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Wer braucht ein Gasthaus, wo es ein „Ladile“ gibt?

Kultige Nostalgie, originelle Sprüche und nette Menschen in der Lienzer Messinggasse.

Mit nicht viel mehr als 150 Meter ist sie wohl eine der kürzesten Gassen in Lienz. Klein, aber fein, könnte man sagen, denn sie ist definitiv eine der schönsten, vor allem seit sie 2011 aufwendig mit Pflasterung und Sitzgelegenheiten revitalisiert wurde: die Messinggasse in der oberen Altstadt. Freitags und samstags ist sie zudem das Zentrum des beliebten Lienzer Stadtmarktes, der in diesem Jahr nach 2.600 Markttagen und rund 4.8 Millionen Kund:innen sein 25-Jahr-Jubiläum feierte.

Was heute einer der beliebtesten Abschnitte der Lienzer Fußgängerzone ist, war früher ein Arbeiterviertel, das nach einem ehemaligen Messingwerk benannt war. Diese Messingfabrik – oder auch Messinghütte genannt – wurde durch den Tiroler Landesfürsten Erzherzog Ferdinand II. bereits 1564 bewilligt und von Christoph Freiherr von Wolkenstein-Rodenegg in der ehemaligen Meraner Gasse gegründet, um das Kupfer aus den einheimischen Bergwerken, vor allem jenen in Kals, im Virgen- und im Defereggental, und das Zink in Form von Galmei aus dem Drautal zu verwerten. Über zweieinhalb Jahrhunderte war dieses Messingwerk, das teilweise bis zu hundert Personen Arbeit verschaffte, der größte Industriebetrieb in Lienz und ein wichtiger Faktor im Wirtschaftsleben der Stadt.

Die Messinggasse hat eine lange Geschichte. Sie zählt zu den wirklich historischen Gassen der Stadt Lienz. Foto: Dolomitenstadt

Heute ist die Messinggasse bei Einheimischen und Gästen vor allem deswegen beliebt, weil man sich dort an sehr charmanten Plätzen treffen, unterhalten und auch kulinarisch verwöhnen lassen kann. Ein ganz besonderer Ort in der Gasse ist der kleine Laden des Lienzer Stadtschusters, Peter Weissenbacher, der mit über 60 Jahren Berufserfahrung seinen Betrieb schon seit 1978 betreibt – und zwar nicht nur als Schuhmacher, sondern auch mit einem Schlüssel- und Aufsperrdienst sowie einem Buffet mit kalten und warmen Getränken. Damit ist ein All-Inclusive Service garantiert, vor allem für seine Stammkund:innen, die ihm in den vielen Jahren genauso treu geblieben sind, wie jene von Christine Pichler schräg gegenüber.

Videointerview mit einer illusteren Runde vor der Milchtrinkstube Pichler in der Lienzer Messinggasse. Foto: Dolomitenstadt

Die Milchtrinkstube Pichler gibt es ebenso schon seit Jahrzehnten, um genau zu sein seit 1973, und betritt man sie, hat man wie in der Schusterwerkstatt das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben. Altes Bewährtes ist auch hier das Stichwort, denn Christine Pichler und ihr Mann mussten ihren Laden niemals verbessern, erweitern oder verändern, um ihre Kund:innen zu halten.

Ganz im Gegenteil. Diese kommen genau wegen dem vertrauten Ambiente und jeder, der schon einmal in Pichlers Milchtrinkstube war, weiß, wovon wir hier sprechen. Die Gäste fühlen sich sichtlich wohl und das ist wohl eindeutig der Verdienst von Frau Pichler, die außer Samstag nachmittags und sonntags jeden Tag ab 05:00 Uhr früh in ihrem „Ladele“ steht. Nur zweimal war sie krank in all den Jahrzehnten und auch bei unserem Besuch hatte die Arbeit Vorrang. Vor die Kamera wollte sie nicht. Wir konnten uns aber ausgiebig mit ihren Gästen unterhalten. Viel Spaß bei diesem Stadtgespräch aus dem Herzen von Lienz.

Silvia Ebner ist eine Erzählerin mit Leib und Seele. Ihr erstes Buch „Vom Sterben. Und Leben“ erschien im Sommer 2018 im Dolomitenstadt-Verlag und wurde gleich zum Bestseller. Die Sprachlehrerin arbeitet auch als Journalistin, Theaterautorin und Podcasterin.

Ein Posting

lia
vor 4 Stunden

herr stadtschuster, ein super messinggassler.

 
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