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Moria und die Lokalpolitik: Teil 2 unserer Umfrage

In der Zwischenzeit haben sich drei weitere Bürgermeister zu Wort gemeldet.

„Zeitnahe“ ist ein dehnbarer Begriff. Nach den vielen Leser-Reaktionen auf den Kommentar über die österreichische Position zur Aufnahme von Minderjährigen aus dem Flüchtlingslager Moria haben wir Osttiroler RegionalpolitikerInnen um ihre ganz persönliche Meinung zu diesem Thema gebeten, zeitnahe, wenn möglich. Einige haben geantwortet und wir haben darüber berichtet, dass Erika Rogl, Bernhard Schneider und Elisabeth Blanik nichts gegen eine Aufnahme und Pflege einiger Kinder oder Familien in Osttirol hätten, während die ÖVP-Politiker Bernhard Webhofer, Hermann Kuenz, Hermann Mitteregger und Andreas Köll sich an die von Sebastian Kurz vorgegebene Regierungslinie halten. Nun haben sich weitere Bürgermeister zu Wort gemeldet, Bernhard Zanon aus Leisach etwa, der eine Stellungnahme übermittelt hat, die ein „sowohl als auch“ enthält: „Meine grundsätzliche Einstellung entspringt dem Verständnis des Rechtsstaates einerseits und meiner christlichen Erziehung andererseits. Wenn Europa nicht in der Lage ist, den internationalen Gepflogenheiten und Gesetzen entsprechend die Außengrenzen zu kontrollieren und binnen 24 Stunden den Flüchtlingsstatus festzustellen, dann ist dies mehr als ein Armutszeugnis. Es fördert das Schlepper-Unwesen und leistet dem Nationalismus Vorschub. Eine derartige humanitäre Tragödie, wie wir sie aktuell erleben, beginnt und endet nicht mit Moria. Als Europäer und als Menschen haben wir die Verpflichtung, sowohl die Not vor Ort langfristig bekämpfen zu helfen als auch notwendige und selbstverständliche menschliche Unterstützung zu gewähren.“
Bernhard Zanon verweist auf die „Verpflichtung, sowohl die Not vor Ort langfristig zu bekämpfen als auch notwendige und selbstverständliche menschliche Unterstützung zu gewähren.“ Foto: Brunner Images
Wir nehmen das einmal als Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen und freuen uns, dass wir im Leisacher Mailordner doch noch gefunden wurden. Auch Andreas Pfurner, Bürgermeister von Nußdorf-Debant formuliert seine Antwort vorsichtig positiv: „Als Bürgermeister einer Gemeinde, die dem österreichischen Pionier der Kinderhilfe, Hermann Gmeiner, Starthilfe zur Errichtung des weltweit zweiten SOS-Kinderdorfes geleistet hat und seit 1955 Jahr für Jahr den mit Abstand größten Beitrag in unserem Bezirk für hilfsbedürftige Kinder leistet, lassen einen die Bilder der Kinder aus Moria natürlich nicht kalt. Wie diesen Menschen helfen, eingebettet in die Lösung anderer großer Fragen? Da scheiden sich die Geister. Vor Ort etwas tun? Einzelne heraufholen aus Griechenland? Wen von den Vielen? Kinder allein? Was sind die Folgen? Hilft es den Falschen? Viele Fragen, nur eine mögliche Antwort? Ein Gemeindebeitrag zur Kinderhilfe, falls sich die Regierung zur Aufnahme von Kindern entschließt, oder wenn nicht, gemeinsam vor Ort – natürlich!“
Andreas Pfurner kann sich einen Beitrag seiner Gemeinde vorstellen, „falls sich die Regierung zur Aufnahme von Kindern entschließt“. Foto: Dolomitenstadt Wagner
Der zweite VP-Landtagsabgeordnete aus Osttirol, Martin Mayerl, fand unser Mail erst nach intensiver Suche in seinem „leider vollen“ Mailordner. Seine Antwort ist – wie jene von Landtagskollege Hermann Kuenz – auf Kanzler-Linie: „Es wäre jetzt natürlich verlockend, auch um das Gewissen zu beruhigen zu sagen, nehmen wir einige Kinder aus Moria auf, in einigen Wochen redet eh niemand mehr darüber. Damit wird das Problem leider nicht gelöst. Ich teile hier die Meinung von Bundeskanzler Kurz und Landeshauptmann Doskozil, dass die Hilfe und Unterbringung vor Ort verbessert werden muss, damit sich die Situation von 2015 nicht wiederholt. All jene, denen rechtlich der Schutzstatus zusteht, werden aufgenommen und dafür stehen auch Betreuungsplätze zur Verfügung.“
Martin Mayerl teilt in Flüchtlingsfragen die Meinung von Kanzler Sebastian Kurz und SPÖ-Hardliner Hans Peter Doskozil. Foto: Expa Groder

Und so schließen wir unsere kleine Umfrage unter Osttiroler Lokalpolitikern und warten nicht länger auf die Antworten von Dietmar Ruggenthaler (Virgen), Matthias Scherer (Obertilliach) und Karl Poppeller (Ainet). Bei diesen Bürgermeistern landen Journalistenanfragen vermutlich automatisch im Papierkorb.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

7 Postings

Rudi
vor 3 Jahren

Die Leute sollen sich entscheiden,nicht die Politiker.

 
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Vlad Tepes
vor 3 Jahren

Ordnung im Mailordner und regelmäßiges Abarbeiten von E-mails gehört zu den normalsten Alltäglichkeiten heutzutage. Hier einen auf Überarbeitet zu machen kauf ich dem Mayerl nicht ab. Für einen Menschen in der politischen Öffentlichkeit hört man oft viel zu lange nichts von ihm, ja oft fragt man sich, gibts den überhaupt noch? Nochmal, sich in solchen Fragen, vor allem als christlichsozialer, hinter der Parteilinie zu verstecken ist ein Zeichen von Feigheit, Opportunismuns und Schwäche.

 
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Nickname
vor 3 Jahren

Manch einer findet eigene Worte, anderen fallen nur die leeren Worthülsen aus dem Parteiprogramm ein. Jetzt sieht man wieviel an Gedächtnisleistung und eigenes Gewissen bei manchem Lokalpolitiker dahintersteht. Die Parteipropagande abkupfern und keine eigene Meinung!

 
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Chronos
vor 3 Jahren

Immerhin drei weitere Bürgermeister, welche sich zaghaft auf die Seite einer Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Moria schlagen. Jedenfalls danke den Lokalpolitikern für ihre positiven Wortmeldungen!

Und LAbg. Mayerl kann einem aber leidtun. Der „Arme“ hat soviel politische Arbeit um die Ohren, dass er erst nach „intensiver Suche in seinem leider vollen Mailordner“ fündig wurde?!

Mayerl weiß offensichtlich nicht wie seine politische Orientierung ausgerichtet ist, wenn der ÖVP-Parteisoldat die Meinung des SPÖ LH Doskozil in Rede bringt. Auch wenn Doskozil in Flüchtlingsfragen nahe an BK Kurz und den Türkisen liegt, hätte er genug aus den eigenen Reihen der ÖVP/Türkisen die er namentlich nennen kann. Für Mayerl gilt streng die Parteidoktrin von BK Kurz einhalten. Man will ja schließlich wieder in den Tiroler Landtag und das monatliche Salär. Wann hat er sich für die Osttiroler Belangen zuletzt eingesetzt? Selbst bei den Wölfen hat er sich kaum aus der Deckung gewagt. Irgendwann musste er sich ja auf Seiten der Bauern bekennen, die schließlich seine Wähler sind.

Ja, ja Mayerl und Kuenz! Wann hatten wir so schlechte ÖVP-Vertreter im Landtag? Kröll vielleicht ausgenommen. Und alle drei vertreten in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Moria im christlich(-sozial) orientierten Osttirol, bestimmt nicht deren Wählermehrheit, sondern Parteilinie.

 
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    Senf
    vor 3 Jahren

    schön, wenn unsere vertreter über das regionale onlinemedium hinaus extra mit mailnachrichten und anfragen versorgt werden. umso schlimmer, wenn einige beides nicht wahrnehmen.

    ich bleib dabei: nur eine politikerin hat klar ihre bereitschaft zur aufnahme ausgesprochen, vielleicht deshalb, weil derzeit lager frei sind. alle anderen knüpfen ihre willkommensbereitschaft an bedingungen, die entweder erst langfristig oder gar nicht lösbar sind. allerdings nicht auf gemeindebene! wie nannte man das: mit vielen worten wenig ...?

     
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spitzeFeder
vor 3 Jahren

Danke für diese Umfrage in der heimischen Lokalpolitik. Die Aussagen der Befragten sprechen für sich - vor allem der übernommene Neusprech von Webhofer und Mayerl. 😢 Unglaublich, und das im "Heiligen Land Tirol".

 
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osttiroler94
vor 3 Jahren

bei den schweigsamen Bürgermeistern landen nicht nur Journalistenanfragen im Papierkorb - sind ja auch sehr vielbeschäftigt

 
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