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Rechnungshof kritisiert Nationalpark Hohe Tauern

Ein aktueller Prüfbericht empfiehlt eine Neuorganisation als GmbH. Geplante Infrastrukturprojekte werden hinterfragt.

Der Nationalpark Hohe Tauern erstreckt sich über die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol und ist der älteste Nationalpark Österreichs. Die aktuelle Organisationsform des Nationalparks ist historisch gewachsen. Aus heutiger Perspektive hat sie aber strukturelle Schwächen, stellt der Rechnungshof in seinem am 14. Juli veröffentlichten Bericht „Nationalpark Hohe Tauern“ fest. Der überprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2017 bis 2021.

Die Prüfer:innen empfehlen eine Neuorganisation des Nationalparks mit einer einheitlichen Bund- und Länder-übergreifenden Struktur und einer einheitlichen Führung. Dies könne etwa „durch die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit den drei Ländern und dem Bund als Miteigentümer erfolgen.“ Zudem weist der Rechnungshof auf eine zentrale Herausforderung für den Nationalpark hin: Die Klimakrise. Vor diesem Hintergrund seien geplante Bauvorhaben im Nationalpark zu hinterfragen.

Verwaltung sollte vereinfacht werden

Der Nationalpark Hohe Tauern ist mit 1.856 Quadratkilometern der größte Nationalpark im Alpenraum. Ein Großteil der Nationalparkflächen gehört privaten Eigentümer:innen. Der Nationalpark steht im Spannungsfeld verschiedener Schutz- und Nutzungsinteressen: Auf der einen Seite der Natur-, Arten- und Landschaftsschutz sowie der Erhalt der typischen Kulturlandschaft, zum anderen die touristische Nutzung.

Die Verwaltung und Steuerung des Nationalparks beurteilt der Rechnungshof als „komplex“. Die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol verfügen über jeweils eigene Dienststellen, die Nationalparkverwaltungen. Zusätzlich sind eigene Nationalparkfonds für die Vollziehung auf Ebene der Länder zuständig. Die Fonds haben jeweils ein entscheidungsbefugtes Organ, das Nationalparkkuratorium, und ein Gremium, das teils eine beratende Funktion hat und teils auch Beschlüsse fasst.

Der Rechnungshof Österreich fordert, dass ein „möglichst großer Teil der Nationalparkfläche frei von wirtschaftlicher Nutzung sein“ soll. Foto: EXPA/Feichter

Über Bund-Länder-übergreifende Strukturen erfolgt eine zusätzliche Abstimmung. Hinzu kommen weitere Organe, Gremien, Geschäftsstellen und Arbeitsgruppen. Der Rechnungshof kritisiert, „dass diese Strukturen eine effiziente und zielgerichtete Verwaltung und Steuerung des Nationalparks, die auch länderübergreifend abgestimmt ist, erschweren.“ Daher laute die Empfehlung, den Nationalpark neu zu organisieren.

Klimakrise als Herausforderung: Bauvorhaben sind zu hinterfragen

Der Alpenraum und damit auch der Nationalpark sind besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. Die Temperatur steigt hier schneller als in anderen Regionen. Die Folgen: Instabiler werdendes Gelände durch abschmelzende Gletscher und auftauende Permafrostböden, zunehmende Wetterextremereignisse, geänderte Lebensräume und klimatische Bedingungen für geschützte Tier- und Pflanzenarten. Wie der Nationalpark mit diesen Entwicklungen umgeht, sieht der Rechnungshof als eine der zentralen Herausforderungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.

Ein konkretes Beispiel für Wetterextremereignisse sind Hochwasser. Davon war der Obere Pinzgau im Salzburger Teil des Nationalparks Hohe Tauern stark betroffen. Das Hochwasser im Sommer 2021 überschwemmte weite Teile des Talbodens der Salzach und verursachte beträchtliche Infrastrukturschäden, etwa an der Pinzgaubahn. Nun ist beabsichtigt, Retentionsräume in den Seitentälern südlich der Salzach zu schaffen.

Die Errichtung der Rückhaltebecken an den vorgesehenen Standorten könnte laut Rechnungshof aber die Schutzgüter des Nationalparks erheblich beeinträchtigen: „Denn rund 22 Prozent des Speichervolumens der geplanten Rückhaltebecken lägen in einer besonders sensiblen Zone des Nationalparks, rund zehn Prozent sogar im streng geschützten Wildnisgebiet Sulzbachtäler. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Wassertiefe von 20 Metern stünden in den angedachten Bereichen Flächen in der Größe von vier bis zu 26 Fußballfeldern unter Wasser.“

Für deren Errichtung, aber auch für den laufenden Betrieb wären entsprechend groß dimensionierte Zufahrtsstraßen und Arbeiten mit schwerem Gerät in einem besonders geschützten Gebiet erforderlich. Der Rechnungshof empfiehlt daher, „Alternativen zu den Rückhaltebecken zu suchen, die die Schutzgüter des Nationalparks weniger stark beeinträchtigen.“

Ebenfalls kritisch sieht der Rechnungshof ein Bauvorhaben entlang des Gamsgrubenwegs an der Großglockner-Hochalpenstraße im Kärntner Teil des Nationalparks. Der Weg ist aufgrund von Steinschlag bereits mit mehreren Steinschlag-Galerien und -Tunneln gesichert. Dort wird die Errichtung einer neuen Schutzhütte geplant. „Der Neubau einer Hütte steht im Widerspruch zum Schutz der besonders sensiblen Sonderschutzgebiete, für die teilweise sogar ein Betretungsverbot gilt“, heißt es im Bericht des Rechnungshofes.

Die Basisfinanzierung der Nationalparkmanagements besteht aus Fördermitteln des Bundes und Zuwendungen der Länder. Der Bund stellt dem Nationalpark jährlich 2,56 Millionen Euro zur Verfügung. Er erhöhte die Mittel seit 2008 nicht. Die Nationalparkfonds erhalten zudem projektbezogene Fördermittel der EU und erzielen Umsatzerlöse und Sponsoringeinnahmen.

Zum 31. Dezember 2021 hatten alle drei Nationalparkfonds liquide Mittel von jeweils über einer Million Euro auf Sparbüchern oder Girokonten. Eine „umfassende, mehrjährige Finanz- und Liquiditätsplanung“ fehle laut Rechnungshof jedoch. Es wird empfohlen, eine solche einzuführen und den Mittelbedarf zumindest quartalsweise zu planen.

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3 Postings

Zuagroaster
vor 10 Monaten

Ein geradezu perfektes Beispiel, wie man ein phantastisches Projekt zu Tode verwalten kann. Dazu hat die EU noch gleichzeitug ein Vertragsverletzungsverfahren (im Artikel nicht erwähnt) gestartet, weil diese "komplexe" Struktur einer Aufgabe nämlich nicht nachkommt, für die sie eigentlich geschaffen wurde: Naturschutz! Interessant auch die Reaktion der Landespolitik in den drei Ländern: Schweigen! Ganz nach dem Motto: Diesen RH-Bericht sitzen wir auch noch aus und in 3 Monaten hat ihn ohnehin jede(r) vergessen ;-)

 
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spitzeFeder
vor 10 Monaten

Ganz deiner Meinung, Wolfgang. Perfekte Analyse in fünf Zeilen.

 
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wolfgangwien
vor 10 Monaten

Oh Schreck! Der Rechnungshof empfiehlt eine Zusammenlegung über Ländergrenzen hinweg!!!

Das werden die Länder sicher NICHT machen!!

Was ist dann mit den ganzen Posten und Pöstchen????

Und wo der Sitz der Gesellschaft??

Unmöglich zu lösen.

 
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