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Unbekannte Art: Schmetterling als Doppelgänger

Der neu entdeckte "Scopoli´s Langhornfalter" fliegt auch in Osttirol.

Vielleicht weil Biodiversität in unseren Tagen ein so großes Thema ist und immer mehr Arten von unserem Globus verschwinden, freut sich nicht nur die internationale Biologen-Community über die Entdeckung eines neuen Schmetterlings, die einem österreichisch-finnischem Forscherteam durch den Einsatz modernster genetischer Methoden gelang. Diese Methoden waren auch nötig, denn der Schmetterling lebte quasi unter falschem Namen schon seit 200 Jahren in unseren Breiten. Alle hielten ihn für den De Geer´s Langhornfalter, der seit 1758 eigentlich als unverwechselbar gilt. Nun steht aber fest, dass es diese Art in weiten Teilen Mitteleuropas gar nicht gibt. Stattdessen flattert seit jeher ein äußerst ähnlicher Doppelgänger vor unseren Augen und das auch in Osttirol. Jetzt flog die Verwechslung sozusagen auf und die Spezies hat ihren eigenen Namen bekommen: Scopoli´s Langhornfalter. Er fliegt in Österreich, aber auch in Italien und Süddeutschland. Nachgewiesen wurde die Art beispielsweise in Nörsach in Osttirol, in Innsbruck und im Großraum Bozen.
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So sieht das Weibchen der neuen Art aus, die Scopoli´s Langhornfalter getauft wurde.
Der bisher namenlose Schmetterling wurde nach dem berühmten Alttiroler Naturforscher Johann Anton Scopoli (1723-1788) benannt. Mit der Veröffentlichung seiner Entdeckung in der renommierten Fachzeitschrift Systematic Entomology unter dem wissenschaftlichen Namen Nemophora scopolii ist die Sache amtlich. Geradezu kriminologisch mutet die biogenetische Entdeckungsgeschichte an. Peter Huemer, Kustos der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Tiroler Landesmuseen, spricht von gleich mehreren glücklichen Umständen: „Aufgrund umfassender Bestrebungen zur genetischen Erfassung der Fauna Tirols und Südtirols sowie Finnlands lagen erstmals genetische Fingerprints für diese Art sowie ihren nördlichen Doppelgänger vor.“
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Und hier das passende Männchen dazu. Fotos: TLM Peter Buchner
Analysiert wird dabei die Abfolge der Basenpaare als Kennzeichen für eine Art ähnlich wie bei einem Strichcode auf Produktverpackungen. Diese arttypischen Sequenzen werden in Fachkreisen auch als DNA-Barcodes (Strichcodes) bezeichnet. „Der Vergleich dieser genetischen Daten über die globale Datenbank BOLD gab starke Hinweise auf eine mögliche versteckte Artenvielfalt. In einem weiteren Schritt wurden neueste molekulare Methoden, die das gesamte Genom berücksichtigen, eingesetzt“, so Huemer. Wer jetzt Lust bekommen hat, selbst nach genetischen Fingerabdrücken zu suchen, kann diese Datenbank übrigens befragen, unter www.boldsystems.org. Erst im September haben wir über eine weitere Entdeckung aus dem Reich der zarten Flieger berichtet. Im „Lavanter Forchach“ wurde ein bisher unentdeckter Kleinschmetterling gesichtet.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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