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Isabell Gander, ausgebildete Medien- und Grafikdesignerin, hat vor zwei Jahren einen neuen Weg eingeschlagen und ein Biologiestudium begonnen, das sie aktuell mit viel Begeisterung verfolgt. Alle Fotos: Privat

Isabell Gander, ausgebildete Medien- und Grafikdesignerin, hat vor zwei Jahren einen neuen Weg eingeschlagen und ein Biologiestudium begonnen, das sie aktuell mit viel Begeisterung verfolgt. Alle Fotos: Privat

„Man ist nie zu alt, um etwas Neues zu wagen.“

Vom Design zum Biologiestudium und „vielleicht wird es mit 50 etwas ganz anderes“: Isabell Gander im Porträt. 

Im Heimweh-Interview vor neun Jahren war die gebürtige Dölsacherin Isabell Gander gerade mit ihrer Lehre zur Medien- und Grafikdesignerin fertig. Seitdem hat sich so einiges getan, schildert die 31-Jährige schmunzelnd. 

„Ich war dann noch etwa drei Jahre in derselben Agentur tätig und bin anschließend zu jener Agentur gewechselt, bei welcher ich momentan arbeite“, erzählt sie, „derzeit bin ich dort aber nur mit zehn Stunden angestellt“. Warum? „Das ist eine längere Geschichte“, lacht Isabell. 

Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das noch zehn Jahre so weiterzumachen und wollte mit meinem Leben noch etwas anderes anfangen.

Isabell Gander

Der Wendepunkt war das Jahr 2020: „Pandemiebedingt war ich damals quasi ausschließlich im Homeoffice tätig. Etwas, das eigentlich gut für mich gepasst hat. Aber dann hat sich irgendwann der Gedanke eingeschlichen, dass es das mit meinem Werdegang noch nicht gewesen sein kann“, erinnert sich Isabell zurück. Den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen und ständig unter Zeitdruck kreativ sein zu müssen, sei auf Dauer energieraubend: „Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das noch zehn Jahre so weiterzumachen und wollte mit meinem Leben noch etwas anderes anfangen.“ 

Aus dem vielfältigen Angebot an Studiengängen in Graz fiel ihre Wahl auf ein Biologiestudium. „Nur fehlte mir als Voraussetzung leider die Matura“, schildert sie. Mit dem festen Ziel, ihren Plan in die Praxis umzusetzen, reduzierte Isabell die Stunden in der Agentur um die Hälfte und absolvierte innerhalb eines Jahres die Abendmatura. „Das war eine superspaßige Zeit und ich hab´ gesehen, wie einfach Lernen sein kann, wenn man etwas unbedingt möchte.“

Wenn sie ihrem jüngeren Ich einen Tipp geben könnte, würde sie sich selbst raten, unbedingt die Matura während der Lehrzeit zu machen: „Dann absolviert man pro Lehrjahr einen Kurs und man muss die Module nicht selbst bezahlen. Wenn man dann nach der Lehre vier Jahre arbeitet, bekommt man für´s Studium das Selbsterhalterstipendium“, zeigt sie sich begeistert. Gleichzeitig weiß sie auch, dass sie damals einfach nicht mehr zur Schule gehen wollte, „und vielleicht hätte es zu diesem Zeitpunkt für mich auch einfach nicht gepasst.“ 

2022 schrieb sie sich dann endgültig für das Biologiestudium ein. Die Umstellung vom Arbeits- ins Studentenleben fiel ihr leicht: „Das klassische Studentenleben mit dem ständigen Ausgehen brauche ich nicht mehr, das habe ich während meiner Lehrzeit mitgemacht. Aber ich finde es toll, neue Sachen zu lernen, mir selbst Gedanken zu verschiedenen Themen zu machen und gleichzeitig von dem Druck befreit zu sein, immer etwas Kreatives entwickeln zu müssen.“ 

In welche Richtung es nach dem Studium weitergeht, sei schwer zu sagen. Das Biologiestudium biete eine Grundlage, um sich in einem Bereich zu vertiefen, müsse man aber im Anschluss einen Master absolvieren. Das Masterstudium steht auf jedem Fall auf dem Plan der Wahl-Grazerin, die Richtung ist allerdings offen: „Ich liebe das Mikroskopieren, da könnte ich stundenlang Insekten anschauen“, lacht sie. Im letzten Semester habe sie aber mit genau so viel Faszination ein Herbarium zusammengestellt und auch ein Seminar über Pilze weckte in diesem Halbjahr ihr Interesse. 

„Cool wäre auch, Biologie und Illustration irgendwann zu verbinden, aber mal schauen, ob das gelingt“, schmunzelt sie. Generell mache sie sich keine großen Pläne, „da ist man dann eher enttäuscht, wenn es dann nicht so kommt, wie man es sich vorgestellt hat.“ Viele Entwicklungen ließen sich eben nicht voraussagen: „Man braucht sich ja nur die Arbeitswelt von Medien- und Grafikdesignern anschauen. Vor fünf Jahren hat noch niemand KI verwendet, jetzt kann es sein, dass es die Branche in fünf Jahren gar nicht mehr braucht, weil Texte, Bilder und Grafiken mit einigen Prompts generiert werden können.“ 

Einen Ausgleich zum kombinierten Studien- und Berufsleben findet Isabell beim gemütlichen Kaffeetrinken mit Freund:innen oder draußen im Grünen: „In Graz ist ja eh alles grün, es gibt viele Parks und ich wohne nur fünf Minuten zu Fuß vom Leechwald entfernt.“ In der steirischen Hauptstadt alt zu werden kann sie sich – anders als beim Interview vor neun Jahren ­­– inzwischen gut vorstellen. „Graz als Großstadt zu bezeichnen ist ja eh überzogen, aber wenn man frisch von Dölsach hierherzieht, kann es einem schon so vorkommen“, lacht sie. 

In Osttirol trifft man Isabell eher selten an, ‚daheim‘ sei für sie schon eher Graz. „Ich fahre trotzdem immer sehr gern nach Osttirol. Es ist auf jeden Fall ein besonderer Ort und irgendwie kommt es mir vor, als liefe die Zeit dort langsamer“, schmunzelt sie. 

Im Sommer findet man sie auf hoher See. Ihr Freund hat vor drei Jahren den Segelschein absolviert und Isabell ist gerade dabei, sich Knotenkunde, Wind- und Wetter-Wissen sowie Segelmanöver und weitere wichtige Aspekte des Sports in einem Segelschein-Kurs anzueignen, um nicht nur als Passagierin, sondern auch als Skipperin an Bord sein zu können. „Ich werde zwar wahnsinnig schnell seekrank, hab´ aber inzwischen die passenden Reisetabletten gefunden. Segeln ist einfach extrem schön und ich möchte es nicht aufgeben, nur weil mir schlecht wird.“  

Dieser eine genau vorgegebene Weg, der passt nicht zu jedem – oder passt der überhaupt zu jemandem?

Isabell Gander

Von äußeren Umständen lässt sich Isabell eben nur sehr ungern einschränken. „Dieser eine genau vorgegebene Weg, der passt nicht zu jedem – oder passt der überhaupt zu jemandem?“, fragt sie lachend. „Man ist nie zu alt, etwas Neues zu lernen und wenn ich im Alter von 50 Jahren draufkomme, dass ich nochmal eine Lehre machen möchte, dann warum nicht?“ 


Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?

Anna Maria Huber unterrichtet an der International School in Innsbruck und schreibt nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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2 Postings

sonnenstadtlienz
vor 5 Monaten

Tolles Portrait und eine sehr interessante und liebenswerte Persönlichkeit! Ich mag Menschen, die ihren Weg konsequent gehen und sich nicht in Schablonen pressen lassen. Weiter so Isabell und alles Gute für den weiteren Weg!!

 
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isnitwahr
vor 5 Monaten

eine wirklich tolle Sache, vorausgesetzt man kann sich das auch finanziell leisten. Ich habe Gott sei Dank schon sehr früh den Beruf gefunden, der mich seit über 40 Jahren ausfüllt und der mir auch heute noch große Freude bereitet, obwohl ich in wenigen Monaten in Pension gehe. ich habe mich in meinem Beruf seit meinem Abschluß immer fortgebildet, anders hätte ich es nie gewollt und anders hätte es auch mein Arbeitgeber nicht zugelassen. Ich wünsche Frau Gander viel Erfolg bei ihrem Studium.

 
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