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Kein Lohn bei Straßensperre auf dem Weg zur Arbeit?

Nach dem Unwetter in Osttirol sehen WK und AK das Thema Entgeltfortzahlung unterschiedlich.

Die heftigsten Niederschläge und damit einhergehend die massivsten Verkehrsbehinderungen in Osttirol konzentrierten sich zwar auf das vergangene Wochenende, aber bereits am Donnerstag und Freitag gab es erste Straßensperren und bis heute, Dienstag, sind manche Dörfer noch von der Umwelt abgeschnitten. Damit stellt sich für viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine Frage: „Bekomme ich auch dann den vollen Lohn, wenn ich ohne eigenes Verschulden, etwa aufgrund einer Straßensperre, nicht an meinem Arbeitsplatz erscheinen konnte?“ Die Antwort ist nicht unstrittig. Sowohl die Arbeiterkammer als auch die Wirtschaftskammer melden sich dazu per Presseaussendung zu Wort und vertreten durchaus unterschiedliche Standpunkte.

Die Arbeiterkammer geht davon aus, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf volle Bezahlung hat. Wörtlich: „Wer wetterbedingt nicht oder zu spät am Arbeitsplatz erscheint, muss keinen Urlaubstag nehmen und sich auch keinen Zeitausgleich verrechnen lassen.“ Allerdings gilt, dass man wirklich alle zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen muss, um zur Arbeit zu kommen. Ein eingeschneiter Parkplatz reicht nicht als Entschuldigung, auch längere Wegzeiten muss der Arbeitnehmer einkalkulieren.

Arbeitnehmer müssen auch bei Verkehrsbehinderungen durch Unwetter alle zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen, um zur Arbeit zu kommen. Foto: Expa/Groder

Die AK beruft sich auf höchstrichterliche Entscheidungen: „Der Oberste Gerichtshof hat bislang selbst bei außergewöhnlichen, ein großes Gebiet betreffenden Schneefällen mit behördlich verhängten überregionalen Straßensperren eine Entgeltfortzahlungspflicht der Arbeitgeber bejaht. Die rechtliche Grenzziehung zu einem, die Entgeltfortzahlungspflicht beschränkenden Natur-Großereignis kann zwar nicht genau gezogen werden, es ist aber aufgrund der bisherigen Rechtsprechung davon auszugehen, dass auch in diesem Fall ein Anspruch auf Entgeltzahlung besteht.“

Die Wirtschaftskammer sieht das anders. Ob ein Arbeitgeber zahlen muss oder nicht, hänge davon ab, ob ein Unwetter ein elementares und überregionales Natur-Großereignis sei oder nicht. „Überregional“ war die Katastrophensituation aus Sicht der Wirtschaftskammer vier Tage lang, nämlich von Samstag 16. bis Dienstag 19. November. Zumindest in dieser Zeit waren auch Regionen außerhalb Osttirols stark betroffen und die Gesamtsituation daher nicht nur auf den Bezirk zu beziehen. In diesem Zeitraum sehen sich die Unternehmen nicht in der Verantwortung, Löhne auch für die Ausfalltage zu bezahlen. Allerdings wird an Vernunft und Augenmaß appelliert. Im Juristenjargon liest sich das so:

„Aktuell gehen wir in den stark betroffenen Regionen – insbesondere für Gesamt-Osttirol - von einem die Allgemeinheit betreffenden überregionalen Elementarereignis aus. Dies hat zur Folge, dass die Judikatur in einer solchen Situation von der neutralen Sphäre spricht, und Arbeitnehmer daher keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben. Wir empfehlen, im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern, Regelungen zu treffen und gegebenenfalls Urlaubs- oder Zeitausgleichsvereinbarungen zu schließen. In strittigen Fällen wird eine vernünftige Einigung angebracht sein,“ erklären die Rechtsexperten der Unternehmervertretung.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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