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Hersteller dürfen unverkaufte Kleidung nicht mehr vernichten

Greenpeace sieht in neuer EU-Richtlinie wichtigen Schritt, bemängelt aber lange Übergangsfristen und Schlupflöcher.

Größere Händler dürfen unverkaufte Kleidung in der EU künftig nicht mehr vernichten. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigen sich in der Nacht auf Dienstag zudem darauf, dass die EU-Kommission das Verbot künftig auf weitere Produkte ausweiten kann, teilten die beiden Verhandlungsseiten mit. Für kleine Unternehmen gibt es den Angaben zufolge Ausnahmen, für mittlere Unternehmen eine Übergangsfrist von sechs Jahren.
Grundsätzlich soll das Verbot zwei Jahre, nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist, angewendet werden. Parlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch offiziell zustimmen, das gilt aber als Formsache.

Wie viele Tonnen unverkaufte Kleidung pro Jahr in der EU genau vernichtet werden, ist unklar. Künftig sollen große Unternehmen jedes Jahr offenlegen müssen, wie viele unverkaufte Produkte sie aussortieren und warum. "Es wird erwartet, dass dies die Unternehmen stark davon abhalten wird, diese Praxis anzuwenden", teilte die EU-Kommission mit. Laut früheren Untersuchungen sollen etwa vier Prozent der Retouren vernichtet werden, hieß es 2019 von der Universität Bamberg.

Wie viele Tonnen unverkaufte Kleidung pro Jahr in der EU genau vernichtet werden, ist unklar. Foto: APA

Hintergrund des neuen Verbots ist ein Vorschlag der EU-Kommission aus dem März 2022 zur sogenannten Ökodesign-Verordnung. Damit sollen Produkte länger halten, sich leichter wiederverwenden, reparieren und recyceln lassen und weniger Ressourcen wie Energie und Wasser verbrauchen.
Welche konkreten weiteren Vorgaben für einzelne Produkte kommen, steht noch nicht im Detail fest. Die Vereinbarung besagt, dass die EU-Kommission rechtlich verbindliche Vorgaben erlassen kann, um Waren wie Möbel, Reifen, Waschmittel, Farben oder Chemikalien umweltfreundlicher zu machen. Aber auch zahlreiche Rohstoffe wie Eisen, Stahl oder Aluminium sollen künftig entsprechend reguliert werden. Ausnahmen sind etwa für Autos oder militärische Produkte vorgesehen.

Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne), betonte, künftig gebe es außerdem einen Reparaturindex. Mit diesem könnten Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf erkennen, wie leicht sich ein Produkt reparieren lasse.

"Ich freue mich über die Einigung in der EU zur Ökodesign-Verordnung und ganz besonders, dass darin ein Vernichtungsverbot für Textilien enthalten ist. Denn Klimaschutz ist wichtig - gerade auch in der Textilbranche", so Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einer Stellungnahme. Aktuell verursachten Überproduktion und Überkonsum von Bekleidung eine enorme Ressourcen- und Energieverschwendung. "Außerdem haben wir ein gewaltiges Aufkommen an Textilabfällen, und große Mengen unverkaufter Textilien werden vernichtet."

Die Umweltorganisation Greenpeace sieht in dem Beschluss einen wichtigen Schritt gegen Ressourcenverschwendung, bemängelte aber die langen Übergangsfristen und mögliche Schlupflöcher im noch nicht veröffentlichten Text, die den Umweltnutzen abschwächen könnten.

Die SPÖ-EU-Abgeordneten Günther Sidl und Andreas Schieder bewerten die Einigung als wichtigen Schritt sowohl für die Umwelt als auch für den Konsumentenschutz. Die Textilproduktion habe sich im Vergleich zu vor 20 Jahren mehr als verdoppelt. "Europäer:innen kaufen jedes Jahr fast 26 Kilogramm Textilien, aber werfen etwa elf Kilogramm davon wieder weg. 87 Prozent dieses Textilmülls werden verbrannt oder landen auf Deponien", räumte SPÖ-Umweltpolitiker Sidl am Dienstag in einer Aussendung ein. Schieder sieht Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher, zumal Waschmaschinen, Fernseher oder Fenster künftig nicht nur energiesparender, sondern allgemein nachhaltiger, verlässlicher und leichter zu reparieren sein sollen.

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