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Seneca war weise und sah in die Zukunft

Wurde deshalb nach ihm ein Impfstoff benannt, dem man lebensverlängernde Wirkung nachsagt?

Am Weltfrauentag haben uns die Emanzen wieder einmal mit der Nase auf das Gendern gestoßen. Der ausschließliche Gebrauch der männlichen Form sei nicht männlich, sondern reaktionär und von gestern. Das mag stimmen, doch nur für den, der sich in der Geschichte nicht auskennt. Vorgestern nämlich gehörte das Gendern zum guten Ton, und den zu verbieten, geht auf das Konto gestriger Frauen. Meine Großmutter zum Beispiel hieß Gruber und war weit und breit als „die Gruberin“ bekannt. Nach der Hochzeit mit meinem Großvater hieß sie dann Ingruber und wurde seit damals von hinten gegendert: Ingruber statt Gruberin. Was soll daran falsch sein?

Aber Frauen haben ganz allgemein die Tendenz, dir das Wort im Mund zu verdrehen. Meine Frau war Weltmeister darin. Gut, doch keineswegs gerne, erinnere ich mich noch heute daran, wie ich sie eines Abends auf einen Spaziergang einladen wollte, und an der Frage, ob sie dazu nun die schwarze, die grüne oder die geblümelte Maske aufsetzen sollte, unsere Ehe zerbrach. „Am besten die Kleinkarierte, die passt zu deinem Charakter“, hätte ich ihr gerne empfohlen, aber ich hielt mich nobel zurück. Trotzdem hatte sie meine Gedanken erraten und begann, wie üblich, zu weinen. In so einem Fall war es immer am besten, sich bis auf Weiteres zu entfernen.

„Muss kurz weg“, sagte ich, und bin damit in den nächsten Fettnapf getreten. Bei drei Wörtern hast du genau sechs Möglichkeiten, ihre Reihenfolge zu variieren. Meine Frau aber versteifte sich auf die eine und warf mir rechtsextremes Gedankengut vor. Mit solchen Parolen wolle sie nichts zu tun haben und mit solch einem Ehemann auch nicht! Also beschloss ich, dass ich doch länger wegmüsste, und ich habe sie seither nicht mehr gesehen. Wie komme ich dazu, ihre Eheprobleme zu lösen? „Unsere Lebenszeit, heißt es, sei uns zu kurz bemessen, zu rasch, zu reißend verfliege die uns vergönnte Spanne der Zeit.“

Der römische Philosoph Seneca, porträtiert von Lucas Vorsterman. Foto: Wikicommons

Das Zitat stammt von Seneca, einem römischen Philosophen, der nicht nur weise, sondern auch mit Vorausschau auf die ferne Zukunft begabt war. Wahrscheinlich wurde deshalb nach ihm ein Impfstoff benannt, dem man lebensverlängernde Wirkung nachsagt. Hauptsächlich auf Personen, deren Leben ohnehin noch lang dauert. Das Misstrauen gegenüber der Impfung entbehrt jeder Grundlage. Zwar wurden vor kurzem die ersten Todesfälle in Zusammenhang mit diesem Impfstoff untersucht, viel jedoch hat man nicht mehr darüber gehört. Eines aber steht fest: Die Langzeitfolgen waren es nicht! Ob der Biontech-Pfizer das Leben verlängert, steht auch noch nicht fest. Allerdings hilft ein anderes Produkt dieser Firma, wenn nicht das Leben, so doch ein Leben spendendes Organ zu verlängern. Das steht zumindest dann fest.

Mit solchen Haarspaltereien sollte man sich jedoch nicht befassen. Man sollte froh sein darüber, dass bei uns – über die EU, den Staat und die Länder bis hinunter in die Gemeinden – der Föderalismus so gut funktioniert. Und dann die Priorisierung: Als Ausdruck unseres humanistischen Erbes wurde zuerst der vulnerablen Gruppen, der alten Menschen, die dieses Land aufgebaut haben, gedacht. Du glaubst nicht, wie viele über achtzigjährige Bürgermeister in Österreich noch amtieren. Man bekommt den Verdacht, die hätten schon vorher lebensverlängernde Präparate geschluckt. Die Kritik an ihrer Vorgehensweise ist aber vollkommen haltlos. Man erinnere sich der noch vor ein paar Monaten erhobenen Forderung, zuerst die Politiker zu impfen, um in den kommenden Legislaturperioden an ihnen die Langzeitschäden zu prüfen! Jetzt geht sich das vielleicht sogar aus.

Die Logistik bei der Beschaffung und Verteilung des Impfstoffes ist alles andere als beliebig. Man ersann dazu fein ausgeklügelte Listen. Eine List beispielsweise bedient sich des Slogans, mit dem der Lebensmittelhandel schon seit längerem für Nachhaltigkeit wirbt: „Verwenden statt verschwenden“, soll vermeiden, dass Produkte vor ihrer Haltbarkeitsgrenze im Sozialladen oder im Mülleimer landen, und dann womöglich von Leuten, die stets eine Injektionsnadel bei sich haben, selbst verimpft werden. Oder, wie man bei uns in Osttirol sagt: „So geht man mit Gottes Gabe nicht um!“ Bevor ich aber noch ein Geschäftsmodell für die Tafel des Roten Kreuzes anrege, höre ich jetzt lieber auf: Weil ich kurz weg muss.


Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker, Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt und Autor. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr hielt uns sein Corona-Tagebuch bei Laune, doch mittlerweile kritzelt Rudi seine Notizen einfach an den Rand der Ereignisse, also dorthin, wo die offizielle Berichterstattung ein Ende hat. Wir präsentieren in unregelmäßigen Abständen „Rudis Randnotiz“.

Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker und Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt. Für dolomitenstadt.at verfasst er pointierte „Randnotizen“, präsentiert „Meisterwerke“, porträtiert zeitgenössische Kunstschaffende und kuratiert unsere Online-Kunstsammlung.

3 Postings

aenda
vor 3 Jahren

Frauen mögen teure Dinge. Ich hätte Ihnen die Smiley-Maske vom Roten Kreuz um 10000 Euro pro Monat empfohlen.

 
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Anthony Soprano
vor 3 Jahren

Herr Ingruber, ich muss mich schon sehr wundern. Zuerst schreiben Sie da von Gendern um dann bei der ersten Gelegenheit darauf zu verzichten, wenn es um die BürgermeisterInnen geht. Also da hab ich dann schon mal zu meiner Frau gesagt, dass der Ingruber ein Hundling ist!

 
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    r.ingruber
    vor 3 Jahren

    Willst du damit unterstellen, dass es auch über 80jährige Bürgermeisterinnen gibt? Das ist unwahr. Pass auf mit diesen Unwahrheiten!

     
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