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Festival-Direktorin Anna Ladinig (6.v.r.) umgeben von Preisträger:innen und Jurymitgliedern beim Finale des diesjährigen IFFI Festivals im Innsbrucker Leokino. Foto: Michael Klingler

Festival-Direktorin Anna Ladinig (6.v.r.) umgeben von Preisträger:innen und Jurymitgliedern beim Finale des diesjährigen IFFI Festivals im Innsbrucker Leokino. Foto: Michael Klingler

Filmfestival Innsbruck: Drei Empfehlungen zum Streamen

Bis 17. Oktober kann man sich internationale Filmproduktionen ins Wohnzimmer holen.

Die Kinotage des 30. IFFI sind zwar gezählt, doch ganz vorbei ist das Filmfestival noch nicht. Diejenigen, die es letzte Woche nicht ins Innsbrucker Leokino geschafft haben, bekommen nun noch einmal bis 17. Oktober die Gelegenheit, sich ein paar der gezeigten internationalen Filmproduktionen nach Hause ins Wohnzimmer zu holen. Im Online-Programm finden sich insgesamt zehn Dokumentar- und Spielfilme mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Für dolomitenstadt.at haben wir drei Filmempfehlungen für euch parat: Allen voran der Gewinnerfilm des diesjährigen Spielfilmwettbewerbs LA ÚLTIMA PRIMAVERA (2020, Niederlande/Spanien) von Regisseurin Isabel Lamberti. Der Film spielt in der Peripherie Madrids und handelt von einer Familie, die dort in einer informellen Siedlung lebt. Aufgrund eines Bauvorhabens der Regierung muss sie nun ihr langjähriges Zuhause verlassen. Die betroffene Familie Gabarre spielt dabei ihre eigene Geschichte nach und das mit einem außerordentlichen schauspielerischen Talent. Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm verschwimmen, was den Film auch so besonders macht. Die Jury hebt außerdem hervor, dass es Lamberti in ihrem Film gelungen ist, von den herausfordernden Lebensumständen der Familie Gabarre zu erzählen, ohne diese dabei als Opfer darzustellen. Letzten Endes ist es auch eine Geschichte, die die stetig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb Europas zu erkennen gibt. Zwar nicht mit einem Preis ausgezeichnet, aber von der Jury mit einer „special mention“ gelobt wurde LE DERNIER REFUGE / THE LAST SHELTER (2021, Frankreich/Mali/Südafrika) von Ousmane Samassékou, den wir als zweite Empfehlung zum Streamen vorschlagen. Der Dokumentarfilm dreht sich um das sogenannte „House of Migrants“ in der Sahara, eine temporäre Unterkunft für Menschen, die sich auf der Flucht befinden. Dieses Haus markiert eine Art Zwischenstation, bei der für die Reisenden nicht immer klar ist, ob sie ihren Weg ins Ungewisse fortsetzen werden oder wieder zu dem Ort zurückkehren, von dem sie gekommen sind. Der aus Mali stammende Regisseur portraitiert auf künstlerische und sensible Weise intime Lebensabschnitte jener Menschen, ohne sie auf ihren Migrant:innenstatus zu reduzieren. Und als abschließenden Tipp legt Festivaldirektorin Anna Ladinig persönlich begeisterten Bergsteiger:innen die Dokumentation THE WALL OF SHADOWS (2020, Polen/Deutschland/Schweiz) von der polnischen Regisseurin Eliza Kubarska ans Herz. Der Film spielt in Nepal am Fuße des imposanten Berges Kumbhakarna. Eine Sherpa-Familie wird von einer Gruppe Bergsteiger:innen angefragt, über die bisher unbezwungene Ostwand dieses Berges zu führen. Was die Regisseurin mit diesem Film zum Ausdruck bringt ist ein Dilemma, das durch den Tourismus verursacht wird: Zum einen bezeichnet er die Lebensgrundlage der Sherpa-Familie, die auf touristische Anfragen angewiesen ist, um überleben und ihrem Sohn eine Ausbildung finanzieren zu können. Zum anderen wird durch den Tourismus nicht nur unberührte Natur zerstört, sondern zuweilen auch spirituelle Werte indigener Communities verletzt. Im Falle Kumbhakarnas handelt es sich nämlich um einen heiligen Berg, der nach jahrhundertealter Tradierung der lokalen Kirant-Religion aus Respekt vor Gott nicht bestiegen werden darf. So wird die Sherpa-Familie von den Touristen in eine unangenehme Situation gebracht, deren Druck sie schlussendlich aufgrund des notwendigen Geldes nachgibt. Es ist ein Bergsteigerfilm anderer Art – zwar mit atemberaubenden Bildern gewaltiger Bergkulissen, dafür zeugt er aber weniger von gewohnter Action und Spannung und vermittelt das Geschehen mit einer Art Ruhe, die auch Raum zum Nachdenken eröffnet.
Das vollständige Online-Programm sowie der Zugang zu den Filmen sind auf der Website https://stream.iffi.at zu finden.  
Brigitte Egger, geb. 1993, hat in Innsbruck Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie studiert. Sie schreibt als freie Journalistin über Kunst und Kultur und ist auch selbst in der Kulturarbeit tätig.

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