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Spitzenkoch Parth: „Die Mittelklasse bricht weg“

Der einzige 5-Hauben-Koch Tirols fordert deshalb: "Jeder Europäer soll bei uns arbeiten dürfen".

Der Ischgler Spitzenkoch Benjamin Parth, der erst kürzlich vom Gourmetführer Gault Millau als einziger Koch in Tirol mit fünf Hauben dekoriert wurde, sieht in Österreich die "Mittelklasse-Restaurants" zunehmend wegbrechen. Unter anderem aufgrund von Teuerung und Arbeitskräftemangel werde die Schere zwischen "Gehoben" und "Mittel" immer weiter auseinander gehen, sagte Parth im APA-Interview. Diese aus seiner Sicht voranschreitende Entwicklung ist für den Hauben-Gastronomen klar begründbar: "High-End und Gourmet wird teurer und teurer werden und die Mittelklasse-Restaurants werden an Qualität verlieren." Das liege unter anderem daran, dass Mitarbeiter für Service und Küche stetig schwerer zu bekommen sind. "Sogar ich spüre das, obwohl es mit Renommee verbunden ist, bei uns zu kochen", beschrieb Parth, der in seinem Heimatort ein Gourmetrestaurant führt, die aktuelle und schon länger währende Situation.
"Ich befürchte, dass dann viele einfach aus der Branche aussteigen und sich damit die Gastronomie ganz generell ausdünnt", sagt Benjamin Parth, einziger 5-Hauben-Koch Tirols. Foto: Expa/Groder
Das heiße jedenfalls für alle leitenden Gastro-Akteure, dass man diesen Mitarbeitern ein gutes Angebot machen müsse, um sie in der Küche und im Service dauerhaft zu halten oder überhaupt erst dort hinzubekommen. "Das wiederum verursacht, neben der ganz grundsätzlichen Inflation, weitere Mehrkosten im Gourmet-Bereich und ist für die mittlere Preisklasse kaum mehr stemmbar", analysierte Parth, einer von sechs Fünf-Hauben-Köchen Österreichs. Die Politik müsse in dieser Sache also "sehr dringend handeln", sagte Parth. Es brauche "unbedingt politische Hilfe mit dem Arbeitsmarkt", der sich zunehmend "europäischer aufstellen muss". So glaubt Parth, dass das "Kontingent-System", bei dem jedes Bundesland nur eine beschränkte Anzahl an Arbeitskräften aus dem EU-Ausland beschäftigen darf, unnötige Probleme bereite. Der Markt müsse diesbezüglich "deutlich offener werden" und es solle prinzipiell "jeder Europäer bei uns arbeiten dürfen". Dass man "gute und wichtige Arbeitskräfte" aus dem arg gebeutelten Gastro-Markt in Tirol und Österreich einfach aussperre, müsse "jedenfalls schnellstens beendet werden." Geschehe das nicht, werde das, neben der bereits beschriebenen "Schere", auch noch weitere fatale Folgen für die Gastro-Landschaft in Tirol und Österreich haben, malte Parth ein düsteres Szenario an die Wand. "Ich befürchte, dass dann viele einfach aus der Branche aussteigen und sich damit die Gastronomie ganz generell ausdünnt". Es könne nämlich einfach nicht angehen, dass man als junger Gastronom "vor jeder Saison schlaflose Nächte hat, weil man keine oder nicht ausreichend Arbeitskräfte bekommt." Komme es wirklich zu einer massiven Ausdünnung und einer signifikanten "Branchenflucht", dann stehe in seinem Heimatbundesland die "Tiroler Identität" auf dem Spiel, die sich laut Parth vorrangig aus unbedingter Gastfreundschaft und kleinteiligen Gastro-Familienbetrieben speise. "Wenn immer mehr Familienbetriebe zusperren und aufhören, dann übernehmen Ketten zunehmend sowohl das Niedrigpreis- sowie das Hochpreis-Segment", so der 34-Jährige. Er selbst wolle jedenfalls trotz dieser Schreckgespenste und großen Herausforderungen "auf allerhöchstem Niveau weiterkochen". Die fünfte Haube habe ihn und sein Team in dieser Sache "euphorisiert und enorm gepusht". Anspruchsvolle Gäste aus Nah und Fern sollten sich bei ihm "einfach wohlfühlen" und einen "unbeschwerten Abend verbringen", wünschte sich Parth. Doch auch hier trübe sich die Stimmung im Moment aufgrund von diversen Krisen ein wenig ein: "Stammgäste, die früher vielleicht zehn Mal im Jahr zu uns gekommen sind, kommen jetzt vielleicht noch fünf Mal". Aber auch hier versprühte Parth schließlich, trotz dieser "ambivalenten Stimmung", Optimismus und Tatendrang: "Ich liebe meinen Job und könnte mir nichts anderes vorstellen."

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„Mir gefällt das Arbeiten mit regionalen Produkten“

Hannah Scherer ist Kochlehrling im Almfamilyhotel Scherer in Obertilliach.

4 Postings

Bergtirol1
vor 12 Monaten

Noch einmal von vorne... Der Gastronomiesektor braucht sich nicht "europäischer Aufstellen" - - wie es Herr Parth wünscht, nein es würde reichen wenn in Österreichs Hotel und Gastronomie köpfen der "Wert"erkannt wird, den ein Koch/Kellner/Service etc. auch real hat. Die Preis--Leistungsschere klafft zu oft - - zu weit auseinander. In der heutigen Zeit reicht es nunmal nicht mehr aus" Bezahlung laut kollektiv - - ueberbezahlung möglich" Jeder Euro der in das Personal investiert wird wird auch wieder ins Gasthaus reinvestiert - - früher oder später wird sich diese Investition lohnen!!!

 
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e-mission
vor 12 Monaten

wer kann sich schon jeden tag ein gasthausessen leisten.

 
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    Enrico Andreas Menozzi
    vor 12 Monaten

    Jeder Handwerker und Büro Angestellte kann sich ein Abo-Essen leisten , gibt es für 10€ inkl Getränk . Wochenende lassen sich so viele beliefern und der McDonald’s ist immer voll , da ist ja auch genug Geld vorhanden .

    Wenn er oder sie natürlich immer das aktuelle iPhone benötigt , das beste und neueste e-bike auf’n Markt , jährlich mehrere Urlaube im Ausland , geile große Neubauwohnung ( gerade paar im Angebot )und mehrere Kredite abzuzahlen , Auto über die Bedürfnisse,dann kann es passieren das er oder sie beim Wichtigsten sparen muss , sich täglich eine gute warme Mahlzeit zu leisten .

    Die Gasthäuser sind voll , Kumpel kocht beim Kirchenwirt und meint es ist viel zu tun . Wenn da im Service jemand ausfällt oder a Posten in der Küche , werds schwer . Weniger Personal ist weniger Umsatz . Immer Personalnot hat doch keiner Lust , der Wirt , die Mitarbeiter und der Gast .

     
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    multi 1
    vor 12 Monaten

    Jeden Tag muss e nicht sein aber ab und zu ins Gasthaus würde uns nicht schaden, solange sie es noch gibt. Es gibt in Osttiroler Gemeinden mehr Vereinslokale als Gasthäuser.

     
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