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Roland Weißmann zum ORF-Generaldirektor gewählt

Bürgerlicher „Freundeskreis“ und die grünen Stiftungsräte sicherten 24 von 35 Stimmen.

ORF-Vizefinanzdirektor Roland Weißmann ist am Dienstag im Stiftungsrat zum ORF-Generaldirektor gewählt worden und löst somit am 1. Jänner 2022 Alexander Wrabetz nach drei Funktionsperioden ab. Der von der ÖVP favorisierte Kandidat erreichte im obersten ORF-Aufsichtsgremium mit türkis-grüner Unterstützung 24 von 35 Stimmen und kam damit auf eine deutliche Mehrheit. Alexander Wrabetz zeigte sich im Anschluss an die Bekanntgabe sichtlich betroffen von seiner Abwahl: "Heute ist ein besonderer Tag, auch in meinem Leben. Es ist durchaus bewegend, dass ich nach 15 erfolgreichen Jahren abgesetzt wurde. Das ist zu respektieren", so Wrabetz vor Journalisten. Im Hearing habe es für seine Arbeit anerkennende Worte gegeben, nennenswerte Kritik sei nicht gefallen. "Immerhin sind wir in Österreich Nummer 1 im Radio, Fernsehen, online und auch auf Social Media", unterstrich der Generaldirektor, der auch auf höchste Vertrauenswerte verwies. "Aber die Regierung hat entschieden, mich abzusetzen." In einer Demokratie, in der die Regierung gewählt worden sei, sei das aber zu akzeptieren. Jedenfalls würden jetzt "vier besondere Monate vor uns liegen, in denen ich die alleinige Verantwortung habe", so Wrabetz. Er wolle wichtige Projekte vorantreiben, um 2022 in den multimedialen Newsroom starten zu können. "Das duldet keinen Aufschub!" Weißmann habe "keine Erfahrung in der Geschäftsführung", weshalb es in den kommenden Monaten darauf ankommen werde, seine gesammelte Erfahrung an den frisch gewählten ORF-Generaldirektor weiterzugeben. "Das werde ich natürlich tun." Schließlich habe er alles, was er erreicht habe, nicht gemacht, "damit dann alles den Bach runtergeht", so Wrabetz. Er werde alles tun, damit der neue Generaldirektor "gut vorbereitet übernehmen kann".
Roland Weißmann wurde mit türkisgrüner Mehrheit im politisch besetzten Stiftungsrat zum neuen ORF-Generaldirektor gewählt. Foto: APA
Wrabetz selbst freute sich über großen Rückhalt im und außerhalb des Hauses "auch nach der Wahl". Dies gebe ihm "Kraft in dieser nicht ganz einfachen Stunde". Weißmann habe nun einen "großen Korb von negativen Vorschusslorbeeren", die politische Erwartungshaltung werde sehr groß sein. Weißmann müsse nun etwas tun, "dass das nicht so eintritt, wie sich das jemand erwarten könnte", so Wrabetz. Die Wahl Weißmanns sei "sehr gut und langfristig" vorbereitet worden. Nun gebe es "eine große Gruppe, die allein das Sagen hat", so Wrabetz. Ob es - wie von einigen Beobachtern befürchtet - nun zu einer "Orbanisierung des ORF" kommen werde, werde "die Geschichte zeigen", sagte er auf eine diesbezügliche Journalistenfrage. Wichtig werde es daher in den verbleibenden Monaten seiner Amtszeit sein, "die Rechte der Redaktion noch besser abzusichern". Die Direktorenposten müssten jedenfalls hausintern mit Männern und Frauen besetzt werden, die Führungserfahrung aufweisen. "Wir brauchen keine Importe." Es gebe im Haus genügend "Topleute". Für die künftigen Chefredakteursposten brachte Wrabetz etwa "ZiB 2"-Anchorman Armin Wolf ins Spiel - etwa für Digitalagenden. ORF-2-Chefredakteur Matthias Schrom habe im Fernsehbereich hervorragende Arbeit geleistet und böte sich ebenfalls für eine Führungsposition im künftigen multimedialen Newsroom an. "Der neue ORF-Generaldirektor Roland Weißmann verbindet journalistische, programmwirtschaftliche und digitale Kompetenz, und er ist vor allem ein Teamplayer - genau das braucht der ORF für seine Zukunft", sagte indes Thomas Zach, Leiter des bürgerlichen "Freundeskreises". Mit dem heutigen Ergebnis stehe eine breite Mehrheit im Stiftungsrat hinter einem digitalen Reformkurs für den ORF - die Bestellung von Weißmann sei ein klares Signal für die ambitionierte Weiterentwicklung des größten österreichischen Medienunternehmens. An den noch amtierenden Generaldirektor Alexander Wrabetz richtete er seinen Dank, "auch wenn wir in den vergangenen 15 Jahren nicht immer einer Meinung waren". Man habe im Protokoll festgehalten, dass es zu einer guten Zusammenarbeit im Übergang von Wrabetz auf Weißmann geben solle. Weißmann habe im Hearing "sehr überzeugt" und sei auch auf viele Nachfragen der Stiftungsräte eingegangen. Eine offene Wahl, wie sie seit der Änderung des Gesetzes 2001 stattfindet, entspreche den Vorgaben des Aktienrechts, hier sehe man keinen Grund, den Modus zu ändern. Auf den engen Kontakt zu ÖVP-Sprecher Gerald Fleischmann angesprochen, meinte Zach, dass es "einen permanenten Austausch zwischen den Stakeholdern" gebe und dass man sicherstellen müsse, "dass deren Anliegen entsprechend präsent sind". Vom Gesetzgeber erhoffe er sich "bald" ein Signal für Weichenstellungen, die für die Digitalisierung des ORF wegweisend sind. Der Stiftungsrat werde seine Arbeit jedenfalls "wie bisher fortsetzen". "Man muss von einer Zäsur sprechen", reagierte SPÖ-"Freundeskreisleiter" Heinz Lederer unmittelbar nach der Wahl gegenüber Journalisten auf das Ergebnis. Die Anzahl von 24 Stimmen deute darauf hin, dass die "Checks and Balances" nicht mehr eingehalten würden. "Das ist eine bestehende Sorge", so Lederer. Man werde Weißmann keine 100 Tage Schonfrist geben, sondern sofort - und vor allem ab 16. September - mit "großer Aufmerksamkeit verfolgen, dass das Gesamtgefüge nicht verletzt wird". Und weiter: "Wir werden jede Gelegenheit nützen, um uns zu melden. Macht braucht Kontrolle", unterstrich Lederer mehrfach. Enttäuscht zeigte er sich von den Grünen, die allesamt für Weißmann stimmten. "Für uns ist die Unabhängigkeit des ORF zentral. Daher ist die Wahl heute ein Vertrauensvorschuss", erläuterte Lothar Lockl, der für die Grün-nahen Stiftungsräte spricht, die Entscheidung im APA-Gespräch. Die Unabhängigkeit des ORF werde "für uns der Lackmustest sein", so Lockl. Es habe zwei Gründe für die Wahl Weißmanns gegeben: Ein wichtiger Punkt sei die Zusicherung für ein starkes Direktorenteam gewesen das aus kompetenten, parteiunabhängigen Persönlichkeiten bestehe. Der zweite Punkt sei die Digitalisierung. "Hier haben wir Handlungsbedarf im ORF", unterstrich Lockl. Dies sei Weißmann auch ein Anliegen gewesen. Im Vorfeld der Wahl wurde kolportiert, dass sich die Grünen zwei Direktorenposten - Finanzen und Programm - für die Stimmen auf die Fahnen heften könnten. "Ich halte diese Zuschreibungen für eine Unkultur. Es wird keine Posten für irgendwelche Parteien geben. Ich möchte das starke, anerkannte, höchst kompetente Personen im Direktorium sind. Das ist vielleicht neu im Unternehmen und ein Kulturwandel, aber mir ist das Signal wichtig: Leistung zählt." "Ich gratuliere dem neu gewählten, designierten Generaldirektor Roland Weißmann zu seiner Bestellung und wünsche ihm für seine verantwortungsvolle Aufgabe viel Erfolg und alles Gute", hieß es von ORF-Vize-Technikdirektor Thomas Prantner, der leer ausgegangen war. "Mein Wahlergebnis nehme ich ohne Enttäuschung zur Kenntnis. Die politischen Freundeskreise haben ihre jeweiligen Favoriten unterstützt, für unabhängige Kandidaten wie mich ist es da schwierig durchzukommen." Weißmann versammelte den gesamten bürgerlichen "Freundeskreis" hinter sich. Auch die drei grün-nahen Stiftungsräte votierten für ihn. Die restlichen Stimmen entfielen auf den Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger sowie weitere von den derzeitigen Regierungsparteien gemeinsam entsandte unabhängige Räte und zwei den Bürgerlichen nahestehende, vom ORF-Zentralbetriebsrat entsandte Räte. Der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz erhielt 6 Stimmen. Dabei stimmte der SPÖ-"Freundeskreis" geschlossen für ihn. Die sechste Stimme stammt von Siggi Neuschitzer, der einst von den Freiheitlichen bestellt und später von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängert wurde. ORF-1-Channelmanagerin Lisa Totzauer kam auf 5 Stimmen - davon drei von FPÖ-nahen Stiftungsräten, eine der von den NEOS entsandten Rätin Anita Zielina sowie die ORF-Zentralbetriebsrätin Christiana Jankovics. Prantner als auch Harald Thoma erhielten keine Stimmen.

17 Postings

Kilian1990
vor 3 Jahren

Die politischen Strukturen im ORF wurden größtenteils in großen Koalitionen geschaffen. Von Schwarzen und Roten. Vor allem auch die Sozialisten haben diese Strukturen lange Zeit für sich genutzt. So wurde der ORF zum Rotfunk. Alexander Wrabetz hat bis heute diesem Namen alle Ehre gemacht. Jetzt wurde er nicht mehr gewählt. Gewählt wurde ein Kandidat aus dem schwarzen Freundeskreis. Großteils von ÖVP, aber auch von Grünen, einem blauen und unabhängigen Stiftungsräten. Der Aufschrei kommt jetzt großteils von den Roten, die jetzt ihre Macht im ORF schwinden sehen.

 
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    Chronos
    vor 3 Jahren

    Sie haben Recht! Aber nicht nur die Roten regen sich auf…

    Es geht aber um eine Wahl. Auch wenn beim ORF diese Vorgehensweise Tradition hat, hat das Auswählverfahren mit einer Wahl überhaupt nicht gemein!

     
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manwie
vor 3 Jahren

"Die Kompatibilität von Unabhängigkeit und ORF" Eine politische Posse Dramatische Aufführung in Endlosschleife

 
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Chronos
vor 3 Jahren

Demokratische Wahl beim ORF? Beschämend!!!

"Lernen Sie Geschichte", hat ein bedeutender SPÖ Politiker geäußert. BK Kurz und sein "Message-Control-Stab" müssen nicht einmal Geschichte lernen. Die Chat-Protokolle sind noch nicht aus unseren Köpfen, aber die ÖVP/Türkisen machen munter weiter. Nämlich da, wo sie bei der Schmid-AG ("kriegst eh alles, was du willst!" "Du Aufsichtsratssammler😊" – "Ich bin so glücklich. Ich liebe meinen Kanzler") aufgehört haben.

Beim neuen Generaldirektor Weißmann wird es keine Chats mit Kanzler Kurz geben. Das Einzige was die Türkisen daraus gelernt haben. Politisch unabhängig war der ORF noch nie! Aber kommt´s nun schlimmer? Erfolgt nun eine "Orbanisierung" des ORF? Politische Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und deren unabhängigen Journalisten? Man muss abwarten, ob Journalisten wie Armin Wolf bei ZiB2-Interviews mit Kurz und den Türkisen einen Maulkorb umgehängt bekommt. Glaube aber nicht, dass sich Wolf einschränken lässt! Weißmann hat er gestern nicht mit Samthandschuhen angefasst! Auch falls Weißmann es gerne möchte, feuern kann er Armin Wolf deshalb nicht. Das wäre zu auffällig!

Und was lernen wir von den Grünen! Für den Machterhalt unterstützen diese sogar die Türkisen. Immerhin erhalten sie dafür 2 Direktoren auf nächster Ebene! Ihr Wahl-Slogan: "Wen würde der Anstand wählen?" – hat für die Grünen längst keine Bedeutung mehr!

Und wir, der "Pöbel"? Lassen wir uns das alles gefallen? Obwohl die türkise Truppe von Skandal zu Skandal taumelt, ist das den meisten WählerInnen egal. Leider, sehr viele werden wieder Kurz und seine Türkisen wählen.

 
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    Senf
    vor 3 Jahren

    ich staune immer wieder ☺, mein hackerl ist dir sicher.

     
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      so ist es vielleicht
      vor 3 Jahren

      Senf, du sprichst mit gespaltener Zunge! 😇

      Hackerl oder doch Hakerl? ....was so ein c ausmacht, dieses mal nicht vom wolf_c 😅

       
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      Chronos
      vor 3 Jahren

      Gehe nicht vom Hackerl in den Rücken aus, geh´ senf?

      Bestechung, senf? Wir wollen schön unabhängig bleiben! Deshalb will ich nicht danken, sondern dazu passend "ich bin so glücklich. Ich liebe meinen Kanz…"… äh…meinen senf! Ironie off.

      Übrigens, auch wenn´s nicht hierher passt: Was die Bruno Kreisky Anekdote betrifft, hört man als Lehrbeispiel bereits im 1. Publizistik-Semester und spätestens im 2. PoWi-Sem. Kreiskys Aussage lässt sich fast überall einsetzen. Aktuell besonders im Klima- u. Naturschutz an die Politik gerichtet. Es ist längst 5 vor 12 !!!

       
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      Senf
      vor 3 Jahren

      bei acht zustimmungshakerln und null nichtzustimmungshakerln dürfte meine willensbekundung ja nicht von der hand zu weisen sein (mittwoch 22:02). aber es stimmt, dass c irritiert mich schon länger 😏

      tschuldigung!

       
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    Herr_Ethiker
    vor 3 Jahren

    Der Witz mir dem Ha(c)kerl ist auch nicht mehr ganz neu hier im Forum, früher hat man es aber noch mit "K" gschrieben. Schön, dass du vieder da bist, Senf!

     
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vor 3 Jahren

Die Fragen die ich mir stelle sind: 1. Warum gibt es übeehaupt in einer Institution wie dem ORF einen alleinigen Generaldirektor? 2. Warum haben bei der "Wahl" eines solchen dann überhaupt die Parteien auch nur ein Wort zu sagen? Wenn jemand wählen sollte dann doch die Journalisten und Reporter.

 
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    so ist es vielleicht
    vor 3 Jahren

    Gute Fragen, Antworten gibts keine 😅

     
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lienzer666
vor 3 Jahren

Von einer Wahl kann man nicht sprechen, war von Haus aus ein ein abgekartetes Spiel, aber wo steht geschrieben das Alexander Warbetz diesen Job gepachtet hat. In der österreichischen Politik ändert sich gar nichts, wie man sieht, die Posten werden politisch vergeben, wie zu Zeiten von Rot-Schwarz, obwohl uns versprochen wurde, ein neuer Stil wird einkehren wenn Basti Bundeskanzler wird. Nein, aber schon gar nichts hat sich geändert, außer der Auftritt der Pressekonferenzen. Es ist zum schämen, mit unseren Volksvertretern.

 
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Ich meine, dass ...
vor 3 Jahren

... ist es nicht beängstigend wie offensichtlich die Politik Einfluss auf die "freien" Medien ausübt?

 
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spitzeFeder
vor 3 Jahren

Ist hier jemand überzeugt davon, dass das eine *Wahl* war? Echt jetzt?!? 😳

 
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osttirol20
vor 3 Jahren

Da setzt der türkise Kurz doch den, jedoch nur angedachten, Plan von Strache in die Tat um - freie Medien einfach politisch zu übernehmen und besitzt nicht das Rückgrad sobald es öffentlich wird seinen Rücktritt bekanntzugeben, ein Wahnsinn der Wienausschuss wird sich nahtlos an den Ibizaauschuss anhängen.

 
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Denksport
vor 3 Jahren

Die Strukturen rund um den ORF interessieren nur wenige und das Programm, sowie die Berichterstattung sind auf dem besten Weg dazu.

 
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    Post_ler
    vor 3 Jahren

    Stimmt Denksport, wenn es nur die schmerzliche Erinnerungshilfe GIS nicht gäbe, gell ?

     
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