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Wie kommt ein Christuskopf auf die Schleinitz?

Ein Gemälde aus Bergfeuern entsteht durch „Malen nach Zahlen“ im freien Gelände.

Er war beim 70-Jahre-Jubiläum des Heimkehrerkreuzes auf der Schleinitz erstmals zu sehen, der „Christus mit geneigtem Haupt“, ein Motiv, das mit Feuer in die Flanke des Berges über dem Lienzer Talboden „gezeichnet“ wurde. Nicht nur bei diesem besonders aufwändigen Gemälde aus Bergfeuern, auch bei Pax-Zeichen und Kreuzen wie sie zu Herzjesu auf den Gipfeln des Bezirkes zu sehen sind, verblüfft den Betrachter im Tal immer wieder die geometrische Präzision, mit der im unwegsamen Gelände Dutzende Feuer platziert werden.

Das am vergangenen Sonntag nur für eine Nacht präsentierte Christus-Motiv erstreckt sich über nicht weniger als 500 Höhenmeter (!) und ist ein herausragendes Beispiel für diese Kunst. Wir haben seine Schöpfer gebeten, uns die Umsetzung etwas näher zu erklären.

Alles begann mit einer Skizze und ihrer Übertragung auf ein Geländefoto.

Und hier sind die einzelnen Schritte der Realisierung. Der erst 19-jährige Martin Stotter hat das Motiv entworfen und in 14-tägiger Arbeit auf dem PC vorgeplant. Die Skizze, aufgelöst in einzelne Punkte, wurde anschließend in ein Foto der gebirgigen Landschaft übertragen.

Ab hier beginnt das „Malen nach Zahlen”. Herbert Oberhauser übernahm die PC-Animation und arbeitete den Christuskopf in ein Vermessungsprogramm ein. Sein ehemaliger Kollege im Vermessungsbüro Rohracher, Alexander Mitterer, druckte sämtliche Koordinaten auf Papier aus.

Malen nach Zahlen, noch auf dem Papier.

Wie auf den Zeichnungen oben gut zu sehen ist, erhielt jede der Geokoordinaten eine Nummer, dann wurden drei Segmente abgegrenzt (Bild rechts) und die einzelnen Sektoren jeweils einem Verantwortlichen zugeteilt.

Doch wie findet man nun die Punkte im Gelände? Auch dieser Vorgang ist aufwändig und arbeitsteilig. Herbert Oberhauser und Josef Baumgartner postierten sich dazu auf dem Parkplatz unterhalb der Tammerburg und erteilten drei Teams, die im Gelände unterwegs waren, Anweisungen per Funk. Jeder einzelne Punkt wurde mit dem Vermessungsgerät bestimmt und dann optisch auf wenige Meter genau feinjustiert!

Punktsuche im Gelände. Mittels Geodaten und Funknavigation aus dem Tal wird jede der 123 Feuerstellen exakt ausgemessen und markiert.

Insgesamt 123 Punkte wurden so ermittelt. Die drei Teams ebneten für jeden einzelnen Punkt einen Platz im felsdurchsetzten Gelände. Pro Punkt wurde ein flacher Stein eingepasst samt Stempel mit der jeweiligen Nummer. Von 8:00 Uhr früh bis 14:30 Uhr waren die Teams durchgehend im Einsatz, dann waren 123 Punkte gesetzt.

Die drei Teams vereint im Großpreinberger Lanach bei der Jause.

Am Freitag, 24. Juli, trug dann ein Team mit 28 Personen rund um Christian Sporer das Alukreuz von der Thurner Alm auf die Schleinitz. Davon gibt es ein kurzes Video:

Zu diesem Zeitpunkt waren nicht nur die Kreuzträger unterwegs, sondern auch ein sechsköpfiges Team, das vom Preinberger Lanach aus die Kerzen für den Christuskopf in Depots im Gelände platzierte. Drei Männer trugen ihre Kerzenrucksäcke dabei bis weit oberhalb des Priniz.

Die „Kerzenmänner“ steigen mit Rucksack und Buckelkraxe auf und legen Kerzendepots im felsigen Gelände an.

Samstag, 25. Juli, der große Tag. Zum Glück spielt das Wetter mit! 33 Akteure trafen sich beim Feuerwehrhaus Oberdrum und machten sich auf den Weg. Bei Einbruch der Dunkelheit, um 20:45 Uhr entzündeten sie die 123 Feuer, die das Motiv eines Christuskopfes in der Bergflanke der Schleinitz aufleuchten ließen!

Es ist soweit. Sie brechen auf, um die Feuer im Gelände fast zeitgleich mit Einbruch der Dunkelheit zu entzünden.

Und so sah das Kunstwerk am Ende aus, flankiert vom leuchtenden Heimkehrerkreuz, dem von Herzjesu bekannten IHS-Zeichen und weiteren Bergfeuern auf dem Schleinitzgrat.

Christus neigt sein Haupt und schaut hinunter zum Helenenkirchl. Wenige Stunden leuchtet der Lohn wochenlanger Arbeit über dem Lienzer Talboden. Fotos: Gottfried Stotter

  

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

4 Postings

SCHUTTKEGEL10
vor 4 Jahren

Gratulieren würde ich auch den Oberlienzern die auch einen grossen Teil zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

 
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miraculix
vor 4 Jahren

Vielen Dank für den Bericht und die Bilder!

Und vielen Dank allen Beteiligten bei Planung und Ausführung - eine Meisterleistung!

 
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pierina
vor 4 Jahren

tolle leistung der oberdrumer individualisten !

 
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Silvia
vor 4 Jahren

Das ist wirklich sehr beeindruckend mit wieviel Aufwand dies ermöglicht wurde. Danke an alle Helfer. Chapeau!

 
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