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Der Suizid von Lisa-Maria Kellermayr wird zum Politikum

Ermittlungen gegen möglichen Verfasser von Morddrohungen wurden auf Bayern ausgeweitet.

Die mit Morddrohungen aus der Impfgegner-Szene konfrontierte Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die sich am Freitag das Leben genommen hat, ist am Mittwoch auf Wunsch von Angehörigen doch obduziert worden. Nach dem vorläufigen Ergebnis geht die Staatsanwaltschaft Wels weiter von einem Suizid aus. Gegen einen möglichen Verfasser der Drohungen ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft München. Mittlerweile schlägt der Fall internationale Wellen und ist auch in der Politik angekommen. Wegen der Drohungen gegen die Ärztin wird in Österreich weiter gegen unbekannte Täter ermittelt. Die Ermittlungen gegen einen deutschen Verdächtigen mussten allerdings mangels territorialer Zuständigkeit eingestellt werden. Hier ist nun die Staatsanwaltschaft München II - die Behörde ist für das Umland der bayrischen Hauptstadt zuständig - am Zug. Ihre Sprecherin Andrea Grape bestätigte auf APA-Anfrage am Mittwoch "Ermittlungen gegen eine männliche Person wegen des Verdachts der Beleidigung und der Bedrohung". Nähere Details wollte sie dazu unter Verweis auf ein laufendes Verfahren nicht machen.
Die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr nahm sich das Leben, weil sie sich von militanten Impfgegnern massiv bedroht und von der Polizei nicht gut geschützt fühlte. Nun wird ihr Fall zum Politikum. Foto: APA/Wakolbinger
Während sich etwa in Deutschland etliche hochrangige Politiker von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPÖ) abwärts klar äußerten, war in Österreich die ersten fünf Tage nach dem Suizid bis auf einen Tweet des Gesundheitsministers nur Schweigen der Bundesregierung zu vernehmen. Am Mittwoch sprach Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Angehörigen, Freunden und Patienten der verstorbenen Ärztin dann sein Mitgefühl aus. "Wichtig ist, dass die Behörden weiter ermitteln, um jene auszuforschen, die Frau Dr. Kellermayr bedroht haben", betonte er in einer der APA übermittelten Stellungnahme, "Hass im Netz und persönliche Bedrohungen haben keinen Platz in unserer Gesellschaft". Auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sagte auf Anfrage gegenüber "Der Standard" (Mittwochausgabe), er wisse zwar, dass es "schwierig ist für die Behörden, weil sich viele Radikale unter dem Deckmantel der Anonymität verstecken, aber da würde ich mir teilweise schon ein härteres und schnelleres Vorgehen erwarten". Bereits am Freitag hatte sich die oö. Gesundheitsreferentin LHStv. Christine Haberlander (ÖVP) zu Wort gemeldet und u.a gefordert, dass grenzübergreifende Ermittlungen in solchen Fällen möglich sein müssten. Auch Bundespräsident Alexander van der Bellen hatte noch am Todestag Kellermayrs reagiert. Er rief zu einem Ende des Hasses auf und legte sogar vor der Praxis in Seewalchen Blumen nieder. Aus dem Justizministerium hieß es am Mittwoch, man hoffe, dass zukünftig die E-Evidence-Verordnung, die gerade finalisiert wird, die Ausforschung von Tatverdächtigen erleichtert, die im Internet hetzen und zu Gewalt aufstacheln. "Damit soll ermöglicht werden, dass die österreichischen Staatsanwaltschaften direkt bei Dienstanbietern Auskünfte über Teilnehmer-, Zugangs-, Verkehrs- oder Inhaltsdaten einholen können, ohne zuvor um Rechtshilfe bei einer Behörde im Ausland ansuchen zu müssen", teilte ein Sprecher mit. Das könnte auch die Ermittlungsarbeiten im Fall der oberösterreichischen Ärztin beschleunigen, "da auch hier Täter aus dem Ausland ihre Hassbotschaften versendet hatten". Die NEOS haben am Dienstag eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) eingebracht. Sie wollen in 38 Fragen mit etlichen Unterfragen u.a. wissen, was alles unternommen wurde, um Kellermayr Schutz zukommen zu lassen. Vor allem auf Social Media stehen die Behörden in der Kritik, der Ärztin zu wenig Schutz geboten bzw. zu wenig ermittelt zu haben. Der Leiter der Polizei-Pressestelle Oberösterreich David Furtner - er hatte am 28. Juni im "Ö1"-Mittagsjournal der Ärztin u.a. unterstellt, sie habe in die Öffentlichkeit gedrängt, wolle "über die Medien das eigene Fortkommen" fördern - setzt sich indes gegen einen Twitter-User zur Wehr, der geschrieben hatte, der Polizeisprecher habe "Blut an den Händen". Der User hat nun von Furtners Anwalt Gernot Sattlegger eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung erhalten. Der Tweet sei "überschießend und rechtswidrig", so Sattlegger zur APA. Die Medienanwältin Maria Windhager hält die im Twitter-Post getätigten Aussagen allerdings für zulässig, sagte sie "futurezone.at". In dem konkreten Äußerungszusammenhang handle es sich um politische Kritik. Außerdem habe sich der Polizeisprecher in dem besagten Interview so exponiert, dass er eine so scharfe Kritik aushalten müsse, wurde sie zitiert. Es könne aber dennoch sein, dass die Inhalte des Postings vor einem Gericht nicht halten, so Windhager.
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