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Fischsterben: Bleiben auch die Angelgäste aus?

WWF sieht „dramatische Entwicklung“ bei Wanderfischen. Osttiroler Hoteliers geben sich entspannt.

Der in dieser Woche veröffentlichte erste globale Zustandsbericht über die wandernden Süßwasser-Fischarten zeigt eine dramatische Entwicklung der Artenvielfalt in Fluss-Ökosystemen. Laut der gemeinsamen Studie der World Fish Migration Foundation, der Zoological Society of London, der Weltnaturschutzunion IUCN, The Nature Conservancy und dem World Wide Fund for Nature (WWF) sind die Bestände von Wanderfischen seit 1970 im globalen Schnitt um 76 Prozent zurückgegangen.

Besonders schockiert zeigt sich WWF-Gewässerschutzexperte Gerhard Egger über die Zahlen aus Europa, wo ein Minus von 93 Prozent verzeichnet wurde. Als Hauptursachen dafür wird die Flussverbauung sowie negative Effekte durch Übernutzung, Verschmutzung und Klimaerwärmung genannt. Von den heimischen Fischarten zählen 14 Arten, wie der vom Aussterben bedrohte Huchen, zu den Mittelstreckenziehern mit Wanderrouten bis zu 300 Kilometern. Der Rückgang der migrierenden Fischarten unterstreiche laut WWF die bereits beobachtete Negativentwicklung in Süßwasserlebensräumen. In Österreich seien demnach 60 Prozent der Flüsse in keinem guten ökologischen Zustand.

Peter Ortner lässt keine Zweifel aufkommen: Die Fischbestände gehen in allen Osttiroler Gewässern – teilweise massiv – zurück.“ Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Auch der Osttiroler Fischerei-Revierausschuss um Obmann Peter Ortner schlug heuer Alarm: „Die Fischbestände gehen in allen Osttiroler Gewässern – teilweise massiv – zurück.“ Um die heimischen Arten wie Äsche, Forelle und Huchen sei es schlecht bestellt. Ein Umstand, den auch Hotels und Herbergen in Osttirol, die sich dem Fischereitourismus verschrieben haben, spüren müssten.

Wir haben deshalb in betroffenen Hotels nachgefragt und merkten schnell: Hier bleibt man demonstrativ entspannt. Beim Hotel Rauter in Matrei ist das Fliegenfischen nach dem „Catch and Release“-Prinzip ein wichtiges Thema im Haus. „Diese schonende Art des Fischens ist bei uns seit vielen Generationen verankert. Wir haben Stammfischer, die teilweise seit über 50 Jahren zu uns kommen. Es gibt Gäste, die dafür sogar aus Australien anreisen“, berichtet Hotelbetreiber Michael Obwexer.

Fliegenfischen – hier am Tauernbach – hat im Hotel von Michael Obwexer eine lange Tradition. Auch er selbst greift ab und zu zur Angel. Es gilt: catch and release! Foto: Expa/Groder

Den Aussagen Ortners zu den Fischbeständen in Osttirol könne er teilweise zustimmen, die aktuelle Situation würde auch dazu führen, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein für die heimischen Flüsse und ihre Bewohner geschärft wird. Dank des Fliegenfischens kann Obwexer seinen Betrieb auch länger offenhalten: „Wir haben längere Saisonen, weil das Fliegenfischen bei uns zwischen April und Mai sowie zwischen September und November ein Thema ist. Momentan ist es logischerweise etwas ruhiger.“

Boomt das Geschäft mit den Fischern auch heute noch? „Natürlich erleben wir mittlerweile eine andere Nachfrage als noch vor zehn Jahren. Aber es sind nicht unbedingt weniger Gäste, weil viele Fischer nun ihre Liebsten oder Kumpels mitnehmen. Die genießen dann hier die Natur beim Wandern oder Fotografieren, während die anderen fischen.“ Das Hotel Rauter besitzt rund 40 Kilometer Fischereireviere an der Isel und am Tauernbach. Laut eigenen Aufzeichnungen würden die Fischbestände dort teilweise schwanken. Allerdings spricht auch Obwexer von einem „spürbaren Rückgang des Fischbestandes.“

In manchen Revieren werden regelmäßig Fische eingesetzt. Wo sich Angler die Beute nicht mit dem Otter teilen müssen, gelingt auch ab und zu ein Fang. Foto: Expa/Groder

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Jesacherhof im Defereggental. Wie Besitzerin Birgit Jesacher betont, schwimmen noch immer genug Fische durch ihre Reviere in der Schwarzach: „Wir haben hier keinen Fischotter, das spielt dabei eine entscheidende Rolle. Kommt der Otter, sieht die Sache natürlich anders aus.“ Auch die Zahl der Fischereitouristen, die ins Defereggental kommen, sei nicht zurückgegangen. „Die Leute schätzen einfach unsere privilegierte Lage“, schlussfolgert die Hotelbetreiberin. Auch die Coronakrise habe an diesem Umstand nichts geändert: „Ganz im Gegenteil, die Nachfrage ist bei uns nun sogar noch größer.“

Beim Gannerhof in Innervillgraten hilft man dem ökologischen Gleichgewicht selbst nach. „Jedes Jahr setzen wir mehrmals Setzlinge ein, damit auch die kleinen Fische überleben können. Es ist wie in einer Ehe – man muss eben auch etwas dafür tun, dass es läuft“, erklärt Betreiber Josef Mühlmann. Er bemerke keinen Rückgang an Fischen in seinen Revieren und auch die Fischer würden nicht ausbleiben: „Von 2018 auf 2019 hatten wir einen Zuwachs von 300 Prozent. Die Fischer freuen sich immer über die gute Betreuung vor Ort.“ Schon vor der Coronakrise habe ein Italiener zwei der drei Fischereikarten des Gannershofs für die ganze Saison erworben. Er und seine Begleitung fischen laut Mühlmann seit der Grenzöffnung regelmäßig.

Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

8 Postings

Senf
vor 4 Jahren

@Frau Kerber, was jetzt?

Revierausschussobmann Peter Ortner, siehe oben: "Die Fischbestände gehen in allen Osttiroler Gewässern – teilweise massiv – zurück".

In allen Osttiroler Gewässern? Liegt die Ursache dann wirklich und nachweislich an den bestehenden oder projektierten Ausleitungskraftwerken oder gibt es auch andere Gründe dafür? Wenn es sie gibt, wie kann man dem Rückgang der Fischbestände dann entgegenwirken?

@Oschtadio: warum sollte der Hotelier und Fischereipächter keine Meinung zu Kraftwerksprojekten haben, warum sollte er sich in tagesaktuell künstlich aufgeheizte Themen einmischen?

Ist der Verkauf und Pachtung vom Fischereigewässer nun deine oder seine Angelegenheit? Neid?

 
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steuerzahler
vor 4 Jahren

Wenn die Fischereitouristen ausbleiben, wird das dem Bestand sicher gut tun. Für jeden ausgesetzten Fischotter müssten mindestens fünf Fischereikarten eingezogen werden. Auch das Fangen und Wiedereinsetzen stört die Fische, immerhin werden sie dabei verletzt.

 
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beobachter52
vor 4 Jahren

Ich möchte mir einmal erklären lassen, wieso durch die Kraftwerke in Villgraten auch nur ein Fisch weniger im Villgratenbach sein soll! Die Restwassermenge ist jederzeit ausreichend und ansonsten fließen die Bäche in ihren Läufen wie eh und je! Und dass der Wasserstand tages-, jahreszeitlich und witterungsbedingt variiert, weiß auch ich ohne Studie :-) In der Isel sind die Fischbestände wahrscheinlich schon wegen der KraftwerksPLÄNE zurück gegangen! Woher haben die nur die Informationen? Reduziert (und zwar dramatisch) wird der Fischbestand allerdings von (eingesetzten) und von den "Naturschützern" total geschützten Fischottern und Reihern. Aber die gehören ja zum natürlichen Wildbestand, genauso wie der Wolf ...

 
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Anna Maria Kerber
vor 4 Jahren

Wenn an allen Zubringern der Isel Kraftwerke gebaut werden (in Villgraten, der Stallerbach), wird das dem Fischbestand, der Artenvielfalt und den Bächen an sich nicht gut tun. Um das zu erkennen, braucht man keine großen Studien.

Deshalb wäre es schon interessant gewesen, von den interviewten Hoteliers (oder auch vom Tourismusverband) zu erfahren, wie sie zum weiteren Ausbau der Wasserkraft stehen. Ein Beitrag zum umstrittenen Verkauf von Fischereirechten ist wie folgt nachzulesen: https://tirolv1.orf.at.stories/344590

 
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    mirnixdirnix
    vor 4 Jahren

    Vorschlag: Fischereirecht sichern, nicht befischen - nur mit Urforelle besetzen und viele Tamarisken pflanzen. 🤗

     
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    F_Z
    vor 4 Jahren

    bei mir sieht der Link so aus: https://tirv1.orf.at/stories/344590 🤔

     
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      Anna Maria Kerber
      vor 4 Jahren

      stimmt, das ist der korrekte link, da hab ich mich vorher leider verschrieben. Danke für den Hinweis.

       
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    Oschtadio
    vor 4 Jahren

    Der interviewte Hotelier kann dazu oder wird dazu überhaupt nichts sagen . Da er sein damaliges Fischwasser der Tiwag verkauft hat und es dann wieder zurück gepachtet hat.

     
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