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Die Ötztaler Ache: Auch ohne Ableitung der Zubringerflüsse wird sich der Wasserstand in den kommenden Jahren auf Grund der steigenden Temperaturen und der Gletscherschmelze reduzieren - mit Auswirkungen auf das ganze Tal. Foto: WWF/Praxmarer

Die Ötztaler Ache: Auch ohne Ableitung der Zubringerflüsse wird sich der Wasserstand in den kommenden Jahren auf Grund der steigenden Temperaturen und der Gletscherschmelze reduzieren - mit Auswirkungen auf das ganze Tal. Foto: WWF/Praxmarer

Kraftwerksprojekt: WWF warnt vor Wasserknappheit

Laut einer neuen Studie bedroht der Ausbau des Kaunertal-Kraftwerks die Wasserversorgung im Ötztal. 

In der Diskussion zwischen dem WWF und dem Energieversorger Tiwag rund um den geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal zu einem Pumpspeicherkraftwerk legt die Naturschutzorganisation nun mit einer weiteren Studie nach

Darin wird gewarnt, dass der Kraftwerksausbau die Wasserversorgung im Ötztal bedrohe. Die Studie wurde vom WWF in Auftrag gegeben und vom Ingenieurbüro „Projekt Wasser“ umgesetzt. “Die Klimakrise führt im Ötztal zu immer trockeneren Sommern mit immer höheren Temperaturen und dadurch zu knapperen Wasserressourcen”, warnt WWF-Expertin Bettina Urbanek. Studienautor Ulrich Wild-Pelikan sprach am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz von „mannigfaltigen Problemen“, die sich durch die Kraftwerkserweiterung ergeben.

Schmelzende Gletscher

Die Gletscherflächen im Ötztal sind zwischen 1990 und 2018 um 36 Prozent geschrumpft, 2060 werden sie Prognosen zufolge gänzlich abgeschmolzen sein. „Das wird schon ohne die geplante Kraftwerksgruppe zu wesentlichen Änderungen der Abflussverhältnisse führen“, so Wild-Pelikan. Im Hochsommer macht die Eisschmelze 60 bis 70 Prozent des abfließenden Wassers aus. Fällt das Schmelzwasser weg, werden die Venter und die Gurgler Ache im Jahresschnitt künftig ein Drittel weniger Wasser führen – im Hochsommer zwei Drittel weniger. 

Grund- und Trinkwasser ebenfalls gefährdet

Mit der Ausleitung von bis zu 80 Prozent des Wassers aus den Zuflüssen der Ötztaler Ache würde das Wasser nicht nur in den Flüssen fehlen, sondern auch die Neubildung der Grundwasserreserven verringert: “Um das Wasser bei Venter und Gurgler Ache entnehmen zu können, muss die Tiwag umfangreiche Bauwerke errichten, deren Sohle mit sogenannten “Dichtschirmen” weit in den Boden bis zum Grundwasser reichen”, erklärt Wild-Pelikan.

“Damit würde auch sämtliches Grundwasser an der Wasserfassung zurückgehalten, das dann nicht mehr wie bisher die Wasserreserven im Talboden von Sölden speisen könnte", so der Studienautor. Darüber hinaus würde im Bau und im Betrieb auch das Berggrundwasser abgeleitet, das in den geplanten Überleitungsstollen zwischen Ötztal und Kaunertal eindringt und somit aus dem Ötztal abgeleitet würde. “Das entspricht der Größenordnung von 50 Prozent der derzeit bewilligten Trinkwasserentnahmen von Sölden aus”, sagt Bettina Urbanek.

80 Prozent des Wassers sollen aus der Venter und der Gurgler Ache abgeleitet werden. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Wasserführung der Flüsse, sondern auch auf das Grundwasser. Darstellung: WWF

Auswirkungen auf touristische Angebote

Im niederschlagsarmen Ötztal würde sich eine Wasserknappheit negativ auf die Bevölkerung und den Tourismus auswirken. “Der Trend der Tourismuszahlen zeigt, dass allein der private Wasserbedarf im Ötztal bis 2050 im Winter um 22 Prozent und im Sommer um 14 Prozent ansteigen wird”, erklärt Wild-Pelikan. 

Gleichzeitig seien auch der Kajaksport und der Skitourismus von den geplanten Wasserableitungen betroffen: „Es ist nicht gesichert, ob in Zukunft noch ausreichend Beschneiungswasser vorhanden sein wird, wenn künftig bereits für die private Trink- und Nutzwasser-Versorgung ergänzende Bezugsquellen erforderlich werden“, so der Studienautor. 

Land sieht keine Nutzungskonflikte

Keine Gefährdung der Trinkwasserversorgung sah man indes beim Land. "Mehr als 90 Prozent des Tiroler Trinkwassers stammen aus Quellen, nicht aus Grundwasser oder Oberflächenwasser aus Bächen oder Flüssen", erklärte der Vorstand der Abteilung Wasserwirtschaft, Markus Federspiel, gegenüber der APA. Anders als etwa in anderen Teilen Österreichs komme es damit "faktisch zu keinen Nutzungskonflikten zwischen der Trinkwasserversorgung und anderen Nutzungen". Diese Frage sei auch ein wesentlicher Teil des UVP-Verfahrens in Sachen Kaunertal, wurde betont.

Kritik an Tiwag und Landesregierung

Der WWF fordert den sofortigen Stopp des Kaunertal-Projekts durch die Landesregierung, den Schutz der Wasserressourcen im Ötztal sowie eine offene Diskussion mit allen Betroffenen über naturverträgliche Alternativen zum Projekt.

„Das ausgeleitete Ötztaler Wasser würde fast nur im Sommer Strom produzieren. Das geht mit Photovoltaik schneller, billiger, naturverträglicher und ohne Nutzungskonflikte um wertvolles Wasser", erklärt Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. “Tirol hat ohnehin erst zwei Prozent seines Potentials für Photovoltaik ausgeschöpft. Das wäre auch für die Tiwag ein zukunftsträchtiger Geschäftszweig.”

Kritik an der schwarz-roten Landesregierung äußerten auch die Tiroler Grünen und die Liste Fritz. "Eine Gefährdung der Wasserversorgung für Landwirtschaft und Menschen im Ötztal ist ein massives Bedenken", nahm Klubobmann Gebi Mair in einer Aussendung Bezug auf die am Dienstag präsentierte Studie. "Die Energiewende brauchen wir jetzt, und nicht mit einem Großkraftwerk, das vielleicht in 20 Jahren in Betrieb geht", meint Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint und fordert einen Energiemix aus Wasser-, Sonnen- und Windkraft.

Die nunmehr präsentierte Studie folgt unter anderem auf zwei Gutachten vom Jänner diesen Jahres. In diesen wird dargelegt, dass die Berghänge rund um das Kaunertal-Kraftwerk instabil seien und diese durch einen Ausbau zum Pumpspeicherkraftwerk noch instabiler werden würden. Als Grund dafür wurde eine Verstärkung der Wasserspiegelschwankungen durch den Ausbau genannt. In weiterer Folge forderte der WWF die Tiwag auf, ein damit in Verbindung stehendes Sicherheitsgutachten herauszugeben und warf dieser "Geheimniskrämerei" vor.

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2 Postings

steuerzahler
vor 10 Monaten

Ein Pumpspeicherkraftwerk sollte eigentlich mit überschüssigem Strom aus Windkraft und PV Wasser vom Inn in die höhergelegenen Speicher pumpen um damit in windstillen Zeiten und nachts Strom zu erzeugen. Das brauchen wir, wenn PV und Windkraft ausgebaut werden. Denn nur so können große Energiemengen zwischengespeichert werden. Ohne Speicher wirds nicht gehen, denn da müssten PV und Windkraftwerke im Falle einer Überproduktion abgeschaltet werden. Der Wirkungsgrad einer abgeschalteten PV oder Windturbine ist Null.

 
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wolf_C
vor 10 Monaten

Egal ob Verkehr oder Energie, überall versuchen idiotische Planungen eine Situation zu erhalten die nicht zu erhalten ist, und schaffen Arbeit für NGO's, die eigentlich durch kluge Gesetzgebung von klugen Politikern zu vermeiden wäre. So armselig!

 
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