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Haft in Österreich: Viele Insassen erfahren Gewalt

Die Situation in manchen Gefängnissen lässt zu wünschen übrig, viele Anstalten sind überfüllt.

Das Wiener Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) – seit März 2021 Teil der Universität Innsbruck – hat vor Ausbruch der Corona-Pandemie in einer Umfrage Inhaftierte in Österreich nach ihren Gewalterfahrungen während ihrer Zeit im Gefängnis gefragt. Das Ergebnis: 72 Prozent der Befragten berichteten von zumindest einem Gewaltvorfall – also irgendeiner Form von psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt. „Wir fokussieren in der Studie nicht nur auf strafrechtlich relevante Gewalt, sondern auch auf andere Formen psychischer, körperlicher und sexueller Übergriffe. Die Bandbreite der Erfahrungen, die uns Befragte erzählt haben, reicht von leichteren Formen psychischer Gewalt, wie aggressivem Anschreien, über Tritte und Schläge bis hin zu Vergewaltigung“, erläutert Dr. Veronika Hofinger, Leiterin der Studie. Besonders von Gewalt betroffen sind laut der Studie Jugendliche und Personen im Maßnahmenvollzug. Auch Personen, die in ihrer Kindheit bereits Gewalt erfahren haben, haben ein höheres Risiko, während der Haft viktimisiert zu werden. Die überwiegende Mehrheit der angegebenen Gewaltvorfälle fand innerhalb der letzten drei Jahre statt. Die Zahl der tatsächlichen Vorfälle könnte dabei aber sogar noch höher sein. „Aufgrund der großen Hürden, gerade in Haft einer fremden Person über Opfererfahrungen zu berichten, gehen wir besonders im Bereich der sexuellen Gewalt von massivem ‚Underreporting‘ aus, die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher“, gibt Kriminalsoziologin Hofinger zu bedenken. Im Zuge der Studie wurden auch die herrschenden Verhältnisse in österreichischen Justizanstalten erhoben. Die hohe Gefangenenrate in Österreich – unter anderem deutlich höher als die in Deutschland oder der Schweiz – führt dazu, dass viele der heimischen Justizanstalten überfüllt sind. So war jede sechste der insgesamt 386 Personen, die für die Studie befragt wurden, in einem überfüllten Haftraum untergebracht und musste sich diesen mit mehr Personen teilen als eigentlich vorgesehen. „Für die Studie ist relevant, wie die Wahrnehmung des Klimas und die Anhaltebedingungen mit Gewalt in Zusammenhang stehen. Überfüllung und schlechtes Klima in Haft erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Gewalt. Außerdem können bestimmte Zustände selbst als psychische oder strukturelle Gewalt verstanden werden. Die Belastungen, die daraus resultieren, aber auch die speziellen Charakteristika von Gewaltdynamiken in Haft haben wir in vertiefenden Interviews beleuchtet“, erklärt Hofinger. Das Haftklima sowie die Anhaltebedingungen in Österreich seien von Haftanstalt zu Haftanstalt sehr unterschiedlich. Es gebe sowohl gut geführte, moderne und ausgezeichnete Gefängnisse als auch Anstalten, die sich in einem schlechten Zustand befinden. „Ein sehr negatives Anstaltsklima kann ja schon für sich genommen als Gewalt empfunden werden. Ein Positivbeispiel mit gutem Anstaltsklima und auch wenig berichteter Gewalt ist Korneuburg, wo nur je ein Drittel der Befragten Anspannung und Stress während des Aufenthalts erleben, während es zum Beispiel in Innsbruck keinen einzigen Befragten gab, der nicht von Anspannung oder Stress berichtet“, so Hofinger.

2 Postings

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vor 3 Jahren

Stellt sich die Frage ob die Insassen nicht glücklich sein können in Österreich im Gefängis zu sitzen. Wenn man bedenkt wie die Verhältnisse in diversen Ländern auf der Welt sind ähneln unsere Gefängnisse wahrscheinlich eher einem Streichelzoo.

Menschenwürdige Verhältnisse sollten selbstverständlich sein trotzdem hält sich mein Mitleid in Grenzen.

 
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    PdL
    vor 3 Jahren

    Dennoch darf ein Gefängnis nicht zu einem rechtsfreien Raum mit Faustrecht verkommen.

     
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