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Hunderte folgten der Einladung von „Libera“ in den Kultursaal Oberrasen. Fotos: Dolomitenstadt/Wagner

Hunderte folgten der Einladung von „Libera“ in den Kultursaal Oberrasen. Fotos: Dolomitenstadt/Wagner

Olympische Winterspiele 2026: Augen zu und durch?

Umweltorganisationen fürchten einen ökologischen Albtraum. In Oberrasen bei Antholz wurde diskutiert.

„Citius, altius, fortius“ – Schneller, höher, stärker. So lautet der Leitspruch der Olympischen Spiele, der 1921 erstmals vom IOC kommuniziert wurde. Dass das Streben nach Mehr ein zweischneidiges Schwert ist, zeigen aktuell die Vorbereitungen für Olympia 2026. In Cortina und Rasen-Antholz wird in drei Jahren ein tagelanger Ausnahmezustand erwartet.

Das Land Südtirol setzt seit Vergabe der Winterspiele und den dadurch geöffneten Geldtöpfen im Pustertal millionenschwere Infrastrukturprojekte im Akkord um. Zahlreiche Umweltorganisationen schlagen vor allem wegen der Investitionen in Straßen und Umfahrungen Alarm. Durch die vielen Millionen, die unter dem Deckmantel der fünf Ringe verteilt werden, besteht neben den Auswirkungen auf die Natur aber auch die Gefahr, dass das organisierte Verbrechen am Olympiakuchen mitnaschen will.

Die italienische Antimafia-Vereinigung „Libera“ hält in diesen Wochen Informationsveranstaltungen an allen Schauplätzen der kommenden Winterspiele ab – zuletzt am vergangenen Samstag, 18. Februar, in Antholz. Michele Mosca, ein Professor für Wirtschaftspolitik aus Neapel, beschäftigt sich in seinen Studien intensiv mit den Geschäften der Mafia.

„Es gibt in Südtirol bereits Versuche der Mafia, Fuß zu fassen.“

Michele Mosca, Professor für Wirtschaftspolitik

Derzeit, so Mosca, gelte es, das organisierte Verbrechen von Olympia fernzuhalten: „Dafür braucht es vor allem eine informierte und sensibilisierte Öffentlichkeit. Südtirol ist gut aufgestellt, doch aus den jüngsten Berichten der Antimafia-Behörde geht auch hervor, dass es hier bereits Versuche der Mafia gibt, Fuß zu fassen.“ Deshalb sei es notwendig, besonders wachsam zu sein, warnte der Professor.

Kuno Prey hat für „Libera“ eine olympische Fackel entworfen. „Aus Besorgnis“ brennt sie schwarz. Integriert hat der Designer eine LED-Lampe: „Ein Licht der Hoffnung.“

Wachsam sind auch die Umweltorganisationen. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der Heimatpflegeverband, der Umweltring, eine Initiativgruppe, die beiden Alpenvereine Cai und AVS sowie die Plattform Pro Pustertal haben die Veranstaltung im Kultursaal Oberrasen mit organisiert, um vor dem ökologischen Fußabdruck einer Olympiade zu warnen. Gigantismus, drohende Umweltschäden und unkalkulierbare Kosten treiben die Naturschützer um.

Claudia Plaikner, Vorsitzende des Heimatpflegeverbandes, hinterfragte im vollen Saal, warum für die „massiven Eingriffe im Zuge der Olympiade keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist?“ Viele Millionen, die nun in die Hand genommen werden, wären im öffentlichen Verkehr besser aufgehoben, so Plaikner: „Es wäre deutlich sinnvoller, den zweigleisigen Ausbau der Pustertalbahn voranzutreiben.“

Die 80 Millionen Euro teure Bobbahn für Cortina, die für die olympischen Rodelrennen errichtet wird, bringt für Plaikner das Fass zum Überlaufen: „Das kann doch nicht wahr sein? Hier ist sofort eine grenzüberschreitende Lösung mit Igls zu suchen.“ Plaikner fordert zudem einen verpflichtenden „Klimacheck“ für sämtliche Vorhaben. Die Idee dahinter ist ein standardisierter Prozess, der die Nachhaltigkeit und Auswirkungen des jeweiligen Projektes bewertet.

Cipra-Co-Präsidentin Bianca Elzenbaumer (links) und Professor Michele Mosca.

„Olympische Winterspiele in den Alpen sind weder sozial noch ökologisch vertretbar.“

Bianca Elzenbaumer, Cipra

Auch ein Vertreter des Alpenvereins ergriff im Laufe des Abends das Wort: „Wir brauchen keine weiteren Hotspots. Die Zukunft muss den Einheimischen und bergliebenden Menschen gehören.“ Massive Kritik an der Olympiade in den Alpen äußerte einmal mehr auch die Alpenschutzkonvention „Cipra“. Co-Präsidentin Bianca Elzenbaumer: „Olympische Winterspiele in den Alpen sind weder sozial noch ökologisch vertretbar.“

In Anbetracht der klimatischen Veränderungen sei das Großevent umso kritischer zu hinterfragen, da es sich beim Alpenraum „um ein besonders wichtiges, ja sogar das zweitgrößte Biodiversitätsreservoir Europas handelt. Schon jetzt beobachteten wir einen rapiden Rückgang bei den Vogelarten.“ Im Audiointerview spricht die Umweltschützerin über die Kritikpunkte der Cipra:

Elzenbaumer rät der Politik zu mehr Transparenz und verglich die Olympiade abschließend mit einem UFO: „Man gibt Lichtsignale, das UFO wird angelockt. Nach 16 Tagen fliegt es wieder weg und jeder fragt sich: Was nun?“

Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

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4 Postings

unholdenbank
vor einem Jahr

Das alte Rom (panem et circenses) lässt grüßen. Nichts Neues unter der Sonne. Und zahlen für die Gigantomanie müssen erst wieder die Bürger und auch die Natur, ob sie wollen, oder nicht - das ist dann "wahre" Demokratie.

 
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Village Pizza
vor einem Jahr

Natürlich kann man immer gegen alles sein. Aber dann bitte nicht darüber aufregen, dass sportliche Großereignisse in Peking, Sotschi, Katar etc. stattfinden.

 
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    Edi1913
    vor einem Jahr

    Man müsste nur ein bisschen zurückstecken. Es müssen nicht 5 Eishallen mit jeweils mind. 10.000 Zuschauerplätzen sein und auch keine vollüberdachte Bobbahn wie der Wurm in China. Dann wäre eine Bewerbung auch für kleinere und mittlere Städte wie Ibk wieder interssant.

     
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beobachter52
vor einem Jahr

„Olympische Winterspiele in den Alpen sind weder sozial noch ökologisch vertretbar.“ Dann werden sie das wohl in China, in Russland, in Südkorea sein ....

 
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