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Kann man seinen Körper vermissen?

Drei Arbeiten von Esther Strauß im Dolomiten-Artshop behandeln das Thema.

„Wenn sich der Fokus vom Fühlen zum Zeigen verschiebt, kann uns der Körper, der nur mehr dem Bild dient, in seiner Körperlichkeit verloren gehen.“ Diesen Satz der Künstlerin Esther Strauß – wir haben sie vor Kurzem in unserem Magazin porträtiert – sollte man konzentriert ein zweites Mal lesen. Er stimmt nachdenklich in einer Zeit, in der wir alle immer öfter dazu übergehen, unsere Welt nicht einfach zu erleben, sondern das, was uns geschieht, fast manisch zu dokumentieren und dabei einen digitalen Filter schon im Augenblick des Erlebens zwischen uns und die Wirklichkeit zu schieben. Wer kennt nicht die Bilder hunderter erhobener Smartphone-Hände bei Events aller Art? Wer hört oder schaut einfach nur zu, lässt das Gebotene mit allen Sinnen einwirken, statt es augenblicklich weiterzuleiten in die Wolke der „sozialen“ Medien? Wer genießt die Natur einfach als direkte körperlich-sinnliche Kontaktaufname zur Welt, ungefiltert und ohne den Stress der virtuellen Zurschaustellung und Verteilung, die auch den Prozess des Teilens letztlich entkörperlicht und virtualisiert?
I miss my body. Zwei der drei Performance-Fotos von Esther Strauß, die wir im Dolomitenstadt-Artshop anbieten. Fotos: Esther Strauß
Esther Strauss hat 2019 eine Performance kreiert, die diese „Entkörperlichung“ eindrucksvoll thematisiert. Die performative Expedition „I miss my body“, aus der die gezeigten Fotos stammen, wurde 2019 im Rahmen des Programms Kunst im öffentlichen Raum Tirol von Esther Strauß gemeinsam mit den Performern Sabina Holzer, Hubert Ebenberger und Jack Hauser umgesetzt. Die Frage, ob wir unsere Körper vermissen können, wird durch die beschleunigte Digitalisierung der Lebenswelt in der Corona-Pandemie noch drängender. Drei Fotografien aus der Performance bieten wir in unserem Dolomitenstadt-Artshop an, auf den ich bei dieser Gelegenheit aus einem aktuellen Blickwinkel hinweisen möchte. Die fatalen – um nicht zu sagen lethalen – Auswirkungen der Covid-Maßnahmen auf die Kunst sind überall spürbar. Umso herzlicher laden wir unsere vielen Leserinnen und Leser zu einem Rundgang durch die virtuelle Galerie ein, die weit mehr zu bieten hat, als einfach einen Online-Kunstshop. Einen Atelierbesuch, das Betrachten eines Bildes an der Wand, das Streicheln über den Stein einer Skulptur kann Online-Präsentation nie ersetzen, aber Lust darauf machen, das können und wollen wir. Die Künstlerinnen und Künstler, die bei uns ausstellen, werden von ExpertInnen wie Rudi Ingruber – der als Kurator fungiert – und seit Kurzem auch von Kulturjournalistin Ivona Jelcic ausführlich und fundiert vorgestellt. So wollen wir durch Information und Hintergrundwissen einerseits Kunstinteresse wecken und zum anderen zeigen, wie leistbar Kunst ist, als bleibender Wert und direkter, hinterfragender und sinnlicher Draht zur Welt, in der wir leben.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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