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Psychosozialer Krisendienst Tirol zieht Zwischenbilanz

0800 400 120: Sorgen von der Seele reden, bevor aus der Gesundheitskrise eine persönliche Krise wird.

„Die Corona-Pandemie kann negative Folgen mit sich bringen, die sich nicht unmittelbar auswirken, aber umso tiefsitzender sind: Die Pandemie verstärkt Gefühle der Angst und Sorge und kann aufgrund der sozialen Kontaktbeschränkungen gleichzeitig zu Vereinsamung führen bzw. Zweifel aufkommen lassen, sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Doch trotz der aktuellen Gesundheitskrise darf nicht auf die seelische Gesundheit vergessen werden“, erklärt der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg. Aus diesem Grund wurde bereits im Frühjahr letzten Jahres eine Corona-Sorgen-Hotline eingerichtet. Im Oktober ist daraus der „Psychosoziale Krisendienst“ entstanden, dessen Telefonleitungen für die Sorgen, Probleme und Ängste jener Menschen freigeschaltet sind, die sich in seelischen Notsituationen oder Krisen befinden. „Unter der Telefonnummer 0800 400 120 haben Menschen am anderen Ende der Leitung ein offenes Ohr für Rat- und Hilfesuchende, sie stehen ihnen zur Seite und besuchen sie notfalls auch persönlich – scheuen auch Sie sich nicht, zum Hörer zu greifen“, appelliert die Soziallandesrätin Gabriele Fischer.
Soziallandesrätin Gabriele Fischer und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg zogen am Freitag eine Zwischenbilanz zum Psychosozialen Krisendienst und appellierten keine Scheu davor zu haben, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Foto: Land Tirol/Gratl
Viele Menschen sind auf vielfache Weise von der Covid-19-Pandemie betroffen, dies lasse sich auch bei den eingehenden Anrufen ablesen, so Christian Haring vom Verein Suchthilfe Tirol. Sei es die Angst vor Ansteckung, der damit einhergehende Verlust der Arbeitsfähigkeit oder Arbeitslosigkeit und finanzielle Probleme – die Folgen der Pandemie belasten viele Anruferinnen und Anrufer. Weitere Auslöser psychischer Probleme sind soziale Isolation oder die Kontakteinschränkungen, die Treffen mit nahen Verwandten und Freunden verhindern. „Menschen, die bereits vorher psychische Probleme hatten, erfahren zusätzlichen Stress und Druck, was bei vielen zu einer Verstärkung ihrer Symptome führt“, erläutert Haring. Durch den Lockdown gehe die Tagesstruktur verloren, was zu einer depressiven Reaktion und bei Menschen mit Suchtproblematik zu einem gesteigerten Konsummuster führen kann. „Menschen sind üblicherweise in der Lage, sich auf krisenhafte Situationen einzustellen. Was diese Krise aber so besonders macht, ist die Dauer und die sich fortlaufend ändernden Umstände, verbunden mit der Notwendigkeit, sich anzupassen – das stellt eine besondere Herausforderung dar“, weiß Haring. „Wichtig ist, rechtzeitig Hilfe und Unterstützung anzunehmen, um sich durch diese Zeit begleiten zu lassen und dadurch Folgeerscheinungen möglichst gering zu halten“, ruft Haring betroffene Menschen auf, das Angebot des Psychosozialen Krisendienstes in Anspruch zu nehmen.

Zwischenbilanz des Psychosozialen Krisendienstes

Die Nachfrage am psychosozialen Krisendienst ist seit Bestehen dieses Angebots stetig gewachsen: „Inzwischen gehen wöchentlich im Durchschnitt rund 90 Anrufe ein“, berichtet Karl-Heinz Alber vom Psychosozialen Pflegedienst Tirol. Rund ein Drittel der AnruferInnen (34 Prozent) leiden unter psychischen Problemen – hauptsächlich sind es Depressionen und Ängste vor Krankheit oder Zukunfts- bzw. Existenzängste. Ein Fünftel der hilfesuchenden Menschen leiden unter Einsamkeit und Kontaktschwierigkeiten. „Ein großes Thema ist natürlich auch die Situation rund um die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie – 19 Prozent der Anruferinnen und Anrufer fühlen sich aufgrund der aktuellen Situation sehr belastet und suchen Rat und Hilfe“, so Alber weiter. 16 Prozent der Gespräche drehen sich um Konflikte im sozialen Nahbereich. Selbstmordgedanken bis hin zum Selbstmordversuch werden bei vier Prozent der Anrufe verzeichnet. Die restlichen sieben Prozent der Anrufe behandeln Suchtprobleme und Alltagssorgen wie Arbeit/Ausbildung, Finanzen oder die Wohnsituation. „Ziel des psychosozialen Krisendienstes ist es, professionelle Hilfe für eine Erstabklärung leicht zugänglich zu machen. Dabei wird eine Gefährdungseinschätzung und Krisenintervention vorgenommen. Gleichzeitig wird – wenn notwendig – in Absprache mit dem Patienten oder der Patientin eine Weiterbehandlung koordiniert“, erklärt Werner Salzburger, Vorsitzender der Tiroler ÖGK.

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