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B100: „Paradigmenwechsel nicht zu erkennen“

Die Bürgerinitiative Oberes Drautal fordert Landeshauptmann Peter Kaiser zum Handeln auf.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
sehr geehrtes Kollegium der Kärntner Landesregierung!

Nach einer massiven Medienkampagne für den Bau der bahnparallelen Umfahrungsvariante der B100 erreichte am 9. und 10. Mai 2022 auch noch ein Postwurf von den Landesräten Schuschnig und Gruber sowie drei Bürgermeistern die Haushalte von Greifenburg, Berg und Dellach im Drautal. Sie richteten sich mit „Fakten zum Sicherheitsausbau der B100“ an die „geschätzten Bürgerinnen und Bürger“. Damit wollte man offensichtlich in der Bevölkerung den Eindruck erwecken, dass der sogenannte „Sicherheitsausbau“ bzw. bahnparallele Ausbau der B100 die bestmögliche Variante zur Entlastung der Bevölkerung in Greifenburg sei.

Dieser politische Postwurf enthielt Behauptungen, die uns äußerst fragwürdig erschienen. Aus diesem Grund haben wir ein Fachbüro beauftragt, die Behauptungen einem Faktencheck zu unterziehen. In diesem Faktencheck konnten wesentliche Darstellungen und Argumentationen, die angeblich für die bahnparallele Trasse sprechen, eindeutig widerlegt werden. Das aktuell vorliegende, bahnparallele B100-Umfahrungsprojekt weist demnach schwere Mängel auf:

- Es hat den größten Flächenverbrauch im Vergleich mit alternativen Varianten.
- Es wird durch den schnellstraßenartigen Ausbau wesentlich mehr Transit-Lkws anziehen, die das Drautal massiv mit Lärm und Abgasen belasten werden.
- Es wurde keiner UVP unterzogen, obwohl nach EU-Recht für den geplanten bahnparallelen, schnellstraßenartigen Ausbau eine UVP erforderlich wäre und weil angrenzende sensible Natura2000-Bereiche von dieser Variante betroffen sind. Renommierte Journalist:innen wie Antonia Gössinger ziehen den politischen Umgang mit UVP-Verfahren in Kärnten massiv in Zweifel: „Heute scheint die UVP manchen Politikern lästig zu sein. Und mancher Spitzenbeamte meint im vorauseilenden Gehorsam oder in Folge falsch verstandener Wirtschaftsförderung das UVP-Gesetz nicht zu vollziehen sondern beugen zu müssen.“ [Außensicht, Kleine Zeitung, 28.04.2022]

Es wird als „Sicherheitsausbau“ propagiert, obwohl wissenschaftlich erwiesen ist, dass die Unfallschwere auf Straßen mit zunehmender Geschwindigkeit ansteigt. Die bahnparallele Variante ist aber definitiv als schnellstraßenartige Straße geplant. Ebenso ist dies aus Unfallstatistiken ersichtlich, wie es auch im Mobilitätsmasterplan Kärnten festgehalten wurde. Für Greifenburg, aber auch entlang der gesamten bestehenden B100 westlich von Greifenburg könnten und müssten jederzeit Sofortmaßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung gesetzt werden, wenn Sicherheit den politisch und behördlich Verantwortlichen ein echtes Anliegen wäre.

Im Unterschied zur Unterflurvariante kam das aktuelle Projekt weitestgehend unter Ausschluss einer demokratischen Beteiligung der Bevölkerung zu Stande. Dem betroffenen Gemeinderat in Berg/Drau wurde das Projekt nicht einmal zur Beratung und Abstimmung vorgelegt! Wir möchten weiters darauf hinweisen, dass Greifenburg schon längst eine Umfahrung haben könnte, wenn die Kärntner Landesregierung im Jahre 2011 nicht die bereits fix und fertig ausgearbeitete Unterflurtrasse zurückgezogen hätte, obwohl diese in einem Variantenvergleich laut UVP am besten bewertet und per Bescheid bereits bewilligt worden war. Somit wurde dem Landesrechnungshof die Möglichkeit genommen, das damalige Umfahrungsprojekt zu Ende zu prüfen.

Michael Dünhofen ist Obmann des Vereins Lebensraum Oberes Drautal. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Abgesehen davon finden wir die Art und Weise, wie die Bürgerinnen und Bürger mit unwahren Behauptungen für ein Projekt gewonnen werden sollten, absolut inakzeptabel und rufen Sie als Landeshauptmann auf, diese Vorgehensweisen nicht unkommentiert zu lassen. Besonders im Hinblick auf eine nachhaltige Klimapolitik ist dieses bahnparallele B100- Neubau-Projekt als absolut verantwortungslos zu bezeichnen. Nach Prof. Dr. Günter Emberger, Verkehrsexperte der TU Wien, ist der Bereich Straßenverkehr mit 30 Prozent in Österreich der größte Verursacher von CO2 und der einzige Sektor, bei dem bisher keine Einsparung von Treibhausgas-Emissionen erreicht wurde. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf!

Sie selbst, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, sprachen sich anlässlich des Forums Anthropozän in Mallnitz 2022 für einen Paradigmenwechsel aus: „Wir werden daran arbeiten müssen, unsere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und Paradigmenwechsel einleiten. Die Politik muss zur Verlustminderung für die Bevölkerung beitragen!“

Beim aktuellen B 100-Projekt können wir den Paradigmenwechsel nicht erkennen und vermissen jeglichen Ansatz, Mobilität neu zu denken und eine Verkehrswende im Sinne einer klimafreundlichen Mobilität herbeizuführen. Wie es auch im „MOMAK“ der Landesregierung vor einigen Jahren festgehalten wurde.

Wir sind über diesen verantwortungslosen und unehrlichen Umgang mit uns und unserem Lebensraum mittlerweile höchst empört. Daher bitten wir Sie, unsere Bedenken ernst zu nehmen und ersuchen Sie um eine zeitnahe Antwort und einen Gesprächstermin mit Ihnen und den für die B100 Verantwortlichen, um gemeinsam eine weniger zerstörerische und klimafreundliche Lösung für die Bevölkerung von Greifenburg und Berg zu finden.

Mit freundlichen Grüßen,
i.A. Michael Dünhofen
Obmann Verein Lebensraum Oberes Drautal

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Klimafreundliche Alternativen statt Ausbau der B100

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10 Postings

so ist es vielleicht
vor 2 Jahren

Ironie mancher Poster ist ja ganz lustig, aber hier nicht angebracht, dafür ist das Thema Umweltzerstörung einfach zu präsent. Wenn man sich die Folgen des Klimawandels ansieht, ist ein Umdenken höchst an der Zeit.

Mal schauen, ob der Herr Kaiser auf diesen offenen Brief reagiert, jetzt hätte er die Chance zu zeigen, wie wichtig ihm die Bevölkerung und deren Lebensraum tatsächlich ist. Er ist ja ein SPÖler, also sollte er sozial denken, auch bei der Naturzerstörung.

 
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    unholdenbank
    vor 2 Jahren

    Ja, lieber @so ist es vielleicht, Ironie ist aufgrund des Ernstes des Themas nicht angebracht, aber vor dem Hintergrund der Aktionen der Politiker/Wirtschaftstreibenden/Ewiguneinsichtigen oft der einzige Weg mit der Frustration über die gnadenlose Umweltzerstörung durch dieselben umzugehen. So, wie in der DDR und UDSSR Witze machen oft das einzige Ventil der Menschen war. Bei den Nazis war das dann meistens tödlich. LH Kaiser reagiert vielleicht, aber diejenigen, die an der Umweltzerstörung sattes Geld verdienen, werden ihn zurückpfeifen - s'war immer so, s'war immer so.

     
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iseline
vor 2 Jahren

In Anbetracht der Klimakrise und eines Hauptverursachers, des Verkehrs, wäre es schon wichtig zu erfahren, wie denn die Osttiroler Funktionäre und sogenannten "stakeholder" dazu stehen? Schließlich bedeutet so ein besonders "rigoroser" Ausbau der B 100 auch mehr Verkehr und Abgase für unseren Bezirk.

 
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    bergfex
    vor 2 Jahren

    Ich bewundere die Menschen, die immer alles zu Fuß oder mit dem Rad erledigen.

     
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      c.haplin
      vor 2 Jahren

      Also ich bin am Verkehr nicht schuld, denn ich erledige meine Einkäufe von zuhause aus! Bequem über das Internet. Ich kaufe auch keine tropischen Früchte, sondern nur Früchte vom nähestgelegenen Diskonter. Also wie sie sehen ich lebe mit 0 Emission!

       
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      Senf
      vor 2 Jahren

      @c.haplin: mir gehts auch so, ich kauf die südländischen früchte übers ganze jahr im gleichen laden - wenige schritte gleich um die ecke. warum auch nicht, sie sind ja täglich frisch da und würden sonst verderben. und meine internetbestellungen bringt mir der bote mit dem kleintransporter. sogar kostenlos bis an die haustür ... er fährt ja sowieso täglich immer die runde. ab villach. praktisch, nicht? das war ja immer schon so - wozu also die aufregung?

       
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      Burgi
      vor 2 Jahren

      @ bergfex: verstehe deine Logik nicht! Wieso müssen wir alle zu Fuß gehen, wenn wir statt der Transit-fördernden bahnparallen Schnellstrasse die naturschonende Unterflurtrasse bauen? Willst du wirklich in einem Gebirgstal leben, das von Lärm und Abgasen geplagt ist? Wenn es um die Entlastung der verkehrsgeplagten Greifenburger Bevölkerung geht, so ist die Unterflurtrasse die wesentlich bessere Option, weil sie Entlastung ohne Transit gewährleistet!

       
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      spezi
      vor 2 Jahren

      Ja, 0 Emission finde ich auch ganz toll, denn der Diskonter bekommt sie Lieferungen immer mit dem Pferdefuhrwerk.

       
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      sonnenstadtlienz
      vor 2 Jahren

      @c.haplin: Sehr löblich und vorbildhaft, dass Sie Ihre Einkäufe brav und bequem von zu Hause aus über´s Internet machen. Aber bitte verraten Sie mir, wie Ihre Einkäufe zu Ihnen nach Hause kommen - es ist mir nämlich neu, dass die Paketzusteller neuerdings zu Fuß oder mit dem Radl die Pakete zustellen....

       
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      c.haplin
      vor 2 Jahren

      @sonnenstadtlienz und spezi Also ich war nich nie dabei, wenn diese exotischen Früchte und meine Internetbestellungen geliefert wurden. 2x hat mir die Post dann einen gelben Zettel im Beiefkasten hinterlassen und da bin ich dann sofort losspaziert um die Pakete zu holen.

       
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