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Raimund Abraham (1933 - 2010) wäre am 23. Juli 90 Jahre alt geworden. Foto: Architekturzentrum Wien, Sammlung, Foto: Brigitte Groihofer

Raimund Abraham (1933 - 2010) wäre am 23. Juli 90 Jahre alt geworden. Foto: Architekturzentrum Wien, Sammlung, Foto: Brigitte Groihofer

Mit Papier und Bleistift – Raimund Abraham zum 90er

Zwölf Schülerinnen des BORG Lienz unterwegs auf den Spuren des Lienzer Architekten mit Weltgeltung.

Wir haben Raimund Abraham schon einmal eine ausführliche Hommage gewidmet. Vor genau zehn Jahren, damals zu seinem Achtziger, den der aus Lienz stammende und in Mexiko begrabene Architekt nicht mehr erlebte. Er starb bei einem Autounfall 2010 in Kalifornien. Schon damals interessierte sich nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten vor Ort für das Lebenswerk dieses auch international herausragenden Architekturphilosophen, der mit seinem unkonventionellen Denken und seiner kritischen Herangehensweise an das Bauen Generationen von Architekt:innen und Designer:innen in aller Welt inspirierte.

Abraham war Theoretiker und Avantgardist, ein Vordenker, der seine Visionen vor allem zeichnete und wenige tatsächlich gebaute Spuren hinterließ, darunter das "Musikerhaus" in Deutschland und sein wichtigstes Bauwerk, das Österreichische Kulturforum in New York, über das der amerikanische Architekturpublizist Kenneth Frampton schrieb: „Seit 1959 wurde kein einziges erstklassiges Gebäude in dieser Stadt errichtet. Es wurde zwar enorm viel gebaut, aber seit Mies van der Rohes Seagram Building und Frank Lloyd Wrights Guggenheim Museum ist nichts mehr von so hoher Qualität gebaut worden.“

Denkmalgeschützt und dennoch kaum beachtet steht auch auf dem Hauptplatz in Lienz ein Abraham-Bauwerk, das Gebäude der Hypo-Tirol, das 1996 eingeweiht wurde und exakt gleich breit ist wie Abrahams legendäres Hochhaus in New York: 7,5 Meter. Welche Geschichte erzählt dieses Haus und wer war der Mann, den man in Amerikas Architekturszene bis heute verehrt, während man ihn in seiner Heimatstadt Lienz so gut wie vergessen hat?

Diesen Fragen gingen zwölf Schülerinnen einer Kunstklasse im Lienzer BORG auf den Grund, journalistisch unterstützt von der Dolomitenstadt-Redaktion und begleitet von Kunstlehrerin Andrea Kollnig, die mit den Mädchen auch an Modellen und Zeichnungen arbeitete, inspiriert von Abrahams surreal anmutenden Entwürfen und seiner poetischen, jedenfalls künstlerischen und vor allem theoretischen Herangehensweise an die Architektur. Die Dreharbeiten auf den Spuren von Raimund Abraham waren Teil unseres zweiten Journalismus-Workshops (nach dem Wasser-Projekt mit der HAK) mit einer Lienzer Schule. Das Ergebnis ist eine sehenswerte Videoreportage.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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23 Postings

Bahner Bernd
vor 10 Monaten

Es sollte auch auf ein bereits vor Jahrzehnten erschienenes Buch " Elementare Architektur" von Abraham verwiesen werden.Inzwischen wohl vergriffen. Es behandelt die Grundzüge ursprünglichen Bauens im Alpenraum,wo neben dem Verwendungszweck, lokal verfügbare Materialien und regionale Bedingungen die Formensprache einer elementaren Architektur prägten. Die Proportionen einfacher Bauten wie Heustadel, Almhütten etc.waren oft durch die statischen und gestalterischen Möglichkeiten von Holz- und Steinmaterial vorgegeben. Anforderungen der Zweckmäßigkeit eines Baues waren in elementarer Weise noch eins mit dem Potential ästhetischer Gestaltung. Eine Vorgabe, der sich auch die moderne Architektur verpflichtet sehen sollte.

 
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    Senf
    vor 10 Monaten

    wie würde wohl der lienzer hauptplatz angenommen werden, wenn er von lauter bauten nach abahams architektur umsäumt würde. weltweite aufmersamkeit wär im sicher. fraglich wohl in welchem sinne? als platz der begegnung, freude, monokult, leere oder gar vergessenheit?

     
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      Bahner Bernd
      vor 10 Monaten

      Der Bau in New York hat bereits weltweites Aufsehen erregt. Ein Modell davon ist sogar im Museum of Modern Art zu besichtigen. Wenn er Projekte wie Niemeyer in Brasilia oder wie Cobusier in Candigarh verwirklicht hätte, wären auch Plätze ausschließlich von seiner Architektur gestaltet weltweit gewürdigt worden. Einen Hauptplatz in einem Alpenstädtchen mit seinen Bauten zu umstellen, hätte er wohl selbst als Schwachsinn empfunden. Das hat auch mit dem Anliegen des Buches wenig zu tun.

       
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      wolf_C
      vor 10 Monaten

      ja super, Lienz darf nit Bilbao werden

       
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      Senf
      vor 10 Monaten

      wolf_c, du meinst die berühmte metropole mit der Botxo Gallery and Youth Hostel Bilbao die man unweit des jakobsweges per abstecher locker erwandern kann, denn i tu wegen des kritischen klimas nit fliegen?

      vielleicht baut uns der pletzer so was vor abrahams bankgebäude?

       
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MVP
vor 10 Monaten

Eine Tafel vor der Hypo, wie von der Frau Bürgermeister angedacht, würdigt in keinster Weise das Schaffen von Abraham.

Mmn der einzige Lienzer, der weltweit anerkannt war.

Da muss mindest ein Raimund-Abraham-Platz in Lienz her!

 
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    wolf_C
    vor 10 Monaten

    ... bei diesen 'Plätzen' hier würde sich der Abraham für diesen Zweck jedoch verweigern; kann sich als Toter halt nimma wehren dagegen ...

     
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      Senf
      vor 10 Monaten

      Hast recht, Abraham hat ja in seiner verbindlichen Botschaft gemeint;

      "Jeder Bau verletzt die Erde. Jeder Architekt hat deshalb die Verantwortung, dass diese aufgeladene Schuld der Verletzung der gegebenen Erde nur durch eine kulturelle und künstlerische Verbesserung versöhnt werden kann."

      Das beginnt bereits mit einem Sockel ...

       
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      wolf_C
      vor 10 Monaten

      ja, die Praxis stört halt die Theorie, so schön sie auch sein möge ; wir sollten diesen bemerkenswerten Satz der Julia Pohl: ''Ich wünsche mir, dass wir wegkommen von der Wegwerfarchitektur und wieder Häuser bauen, die 300 Jahre stehen können.''beachten, der ist gescheiter wie 99% der hier angewandten wissenschaftlichen Logik; die maßgeblichen Protagonisten, egal ob Hoch- Tief- oder sonst ein bau haben nix! kapiert. Sie betonieren sich, angeführt von den Bürgermeistern und weiteren Verantwortlichen, weiter durch die Umwelt auf der Suche nach Rendite, was anderes zählt nicht mehr, geschweige denn Schönheit. Auch wenn viele hier den wunderschönsten Talboden rühmen, dem ist n i c h t so.

       
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    Village Pizza
    vor 10 Monaten

    Vollkommen richtig. In Lienz war Abraham weltberühmt und weltweit anerkannt.

     
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      MVP
      vor 10 Monaten

      ein nachruf aus 2010... vielleicht wird einem da die bedeutung bewusst...

      https://www.derstandard.at/story/1267132374852/raimund-abraham-1933-2010

       
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e-mission
vor 10 Monaten

fuck creativity. lässte eine werbefirma seit kurzem plakatieren. dann wundert man sich über verrohung der sprache.

 
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Senf
vor 10 Monaten

provokativ: die öu-monarchie hat viele städte architektonisch geprägt und spuren hinterlassen, die bis heute millionen menschen faszinieren. es sind gebäude, die ihr entstehungsdatum nicht verleugnen und sogar einen hauch an nostalgie vermitteln.

aber wie würde wohl die liebburg, aussehen, wenn man damals schon diese heutige fülle an modernen baustoffen und methoden moderner gebäudesystematik gehabt hätte? abraham hat es recht gut verstanden, seine gestaltungsidee in freier hand ohne vorgaben mit mitteln des zeitbedingten angebotes im bauwesen optimal zu nutzen. vielleicht würde er bereits heute so manches anders machen. architektur hat ja ablauf und ist daher wenig nachhaltig.

interessant, dass im interview kaum jemand notiz vom gebäude nimmt, denn als "schönstes Bauwerk von Lienz" tituliert müsste es ja mehreren menschen auffallen und sie faszinieren. ist es daher wirklich eine gelungene einbettung in die gewachsene stradtstruktur, oder soll uns das eingeredet werden?

architektur von heute reduziert sich in der praxis wohl mehr auf die aufgabe, sämtliche wünsche des auftraggebers innerhalb einer kostenvorgabe unter den gesetzlichen vorschriften zu papier zu bringen, wobei für kreativität meist wenig platz bleibt. eigentlich schade!

 
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    Hannes Schwarzer
    vor 10 Monaten

    Naja @senf: in der Liebburg hat der Architekt im Jahre 1985/86 sehr wohl Kreativität bewiesen, als er die Türblätter (Ratsaal, Clubraum und Gang) so einhängte, dass sich diese immer gegenseitig behindern und somit immer zwei geschlossen sein müssen! Dass dies beim Umbau des Bürgerservices (2-flüglige, 90cm Tür in die Büros des Bürgerservices) 2010 wiederholt wurde, ist schon fast........absichtliche Behinderung von Arbeitsabläufen!

     
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      Senf
      vor 10 Monaten

      hallo hannes, im detail und auch in ihrer funktionalität sind mir weder die liebburg noch das bankgebäude bekannt. akzeptanz, zufriedenheit oder betriebskosten sind im bericht nicht thema, wohl aber die äussere gestaltung.

      der wichtigste planungsaspekt wird wohl sein, dass sich ein architekt in betriebsabläufe der arbeitenden menschen und ihre kultur insgesamt vertieft, bevor er überhaupt seinen bleistift ansetzt und deshalb wird kreativität wohl mehr darin zu sehen sein, wie der planer sämtliche ansprüche zuriedenstellend löst. das gebäudeerscheinungsbild ergibt sich dann ja aus dem gesamtprodukt, das man dann oft krampfartig schönredet.

      ja, du hast recht, es gibt durchaus große defizite wie fehlende putzkammerln, zu kleine oder gar keine müllräume, weite wege, umständliche lieferanteneingänge, vergessene edv-abteile und depot, schlechte raumakustik und heutzutage besonders bei neubauten: möglichkeiten effektiver sonnenenergienutzung ... ein architekt kommt und ... er geht!

      deine liebburgkritik ist wahrscheinlich nur mit einverständnis der mitarbeitern untereinander noch in diesem jahrhunder zu lösen: an geraden amtsstunden einlass links, an ungeraden amtsstunden einlass rechts. oder gar eine ampelregelung. tusch, hahahaha ...

      schönen nachmittag!

       
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      Senf
      vor 10 Monaten

      wenn der fatale planungsunsinn mit den türen seit 1985, also nun 38 jahre tolleriert wurde, dann finde ich das als armutszeugnis all jener, die es ändern hätten können. man stelle sich vor, ein kleinkind zerquetscht sich sie hand am türanschlag oder ein betagter bürger erleidet einen hirnschlag vom türblatt. grosse aufruhr, ein schuldiger muss her. na, wen wirds dann wohl erwischen? den architekt, den amtsleiter, das stadtoberhaupt, das arbeitsinspektorat, sämtliche gemeinderäte oder gar den hausmeister? alle flüchten vor der verantwortung, aber allesamt sacken ihre monatsgage ein, stellen sich blöd und reden sich womöglich auf das urheberrecht des architekten aus, denn es darf ja nichts am kunstwerk geändert werden. armselig, diese zustände.

       
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    r.ingruber
    vor 10 Monaten

    1. Abraham hatte sehr wohl Vorgaben. 2. Schönheit hat nichts mit Auffallen zu tun. 3. Das Gebäude fällt deshalb nicht auf, weil es die Vorgaben beachtet. 4. Es gibt auch so etwas wie innere Schönheit (Kosmos statt Kosmetik).

     
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      Senf
      vor 10 Monaten

      ... dann war die gestaltung doch vorgabe, aber von wem? bauherr, behörde ... das tut weh! ist schönheitsverständnis nicht frage des selbstverständnisses? rote, auch noch so gepflegte fingenägel wurden mir mal mit adlerkrallen nach dem lämmerriss definiert ... hm.

      ein neues thema für die oberstufe?

       
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      Hannes Schwarzer
      vor 10 Monaten

      Abraham hatte eine unabänderbare Vorgabe: die Breite mit 7,24m! Angelehnt an das Österr. Kulturinstitut in New York, das allerdings breiter (7,60m) und ein bisschen höher (27,50m) ausgefallen ist, hat er dann die Bankvorgaben eingearbeitet und damit sicherlich ein Denkmal, ein Landmark geschaffen. Nebenbei: Abraham hat nicht allzuviel gebaut: neben den beiden erwähnten ein paar private Wohnhäuser (Dellacher, Oberwart - Pless in Wien - Dapra in Salzburg und B. in Gaimberg, sowie sein Haus in Mexiko), dazu kommen noch einige Geschäftshäuser und öffentliche Aufträge.

      In Lienz spielten weitere wichtige Faktoren mit: ein verjüngter Gemeinderat (ab1992) mit durchaus weitblickenden Mitgliedern im Bauausschuß, ein junger engangierter Filialleiter und ein ausführender Architekt (Mag. Gussnig Gerhard), der versucht hat, Abrahams Vorgaben 1:1 umzusetzen, was teilweise schwierig war. Und vor allem: ein Auftraggeber, der bereit war, für eine Bankfiliale viel Geld auszugeben.

      Das Resultat fällt (leider) kaum auf, was aber der Schönheit keinen Abbruch tut. (Rudi) Schade ist nur, aber auch verständlich, dass die Bank ihr Werbeschild dann doch noch angebracht hat, Abraham wollte die Fassade ohne Beschilderung haben.

       
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      r.ingruber
      vor 10 Monaten

      Lieber Hannes, nicht nur die Breite der Baulücke, auch die Trauf- und Gesimshöhen der Nachbarhäuser sind Vorgaben. Das Kulturforum in New York hat 24 Stockwerke, und eine Vorgabe, diese in 27,5 m unterzubringen, hätte auch Abraham nicht gelöst.

       
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      Hannes Schwarzer
      vor 10 Monaten

      @Rudi: stimmt, es sind 84m, ich habe das mit der Tiefe verwechselt. Danke

       
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Herr_Ethiker
vor 10 Monaten

Sehr schöne Arbeit zur Erinnerung an Raimund Abraham „den man in seiner Heimatstadt Lienz so gut wie vergessen hat“. Damit ist er in bester Gesellschaft, denn auch Joe Pirchner ist hier wenig bekannt. Und das, obwohl er auf Dolomitenstadt beinahe wöchentlich für Schlagzeilen sorgt.

 
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Claudia Moser
vor 10 Monaten

Sehr tolles Projekt! Gratulation!

 
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