Fichtennadelblasenrost – was klingt wie ein Zungenbrecher, ist in Wirklichkeit eine Pilzerkrankung, die immer mehr heimische Fichtenwälder bedroht. Doch einige Fichten scheinen resistent zu sein. Ein Innsbrucker Forschungsteam hat nun entdeckt, woran das liegt: Eine gutartige Pilzart schützt den Baum, indem sie das Wachstum des Nadelrostpilzes hemmt. Gelingt es, weitere Fungizide zu identifizieren, könnten Fichtenwälder biologisch und nachhaltig vor dem Befall mit Nadelblasenrost geschützt werden.

Nicht nur in warmen Wohnzimmern begegnet man in der aktuellen Weihnachtszeit trockenen bzw. braunen Fichtennadeln, sondern auch in der freien Natur: Die Gewöhnliche Fichte ist die in Österreich am häufigsten vorkommende Baumart, doch der menschengemachte Klimawandel setzt die Fichtenwälder unter Druck: Wärmere Temperaturen und damit in Verbindung stehender Trockenstress machen die Fichten zu willkommenen Wirtsbäumen für Schädlinge und pflanzliche Krankheitserreger. Immer häufiger sind Fichtenwälder von Fichtennadelblasenrost betroffen. Die Pilzerkrankung zeigt sich in rostig verfärbten Nadeln und schadet der Vitalität von ausgewachsenen Bäumen. In jungen Beständen kann die Krankheit sogar zum Absterben einzelner Bäume führen.
Im Rahmen eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierten Projekts geht ein Innsbrucker Forschungsteam am Institut für Pharmazie rund um den Chemiker Mostafa Alilou nun der Frage nach, wie Fichten auf natürliche und nachhaltige Weise vor dem Pilzbefall geschützt werden können.

Beim Fichtennadelblasenrost handelt es sich um einen Erreger, der seinen Lebenszyklus nicht auf einem einzigen Wirt abschließen kann, sondern mindestens zwei Wirte benötigt: Er „überwintert“ auf den Blättern der Alpenrose und infiziert gegen Ende des Frühlings bzw. im Frühsommer die jungen – also diesjährigen – Fichtennadeln. Im Spätsommer befallen die auf den erkrankten Fichtennadeln produzierten Pilzsporen wieder die Pflanzen der Alpenrose und schließen den Lebenszyklus ab.
Manche Fichten bleiben gesund
„In Fichtenwäldern lässt sich jedoch ein interessantes Muster feststellen“, betont Projektleiter Mostafa Alilou. „Einige Bäume bleiben völlig gesund, auch, wenn sie direkt neben stark befallenen Nachbarbäumen wachsen.“ Im Rahmen des Projekts „EndRust“ testet das Forschungsteam nun eine vielversprechende Hypothese: In den Nadeln, Ästen und Stämmen der gesunden Bäume fanden sie „freundliche“, symbiotische Mikroorganismen – endophytische Pilze –, welche die natürliche Widerstandsfähigkeit der Fichte gegen die Rostkrankheit stärken.
„Aus einer dieser rostresistenten Fichten in den Tiroler Alpen haben wir mehrere endophytische Pilze aus den Nadeln isoliert“, schildert Alilou. Bei einer anschließenden Kultivierung der Endophyten auf Reis bzw. Müsli, produzierten diese Pilze antimykotische Verbindungen: „Antimykotische Mittel sind in der Lage, Pilzinfektionen zu bekämpfen, indem sie das Wachstum von bestimmten Pilzarten hemmen“, erklärt Alilou. Im Labor verhinderten die neu entdeckten Mikroorganismen unter anderem das Wachstum von Grauschimmel, der in den Experimenten als Testerreger eingesetzt wurde.

Die Antimykotika wurden anschließend mithilfe verschiedener Analysemethoden isoliert und charakterisiert. Nun skaliert das Projektteam die bioaktiven Substanzen für Umweltstudien an Fichtenkeimlingen, um ihre Fähigkeit zur Unterdrückung von Rostinfektionen zu bewerten. Langfristiges Ziel des Forschungsteams ist es, weitere natürliche Fungizide zu finden und damit die Entwicklung biologischer und nachhaltiger Bekämpfungsstrategien voranzutreiben. In Zukunft könnten ausgewählte natürliche Pilzarten in Bäume eingeführt werden, um Fichtenwälder vor einem Befall mit Nadelblasenrost zu schützen und die Bäume für kommende Generationen zu erhalten.
Keine Postings
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren