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NAGO-Vogelexperte Matthias Gattermayr freut sich: „Die Beobachtung einer derart imposanten und sehr seltenen Eule stellt definitiv eine Besonderheit dar.“ Fotos: Christian Ragger

NAGO-Vogelexperte Matthias Gattermayr freut sich: „Die Beobachtung einer derart imposanten und sehr seltenen Eule stellt definitiv eine Besonderheit dar.“ Fotos: Christian Ragger

Tierischer Besuch: Habichtskauz in Osttirol

Sehr seltene – vom Aussterben bedrohte – Eulenart wurde in Lienz gesichtet.

Ein äußerst seltener Gast hat es sich vergangene Woche in Lienz gemütlich gemacht. Auf einem Baum in der Nähe der neuen Draubrücke im Süden des Bahnhofsareals wurde am 27. November ein Habichtskauz gesichtet. Dolomitenstadt-Leser Alex Müller vom Verein ProRing Osttirol Vogelschutz & Monitoring hat uns Bilder und ein Video vom Habichtskauz zugesandt. Er berichtete zudem von einem zweiten Tier, das jedoch tot am Areal der Lienzer Feuerwehr gefunden wurde. Auch der Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft Osttirol – kurz NAGO – blieb der tierische Besuch nicht verborgen. Wie Vogelexperte Matthias Gattermayr informiert, brütet der Habichtskauz (Strix uralensis) in Österreich dank eines aktuellen Wiederansiedelungsprojekts hauptsächlich in Niederösterreich. In Kärnten gebe es einzelne, unregelmäßige Bruten. „Er ist kein Brutvogel Tirols sondern ein sehr seltener Gast und Durchzügler. Brutnachweise liegen aus Tirol bzw. Osttirol nicht vor. Die Beobachtung einer derart imposanten und sehr seltenen Eule stellt definitiv eine Besonderheit dar“, erklärt Gattermayr. Christian Ragger hat das Tier tagsüber während seiner „Ruhephase“ gefilmt: Der erste Besuch eines Habichtskauz in Osttirol ist der jüngste Fall jedoch nicht. „Der letzte Nachweis eines Habichtskauz ist mit März 2015 datiert – hier wurde ein Individuum in Gaimberg nachgewiesen. Ein paar Jahre zuvor gab es auch eine Beobachtung mit Fotodokumentation am Tristacher See“, so Gattermayr. Das Tier sieht dem bei uns häufigen und weit verbreiteten Waldkauz ähnlich, ist aber heller, hat einen ausgeprägten Gesichtsschleier und ist zudem deutlich größer. Sein Hauptverbreitungsgebiet liegt laut NAGO in der nördlichen Nadelwaldzone (Nordosteuropa bis Japan). Die aus Osttiroler Sicht nächstgelegene Population befindet sich in Slowenien, wobei sich diese in den letzten Jahren in Richtung Westen nach Italien (Friaul-Julisch-Venetien) ausgebreitet hat. Dort haben die Bestände dann zugenommen. „Im Winterhalbjahr finden sogenannte Dispersionswanderungen statt, in der Jungtiere bis zu 400 Kilometer weit fliegen, um neue Reviere bzw. Partner zu finden. Es dürfte sich damit auch bei den beiden in Osttirol nachgewiesenen Tieren vermutlich um herumfliegende Jungtiere handeln“, so Gattermayr. Da Eulen nachtaktiv sind und tagsüber schlafen, erwecken sie aufgrund ihrer Größe vor allem in Siedlungsnähe starke Aufmerksamkeit von Rabenvögeln und werden von diesen intensiv attackiert. „Das war auch bei dem Individuum in Lienz sehr gut zu beobachten“, erklärt der Vogelexperte.
Ist ein Rabe in der Nähe, hockt der Habichtskauz weniger entspannt auf seinem Ast.
Der Habichtskauz ernährt sich vorwiegend von Mäusen, die er dank seiner kräftigen Beine auch noch unter einer Schneedecke von bis zu 30 Zentimetern erbeuten kann. Nach dem Uhu ist der Habichtskauz in Österreich die zweitgrößte Eulenart mit einer Flügelspannweite von bis zu 125 Zentimetern. Die Weibchen werden etwas größer als ihre männlichen Artgenossen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war der Habichtskauz in Österreichs Wäldern noch heimisch. Mittlerweile wird die Art in der roten Liste Österreichs als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Laut Alex Müller zerstöre die intensive Waldbewirtschaftung (Monokultur) den Lebensraum des Tieres. Vom verendeten Habichtskauz wurde eine DNA-Probe an ein Labor gesandt, die bald Gewissheit über die genaue Herkunft bringen wird. Nun gelte es laut Gattermayr zu beobachten, ob bei anhaltender Westexpansion – insbesondere der italienischen Population – auch eine Besiedelung Osttirols eintreten wird. Geeignete Lebensräume wären laut NAGO vorhanden.
Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

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