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Brandgefährlich: Rufe nach Batterien-Pfand werden lauter

Wegen großer Brandgefahr fordert die Abfallwirtschaft mehr Hersteller­verantwortung und ein Pfandsystem.

Im Restmüll entsorgte Batterien stellen nach wie vor eine große Gefahr für Brandherde bei den Unternehmen der Abfallwirtschaft dar. Am gefährlichsten sind Lithium-Batterien und -Akkus, deren Marktanteil in den letzten Jahren stetig stieg und 2022 in der Kategorie Gerätebatterien bereits bei 47 Prozent lag.

Nach einer Berechnung der Montanuniversität Leoben landen jährlich fast drei Millionen Lithium-Ionen-Batterien im Restmüll – das bedeute zwei Lithium-Batterien pro Tonne Abfall. Laut Schätzungen der Universität sei damit zu rechnen, dass sich diese Menge in den letzten sechs Jahren verdoppelt hat – mit stark steigender Tendenz.

Damit wächst auch die Brandgefahr für Beschäftigte und Betriebe der Abfallbranche. „Auch für unsere Mitarbeiter:innen ist das brandgefährlich. Beim Schreddern kann jederzeit ein Akku Feuer fangen und bis zu 1.000 Grad erreichen“, erklärt Umweltberater Gerhard Lusser vom Osttiroler Abfallwirtschaftsverband. Nicht bei der Firma Rossbacher, sondern auf der Deponie des Verbandes in Lavant landet der Osttiroler Restmüll und wird dort in nicht brennbares und brennbares Material aufgeteilt.

Rossbacher transportiert diese Abfälle in Müllwägen nach Lavant. Auch dabei kommt es wegen Lithium-Batterien immer wieder zu brenzligen Situationen. „Im letzten Jahr hatten wir wegen eines Akkus einen Brand in einem Müllwagen“, erzählt Franz Rossbacher. Auf der Mülldeponie in Nußdorf-Debant wurde in den vergangenen Jahren mehrmals Großalarm ausgelöst, weil nicht korrekt entsorgte Akkus ganze Müllberge in Brand setzten.

Falsch entsorgte Lithium-Batterien können großen Schaden anrichten. Im Bild zu sehen ein durch einen Akku ausgelöster Brand auf der Rossbacher-Deponie 2022. Foto: Rossbacher

„Wir müssen eine Lösung finden und die Leute dazu bringen, die Batterien richtig zu entsorgen.“

Gerhard Lusser, AWV Osttirol

Der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) erneuert daher seine Forderung nach einem Pfand auf Batterien und eine Erhöhung der Sammelquote auf 90 Prozent. Auch Lusser schließt sich dieser Forderung an: „Wir müssen eine Lösung finden und die Leute dazu bringen, die Batterien richtig zu entsorgen. Immerhin können 97 Prozent der Rohstoffe in einem Akku verwertet werden.“ Ernüchternd sei jedoch die Rückgabequote. „Bei den Haushaltsbatterien liegen wir bei knapp unter 50 Prozent“, so Lusser.

In diesem Zusammenhang tritt die heimische Abfallbranche auch für eine erweiterte Herstellerverantwortung ein, etwa in Form eines Fonds, der Präventions- und Investitionskosten abdecken soll. Ab 18. Februar gelten die Regelungen der EU-Batterieverordnung, die für den VOEB wegen verbindlicher Recyclingquoten sowie der Mindestrezyklateinsätze bei der Neuproduktion „einen Schritt in die richtige Richtung“ darstellt. Die Regelungen würden jedoch infolge des Verzichts auf ein europäisches Pfandsystem für Batterien zu kurz greifen.

Eine Öffnungsklausel erlaube den Mitgliedsstaaten allerdings nationale Systeme. „Ein Batteriepfand in Österreich ist aus mehreren Gründen das Gebot der Stunde“, unterstreicht VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly. „Wir brauchen sichere Sammel- und Behandlungsbedingungen für diese Wertstoffe. Zudem ist der durch Brände entstandene Sachschaden enorm und gefährdet nicht nur die Betriebe, sondern auch die Entsorgungssicherheit der Bevölkerung“, so Jüly.

Nicht zuletzt auch aus Umweltschutzgründen liege eine Pfandlösung nahe, „denn knappe Ressourcen erfordern besseres Recycling. Nur bei getrennter Sammlung können Batterien auch recycelt und Wertstoffe wie Aluminium, Kobalt oder Lithium wiederverwertet werden.“ Das wiederum, so Jüly, trage zur Reduktion von Rohstoffimporten bei. Die gesetzliche Sammelquote bei Gerätebatterien soll von derzeit 45 Prozent bis 2030 auf 75 Prozent erhöht werden.

VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly fordert ein Pfandsystem für Lithium-Batterien und mehr Herstellerverantwortung. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Jüly: „Als Verband gehen wir einen Schritt weiter und setzen uns für eine Sammelquote von 90 Prozent bei Batterien ein. Was für PET-Flaschen gilt, sollte auch für Lithium-Ionen-Batterien möglich sein.“ Die EU hat in ihrer Verordnung zu PET-Flaschen eine Sammelquote von mindestens 90 Prozent bis 2029 vorgeschrieben.

Roland Pomberger, Lehrstuhlleiter für Abfallverwertungstechnik, und Thomas Nigl von der Montanuniversität Leoben bestätigen den „eindeutigen Zusammenhang zwischen der steigenden Anzahl von Lithium-Batterien im Restmüll und den Bränden bei Recyclingbetrieben. Diese haben sich in Österreich in den letzten zwölf Jahren mehr als verfünffacht.“ Lithium-Ionen-Batterien können sich bereits bei kleinster Beschädigung entzünden und gefährliche Brände in Müllfahrzeugen, Sortier- oder Recyclinganlagen auslösen. „Wir sprechen hier von bis zu sechs Brandherden pro Tag in einem Betrieb“, so die Experten.

„Das Problem wird sukzessive größer, wir können und wollen es nicht allein lösen.“

Gabriele Jüly, VOEB-Präsidentin

Einerseits kommen immer mehr Batterien auf den Markt, andererseits landen in den nächsten Jahren immer mehr Altgeräte am Ende ihres Lebenszyklus im Abfall. Die Wissenschaft geht daher von einer Verdoppelung der derzeit im Restmüll befindlichen Lithium-Ionen-Batterien von aktuell etwa drei auf sechs Millionen Stück aus. „Das Problem wird also sukzessive größer, und wir können und wollen es nicht allein lösen. Schließlich haben wir es auch nicht verursacht“, so Jüly.

Der VOEB fordert in diesem Zusammenhang eine Herstellerverantwortung, die über Aufklärung und Information der Öffentlichkeit hinausgehen und eine konkrete Kostenbeteiligung der Produzenten an Schulungsmaßnahmen, erhöhten Versicherungsprämien sowie Investitionen in Brandschutztechnik vorsehen soll.

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2 Postings

wolf_C
vor 3 Monaten

Ghana ist noch schmutziger, und vielleicht verdienen im hässlichsten Talboden Österreichs auch bald Müllsammler ihren Lebensunterhalt?

 
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gemeiner Waldkauz
vor 3 Monaten

Abfallwirtschaft benötigt professionellere Lagerstätten und Brandschutzanlagen. Hier wird Müll gelagert wie in Bangladesch.

 
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