Am 16. Jänner hat Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) die Ergebnisse einer Studie über die Veränderungen der heimischen Insektenpopulation präsentiert und dabei das Insektensterben quasi abgesagt. Während die Umweltorganisation GLOBAL2000 schon damals auf Anfrage von Dolomitenstadt.at Zweifel angemeldet hat, wurde die Darstellung des Ministeriums von den Medien teils ungefiltert übernommen.
Dieser Interpretation widersprechen nun sogar die Studienautor:innen. „Es gibt keinen Grund für eine überwiegend positive Bilanz der Entwicklung der Insektenwelt“, hält das Autorenteam fest. Die positive Wirkung der bisherigen Klimaerwärmung auf die Insektenvielfalt würde über negative Entwicklungen hinwegtäuschen.
„Diese Insektenstudie ist ein wertvoller Baustein, aber keinesfalls eine endgültige Antwort auf die Frage, wie es um die Insekten steht“, betonen Thomas Zuna‐Kratky, Thomas Frieß, Werner Holzinger, Inge Illich und Johann Neumayer in einer Aussendung. Es sei richtig, dass sich die mittlere Artenzahl der untersuchten Insektengruppen an den jeweiligen Testflächen im Schnitt kaum verändert habe.
Die höheren Artenzahlen und Individuendichten im Hochgebirge seien vor allem der Klimaerwärmung geschuldet. Das vermehrte Aufkommen der Tagfalter in Ackerbaugebieten könnte mit dem Vormarsch der Biolandwirtschaft, dem Verbot von Pestiziden und wirksamen Umweltprogrammen in Zusammenhang stehen, so die Forscher:innen.
Dem gegenüber stehe jedoch ein signifikanter Rückgang der Populationsdichten von Heuschrecken und Fangschrecken sowie in Grünlandgebieten von Zikaden: „Die Zahl der Individuen an zuvor artenreichen Standorten nahm österreichweit ab. Die besonders wertvollen Biotope haben also an Wert verloren.“ Kälteangepasste Insekten wurden durch wärmeliebendere Arten ersetzt. „Ein klarer Effekt der Klimaerwärmung“, so die Expertinnen.
Der Klimawandel sei jedoch „keineswegs“ der einzige Wirkfaktor. „In der Insektenstudie wird zwar die 'traditionelle Landwirtschaft' als positiv für die Insektenvielfalt identifiziert. Dem Kurzschluss, die aktuelle Grünlandwirtschaft sei eine solche, ist aber zu widersprechen. Die Nutzungsintensität der meisten Flächen hat in wenigen Jahrzehnten deutlich zugenommen und viele Lebensräume und Landschaftsstrukturen gingen dabei verloren“, so Projektleiter Thomas Zuna-Kratky, der die Studie gemeinsam mit Totschnig präsentiert hat.
Die negative Auswirkung der intensiven Grünlandnutzung auf die Insektenvielfalt werde in der Studie klar belegt. Die extensive Wiesenbewirtschaftung habe wiederum zu einer Zunahme von Insekten geführt. Die Forscher:innen empfehlen die Lektüre von Kurzfassung, Endbericht und Dokumentationsband ihrer Studie, die auch Maßnahmen für den Schutz und Erhalt der Insektenvielfalt liefert.
5 Postings
Totschnig und Ökologie gehen halt nit zsamm, wäre es so, wäre er nit Minister
Die Wissenschaftler haben es nicht leicht, weil ihre Studien derart "situationselastisch" ausgelegt werden.
Am Beispiel Glyphosat kann man die Doppelbödigkeit des Landwirtschaftsministeriums ablesen. Während der Großteil der Bevölkerung und die Mehrheit im Parlament einen Ausstieg vom Gebrauch dieses Herbizid will, hat Minister Totschnig einer Verlängerung der Zulassung für Glyphosat im Oktober 2022 für ein weiteres Jahr zugestimmt. Für die Artenvielfalt im Grünland ein wiederum schlechtes Jahr. Während es etwa in Luxemburg 2020 ein nationales Glyphosatverbot gibt, oder Frankreich seit 2018 ein Neonicotionoidverbot durchgesetzt hat, bleibt es bei uns bei salbungsvollen Worten.
Sie schreiben von einem schlechten Jahr für die Artenvielfalt im Grünland aufgrund der Verlängerung der Glyphosatzulassung. Können Sie bitte erläutern, wo genau und zu welchem Zweck bei uns Glyphosat im Grünland eingesetzt wird?
EU Verordnung zum fressen freigegeben
Wie heißt es doch so schön... Traue keiner Studie die Du nicht selbst gefälscht hast...
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