Ihr Dolo Plus Vorteil:
Diesen Artikel jetzt anhören

Wie alt ist die Stadt Lienz wirklich?

Nur echte Lienz-Kenner wissen über den Irrtum beim Iselturm Bescheid.

Unweit von den „Löschgassln“ in der Schweizergasse bewegen wir uns diesmal wieder entlang der Isel. Die Wandmalerei beim Iselturm hinter der Mittelschule Egger-Lienz mag vielen bekannt sein, doch wer weiß, welche Fehler sich hier eingeschlichen haben?
Der Maler Toni Frontaler schenkte der Stadt Lienz dieses Gemälde zum 700-Jahr-Jubiläum. Doch nicht alles, was in Stein gemeißelt - pardon, auf Stein gemalt ist, hat auch seine Richtigkeit. Foto: Dolomitenstadt/Wagner
Antworten erhält man, wenn man versucht, die römischen Zahlen auf dem Gemälde zu entziffern. Dort ist zu lesen: „Stadterhebung 1252“. Tatsächlich wurde Lienz aber nie zur Stadt „erhoben“.  Bei älteren Städten gab es fast nie eine auf ein bestimmtes Datum fixierte „Stadterhebung“. Vielmehr wuchsen die Ansiedelungen in den Status einer Stadt, „civitas“, hinein, was mit klar definierten Rechten und Pflichten verbunden war. In einer Urkunde von 1252 wird Lienz als „civitas Lvnzze“ bezeichnet. 700 Jahre später wurde dieses Ereignis eine ganze Woche lang bei strahlendem Wetter und unter Beteiligung des gesamten Bezirks gefeiert. Die ganze Stadt wurde geschmückt, prominente Ehrengäste – auch Bundespräsident Körner – kamen zum Fest. Der Lienzer Andreas Rohracher, Erzbischof von Salzburg zelebrierte eine Feldmesse am Hauptplatz, es gab Ehrenverleihungen, Höhenfeuer und einen großartigen Festumzug, an dem 2500 Personen mitwirkten. Sogar eine eigene Ansichtskarte wurde entworfen und eine Briefmarke mit dem Wappen der Stadt und der Liebburg – damals noch in altrosa – als Motiv. Schließlich schenkte der populäre Maler Toni Fronthaler (1904-1981) seiner Heimatgemeinde Lienz anlässlich des 700-Jahr-Jubiläums das große Fresko an der Stadtmauer neben dem Iselturm.
1952 beging man in der Stadt Lienz feierlich die 700-Jahr-Feier. Foto: TAP/Alois Baptist
Danach tauchte aber eine weitere Urkunde auf in der, zwar durchgestrichen, aber doch gut zu lesen ist: „in civitate Luancen“, also „in der Stadt Lienz“, datiert mit 1242!  Womit wir beim zweiten Fehler wären... Die Urkunde wurde vom Bozner Notar Jakob Haas gefertigt und regelt ein Geldgeschäft, das in Lienz abgewickelt werden soll, im Zusammenhang mit einer Eheabsicht. Das Ehegelöbnis wurde annuliert, deshalb sind die Daten auf der Urkunde durchgestrichen. Und so feierte die Stadt im Jahr 1992 ihr 750 Jahr Jubiläum, die römischen Zahlen am Fresko aber blieben bis heute bestehen. Die deutsche Sprache wird bei uns in Urkunden erst ab 1280 verwendet. Der älteste Nachweis der deutschen Sprache im schriftlichen Gebrauch im Lienzer Raum sind die Liebesgedichte des Burggrafen Heinrich. Aber das ist eine andere Geschichte....
Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren