. Arlberg beispielsweise Vorrang hatten. Mehr Schutzausrüstung hätte längst schon bestellt werden müssen! Wo ist da bitte ein entsprechendes Krisenmanagment? Es gibt Menschen, die für genau das bezahlt wurden. Was genau bitte haben unsere PoltikerInnen alles richtig gemacht?

 
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