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Schiffmann: Nach 18 Jahren sind die Jungen dran

Silians Bürgermeister spricht über Kandidatur, Miteinand, Flüchtlings- und Aufstiegshilfen.

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"So sich jemand findet, werde ich nicht mehr antreten." Ob sich jemand gefunden hat, wird man am 5. Februar wissen. Fotos: Dolomitenstadt/Egger
Am 16. Dezember ist der erste Tag, an dem Wahlvorschläge für die Gemeinderatswahlen im März 2016 eingebracht werden können. Wird Ihr Name wieder auf der Kandidatenliste stehen? Wir von der Gemeinschaftsliste werden die Zeit bis zum 5. Februar, dem letzten Tag der Abgabemöglichkeit, nutzen, um Kandidaten zu finden und uns intern abzustimmen. So sich jemand findet, der für den Bürgermeisterposten kandidiert, werde ich nicht mehr antreten, was ja auch schon vor sechs Jahren in unserer Gruppe so abgesprochen war. Nach 18 Jahren im Amt können und sollen auch Jüngere mit neuen Ideen und Sichtweisen Gelegenheit haben, zu gestalten. Ist davon auszugehen, dass die gleichen Gruppierungen wie 2010 in Sillian antreten? Das wird sich wahrscheinlich erst im Jänner herauskristallisieren und wie in der Vergangenheit eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Ich glaube, dass vielleicht noch mehr Gruppen zur Wahl stehen werden. Ich gehe davon aus, dass außer dem Team Sillian die Freiheitlichen antreten, und vielleicht noch die eine oder andere Namensliste. Vor dem 5. Februar wird aber noch keine Einreichung stattfinden, und erst danach wissen wir, wer wirklich kandidiert. Der Gestaltungsraum für Bürgermeister in Osttirol ist durch die begrenzten finanziellen Mittel kaum gegeben, was für einen Bürgermeister nicht wirklich attraktiv ist. Osttiroler Gemeinden sind durch die Bank finanzschwach. Die wenigen Einnahmen, die Gemeinden haben, gehen sofort wieder für Infrastrukturen raus und besonders die Sozialausgaben steigen. Die wenigsten wissen, wie viele Finanzierungen über die Gemeinden laufen, angefangen vom Bezirkskrankenhaus über Berufsschulen bis hin zu Wohnbeihilfen. Gestalterische Spielräume sind kaum noch vorhanden und größere Projekte sind ohne Landesmittel nicht umsetzbar. Wie wären Gemeindezusammenlegungen in diesem Licht zu betrachten? Von Gemeindezusammenlegungen halte ich wenig, auch unter Betrachtung der gewonnenen Einsparungspotenziale. Osttirols 33 Gemeinden haben schon sehr früh, auch aufgrund der besonderen geographischen Lage, viele Gemeindeverbände wie Abwasserverbände oder den in Tirol einzigartigen Bausachverständigenverband gegründet, wodurch schon viel eingespart werden konnte. An den freiwilligen Feuerwehren in Ortsteilen wie Arnbach in Sillian oder Tessenberg in der Nachbargemeinde Heinfels sieht man, wie trotz Zusammenschlüssen Strukturen weiter bestehen, die wichtig sind. Gemeindefusionen betrachte ich eher als gesellschaftlichen Zündstoff.
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"Wir haben bei uns Bürger, die bei weitem schlechter wohnen als mancher Flüchtling", meint der Bürgermeister von Sillian.
Anderen gesellschaftlichen Zündstoff stellt die Handhabung der Flüchtlingsunterbringung dar. Dem Planungsverband, dem Sie vorstehen, wird unter anderem vorgeworfen, noch niemanden untergebracht zu haben. Die Vorwürfe, die meist medial transportiert werden, weise ich zurück. Natürlich haben wir uns intensiv und mehrfach mit der Problematik befasst. Zum einen haben wir bei uns Bürger, die bei weitem schlechter wohnen als mancher Flüchtling. Zum anderen haben wir kein Angebot von privater Seite und die Gemeinden selbst verfügen über keine Unterbringungsmöglichkeiten. Sobald dementsprechende Angebote wie freistehende Wohnräume kommen, oder stillgelegte Gasthöfe wie in Virgen, dann kann man was tun. Nur wir haben schlicht keine Angebote. Zur Zusammenarbeit mit dem Freiwilligenzentrum, die dementsprechende Konzepte zur Beschäftigung von Flüchtlingen erarbeitet haben, sind die Gemeinden sehr aufgeschlossen. Wird eine andere Form von Freiwilligenarbeit, die mit der Aktion „Miteinand“ geleistet wurde, nach dem Auslaufen der Landesförderung fortgesetzt werden? Wir versuchen gerade mithilfe einer Schweizer Stiftung die Finanzierung für die Fortsetzung der Aktion zu gewinnen. Es haben sich bei "Miteinand" Menschen motivieren lassen, die sonst nicht in Erscheinung getreten wären. Auf jeden Fall wollen wir diese Arbeit fortsetzen, weil sie extrem wertvoll für den Ort war. Auffällig war, dass bei "Miteinand" vor allem Frauen aktiv waren. Betrachtet man den Sillianer Gemeinderat, so sind dort nur drei der fünfzehn Mitglieder Frauen. Wird Ihre Liste versuchen, mehr Frauen zu nominieren als in der Vergangenheit? Ich bin sehr dafür. Es ist oft sehr schwer, Frauen für die politische Arbeit zu motivieren. Selbst beim RMO, für dessen EU-Förderung eine gewisse Frauenquote vorgeschrieben ist, war dies nicht leicht umzusetzen. Für die politische Arbeit wären Frauen wichtig, weil sie auch eine andere Sichtweise mitbringen, die für uns wichtig wäre. Aber schlussendlich liegt es an den einzelnen Personen, ob sie mitmachen wollen oder nicht.
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"Meine Prämisse bei Antritt des Amtes war nicht Denkmalsetzung."
Das Projekt der Skischaukel Sexten-Sillian scheint zumindest auf der Basis von Gesprächen Fortschritte zu machen. Für die Verwirklichung des Projektes galt eine Umfahrung Sillians als Grundvoraussetzung. Kommt das eine, kommt das andere? Vor gut einem Jahr saßen Franz Kraler, Heinz Schultz und ich zusammen und es gelang dabei, Heinz Schultz von dem Projekt zu überzeugen. Seitdem wird intensiv an einer Planung gearbeitet, um Rahmenbedingungen für die Umsetzung zu schaffen. Dafür wird es dann auch die Südtiroler Seite brauchen. Eine Umfahrung wird nach dem momentanen Planungsstand keine Voraussetzung mehr darstellen, da die Talstation in der Nähe der schon bestehenden Talstation liegen soll. Insgesamt gilt es aber nicht nur, Infrastrukturen wie Bergbahnen zu schaffen, sondern auch intelligente Verkehrssysteme und dementsprechende Bettenkapazitäten. Um noch einmal auf eine mögliche Kandidatur zurück zu kommen: Wollen Sie im Fall einer Umsetzung des Projekts nicht als Bürgermeister den Lift eröffnen? Wie beim Thurntaler hätte auch dieses Projekt viele Väter. Meine Prämisse bei Antritt des Amtes war nicht Denkmalsetzung, sondern etwas für die Region zu bewegen, was mir, so glaube ich, gelungen ist, wenn auch nicht in jedem Fall. Kritik hat es immer gegeben, weil natürlich auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen waren. Aber wenn das Projekt umgesetzt wird, dann freue ich mich darauf, daran teilhaben zu dürfen. Dafür muss ich es nicht eröffnen.

Gemeinderatswahlen 2016 Osttirol

Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

2 Postings

hubert
vor 8 Jahren

@skepsis: Die Idee findet ich sehr gut, eine Volksbefragung in den kleinen Gemeinden abzuhalten, ob für sie eine Zusammenlegung mit einer anderen kleinen oder auch größeren Nachbargemeinde in Frage käme. Nicht jede noch so kleine Gemeinde braucht ein eigenes Gemeindehaus, einen Gemeinderat und einen Bürgermeister, eine Bürgermeisterin. Das Ortsbild von Amlach ist durch die neue Siedlung, die „blaue Lagune“ sicherlich nicht zerstört, jeder darf bauen, wie er möchte: ist ja nicht im Dorfkern und am Rande einer Ortschaft einen etwas freieren Baustil zuzulassen, ist wohl keine Verschandelung des Ortsbildes. Wenn in Leisach mit einem doch schon etwas älteren Bürgermeister nicht mehr so der Schwung für Neues vorhanden ist, wundert mich das nicht. Aber die Bevölkerung hat ihn gewählt und da ist wohl nichts Besseres zur Wahl gestanden. Kann ja jetzt ein neuer Kandidat, eine neue Kandidatin es wieder besser machen. Es allen Recht machen, ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit.

 
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skepsis
vor 8 Jahren

Ich finde es auf der einen Seite schade, dass Herr Schiffmann gehen will, da er doch viel verändert hat in Sillian. Er ist ein Bürgermeister, bei dem auch was weiterging, soweit er die Unterstützung von seinen Bürgern hatte. Auf der anderen Seite finde ich es stark von ihm, dass er den Weg für neue und jüngere Ideen frei gibt und somit sein Amt zur Verfügung stellt. Und nach 18 Jahren ist das wohl der richtige Weg. Seine Zeit war gut, jetzt ist Zeit für etwas Neues.

Vielleicht sollten gewisse andere Laaaaaaaaangzeitbürgermeister auch mal darüber nachdenken, dass es Zeit ist zu gehen und nicht mit aller Gewalt an der Macht picken bleiben zu wollen, da sie glauben, nur sie wüßten, wie es läuft. Drei Perioden sollten grundsätzlich genug sein und man muss das Amt dann wieder abgeben, damit frischer Wind durch die Gemeindestube blasen kann und alte, verkrustete Strukturen damit aufgebrochen werden können um neuen Ideen Platz zu machen.

Ein Problem dabei kann natürlich das fehlende Interesse an Politik und somit das Finden von geeigneten Bürgermeisterkandidaten sein. Da ja zudem die Verantwortung immer größer wird und praktisch keine Gemeinde ohne Jurist oder Bausachverständigem mehr auskommt, wäre meine Meinung im Gegensatz zu Herrn Schiffmann oder natürlich auch Landeshauptmann Platter, dass man schon darüber nachdenken darf, dass Gemeinden zusammen gelegt werden können. Vorallem wenn es sogar der Wille von Bürgern ist, wie es ja z.B. in Nordtirol vereinzelte Bsp. gibt.

Schon während des 2. Weltkrieges wurden Gemeinden zusammen gelegt. Und die meisten dieser Zusammenlegungen wurden nachher auch nicht mehr rückgeführt. Heute könnte sich wohl niemand mehr vorstellen, dass z.B. Gwabl, Alkus und Ainet nicht eine Gemeinde wären. Warum also nicht als Bsp. auch St. Johann i. W. noch dazugeben, dort passiert ja praktisch eh nichts mehr. Die Mitarbeiter würde man wohl weiterhin brauchen, nur man könnte sich ein Gemeindeamt samt Gemeinderat und Bürgermeister sparen. Feuerwehren und ähnliche Vereine sollten natürlich erhalten bleiben, denn solche Standorte braucht man in vielen Weilern, um schnell vor Ort zu sein. Doch ob ein Bürger mit dem Auto dann von Oberleibnig nach Ainet muss, ist auch schon egal, man fährt ja zum Einkaufen auch nach Lienz oder Matrei oder die Unterpeischlacher nach Kals sowie die Hubener nach Matrei. An der Entfernung kanns also nicht liegen, dass man Gemeinden unbedingt erhalten muss.

Auch bei den Umlandgemeinden im Lienzer Talboden wird es immer schwieriger, geeignete Bürgermeister zu finden. Leisach und Amlach suchen offenbar neue Kandidaten. Wenn man so hört, wie es z.B. in Leisach zugeht, na dann wäre es wohl wirklich besser, die Geschäfte an die Stadt Lienz zu übergeben. Vielleicht käme dann wieder mal Ruhe in die Dorfgemeinschaft. Und das Buhlen um neue Gemeindebürger hätte auch ein Ende, denn dann wäre es egal, wo wer wohnt und es müßte nicht mit Gewalt versucht werden Häuselbauer anzulocken und dadurch ein Ortsbild wie in Amlach durch die neue "blaue Lagune" am Ortseingang total zu zerstören.

Auch Heinfels wäre so ein Beispiel. Dieser Ort ist ja längst mit Sillian zusammengewachsen, wozu also wieder einen eher unfähigen Bürgermeister aufstellen, wenn das Sillian sicher genauso gut erledigen könnte. Mit Arnbach und Sillianberg funktioniert dies ja ebenfalls und das waren auch mal eigenständige Gemeinden.

Nun denn, die Steiermark wirds beweisen, dass Gemeindefusionen funktionieren können. Und es wird auch in Tirol die Zeit kommen, dass man darüber nachdenkt, sinnvolle Zusammenlegungen von kleinen Gemeinden zu genehmigen, denn sie können sich ja jetzt schon nicht mehr ohne Landesmitteln erhalten. Was soll also dieser Unsinn, jede Minigemeinde braucht seinen Gemeinderat, dieses Denken ist doch schon lange überholt.

 
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