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Coronavirus schickt Erasmus-Studierende vorzeitig heim

Susanna Korunka kehrte aus Sardinien zurück nach Prägraten in die Quarantäne.

Auf diversen sozialen Medien kursiert zurzeit der Hashtag #ibleibdahoam in Verbindung mit verschiedensten Videos, wie man die Zeit zu Hause kreativ gestalten kann - mit Bratpfannen Tischtennis spielend, Balkonkonzerte gebend oder Klopapierrollen jonglierend. Damit man aber überhaupt „dahoam bleibm“ kann, muss man erst einmal „hoam kemmen“ und das ist in Corona-Zeiten mit unzähligen gestrichenen Flügen, eingeschränktem Verkehr der Öffis und Grenzkontrollen nicht ganz einfach. Kreativ sein mussten so auch alle österreichischen Studenten, die irgendwo in Europa oder dem Rest der Welt ein Auslandssemester absolvierten. Vor besonderen Herausforderungen standen oder stehen jedoch jene, die in Italien in ihr Erasmussemester starteten. So auch Susanna Korunka aus Prägraten, die normalerweise an der Universität Innsbruck Translationswissenschaft für die Sprachen Italienisch und Englisch studiert. Von „Start“ kann kaum die Rede sein, ganze drei Tage studierte die 20-Jährige an der Universität in Cagliari, der Hauptstadt von Sardinien, dann wurden mit 5. März alle Universitäten in ganz Italien geschlossen. „Die Situation war anfangs trotzdem noch relativ entspannt, bis dann in der darauffolgenden Woche das Reiseverbot in ganz Italien ausgesprochen wurde“, erzählt Susanna. Auf Sardinien gab es zu dem Zeitpunkt nur rund zehn gemeldete Erkrankungen, doch mit einem Schlag waren die Straßen auch ohne verhängte Ausgangssperre bereits gespenstisch leer – den Menschen war die Situation im Krisenherd in Norditalien bewusst und sie hatten aus den Versäumnissen dort gelernt. „Unsere Wohnung lag direkt an einer Einkaufsstraße in Cagliari. Während die Gasse am vorigen Tag noch sehr belebt war, war es dann auf einen Schlag wie ausgestorben.“ Kurz darauf wurde dann die Ausgangssperre verhängt.
Über Nacht wie ausgestorben – Susanna in Coronazeiten in den Gassen von Cagliari.
Wer in Italien derzeit vor die Tür will, muss immer eine „autodichiarazione“ mit sich führen, quasi ein Bescheid, den man selbst zu Hause ausfüllt und angibt, aus welchem Grund man das Haus verlässt. Im Idealfall sollte man die „dichiarazione“ ausgedruckt und unterschrieben immer dabei haben – was macht man dann als Studentin ohne Drucker, wenn alle Internet-Cafés geschlossen haben? „Wir haben den Text so gut es geht von Hand abgeschrieben, kontrolliert wurden wir allerdings nie“, schmunzelt Susanna. Die Versorgung mit Informationen erfolgte hauptsächlich in italienischer Sprache, und auch wenn Susanna Italienisch studiert, war nicht immer alles ganz einfach zu verstehen. Gesetzestexte sind eben – wie auch im Deutschen – etwas ganz anderes. Von der Universität gab es nur spärlich Informationen, gleich nach der Schließung der Unis wurden den Studenten Online-Kurse versprochen. „Doch die Computer auf der Universität laufen mit Windows 95, da wird es wohl noch dauern, bis ein eLearning-Konzept gefunden wird“, lacht die 20-Jährige. Das Büro für „International Relations“ der Universität Innsbruck verspricht, dass es durch die Corona-Krise keinen Nachteil im Studienverlauf geben wird, „was ja sowieso nicht funktionieren wird, denn wenn ich dieses Semester keine ECTS bekomme, fehlt mir ein ganzes Semester in meinem Studienverlauf.“
Sardinien – ein guter Ort zum Studieren, wenn nicht gerade eine Pandemie wütet. Foto: Susanna Korunka
  Heim wollte die aufgeweckte Studentin trotz der Ausgangssperre in Italien nicht unbedingt: „Man gewöhnt sich halt schnell an das Leben dort und ich war gern in unserer Wohnung.“ Der Tagesablauf richtete sich für sie und ihre Mitbewohnerin nach der italienischen Sonne – vormittags genossen sie die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Balkon, an den Nachmittagen auf der Straße vor ihrer Haustüre. Als ihre Mitbewohnerin in der vergangenen Woche dann beschloss, doch nach Hause nach Tirol heimzukehren, schloss sich auch Susanna an. Die Heimreise zu organisieren war jedoch alles andere als einfach: „Wir haben unzählige Male mit dem österreichischen Außenministerium telefoniert, doch den zentralen Rückholflug von Rom konnten wir von Sardinien aus nicht erreichen. Anschließend war die Unterstützung eher dürftig.“ Auf eigene Initiative suchten die beiden Studentinnen nach möglichen Flügen und bangten bis zum Schluss, dass weder der Flug von Sardinien nach Rom noch der Flug von dort aus nach München gestrichen werden würden. Auch von München aus nach Österreich einzureisen war komplizierter als gedacht. Über Umwege landeten sie schließlich mit dem Zug in Salzburg, wo Susanna von ihrem Papa abgeholt wurde - durch die Ausgangssperre in Tirol eine Aktion in der Grauzone, grundsätzlich wäre das wohl nicht erlaubt gewesen. Kontrolliert wurde ihre Einreise übrigens nirgends, derzeit befindet sich die Studentin in freiwilliger Quarantäne zu Hause in ihrem Zimmer in Prägraten. „Aber alles halb so schlimm“, meint Susanna und hofft, ihr Studium auf Sardinien möglichst bald wieder unter möglichst normalen Umständen fortsetzen zu können.
Anna Maria Huber unterrichtet an der International School in Innsbruck und schreibt nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

2 Postings

seppl17
vor 4 Jahren

wenn ich krank werde, bin ich auch lieber zuhause! anzumerken ist, auf der strasse sitzen ist keine gute idee, zumal es ausreichend menschen gibt die ihre schleimhäute (klachel)immer noch auf die strasse schleudern. auch bei fussballspiele sieht man immer wieder die herumspuckerei, vermutlich damit dann besser hineinrutschen kann?

 
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Senf
vor 4 Jahren

nicht ganz nachvollziehbar. warum muss man ausgerechnet unter diesen umständen auf biegen und brechen nach hause, wo man auf dieselbe situation trifft. damit riskiert man nicht nur die eigene gesundheit, sondern auch die vieler andere. will man bedauert oder gar bewundert werden?

 
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