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Alemagna: Das Netzwerk der Gegner wächst

Memorandum wird demnächst nach Brüssel geschickt. Matthias Scherer schert aus.

Die alpenquerende Autobahn „Alemagna“ sei keineswegs ein „Gespenst“, sondern eine nach wie vor reale Bedrohung für die Lebensqualität aller potenziellen Anrainergemeinden – das unterstrichen am 25. September bei einem Pressegespräch in Lienz der Kartitscher Bürgermeister Josef Außerlechner, seine Innichner Amtskollegin Rosmarie Burgmann und Peter Haßlacher, Hauptinitiator eines Alemagna-Memorandums und Vorsitzender von CIPRA Österreich. Haßlacher, der in seiner Funktion viele europäische Foren kennt und vorwiegend auf EU-Ebene für den Schutz des Alpenraumes eintritt, sieht in einer klaren Haltung lokaler Akteure eine nicht zu unterschätzende Komponente der Entscheidungsfindung. Vor allem in der norditalienischen Region Veneto arbeite eine starke Lobby für den Aus- und Weiterbau der bereits bestehenden Alemagna-Trasse über Ost- und Südtirol in Richtung Deutschland. „Wenn man von den zuständigen europäischen Instanzen gefragt wird, was denn die regionale Bevölkerung dazu sagt, sind solche Bekenntnisse sehr wichtig. Sonst hört man nämlich nur die Stimmen der Befürworter.“
Sie kämpfen weiter Schulter an Schulter gegen die Alemagna: Peter Hasslacher, Rosmarie Burgmann und Josef Außerlechner. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Egal ob eine neue alpenquerende Trasse am Ende des Tages über Kartitsch oder über Cortina ins Pustertal führe, eine Transitlawine sei jedenfalls die Folge, warnt auch die Bürgermeisterin von Innichen, Rosmarie Burgmann: „Das würde das Pustertal endgültig zu einer Transitachse machen. Viele Lkw versuchen schon heute, auf diesem Weg Mautstraßen auszuweichen.“ Seit der ersten Unterzeichnung des Memorandums in Kartitsch habe sich ein immer breiter werdendes Netzwerk von Gemeindevertretern und Initiativen gebildet, erklärt Josef Außerlechner. In Südtirol sind die Gemeinden Innichen, Sexten und Niederdorf an Bord. In Osttirol neben Kartitsch auch Sillian, Heinfels und Strassen, in Oberkärnten Oberdrauburg, Berg, Greifenburg und Steinfeld. Für 24 Gemeinden im Cadore hat deren Regionspräsident Renzo Bartolot das Memorandum unterzeichnet. In den nächsten Tagen wird die federführende Gemeinde Kartitsch nationale und internationale Entscheidungsträger über den Inhalt und die Unterzeichner des Memorandums informieren. Trotz immer breiterer Unterstützung fällt auf, dass wesentliche Akteure fehlen. Im Südtiroler Pustertal ist das die Gemeinde Toblach, für deren Position die Innichner Bürgermeisterin nur ein Achselzucken übrig hat.
Matthias Scherer kommt kein Bekenntnis gegen die Alemagna über die Lippen: "Ich will nicht mit einer Unterschrift etwas blockieren." Foto: Brunner Images
Im Osttiroler Oberland fehlt demonstrativ die Unterschrift von Matthias Scherer, Bürgermeister von Obertilliach und Obmann des Planungsverbandes 35 auf dem Memorandum. Wir haben ihn gefragt, warum er nicht unterzeichnet? „Warum sollte ich? Es gibt die Alpenkonvention und die Beschlüsse von höheren Stellen. Das ist alles nicht spruchreif. Für mich geht das ins Leere.“ Auf die Frage, warum er nicht dennoch einfach ein symbolisches Zeichen setzt, wird Scherer konkreter: „Ich bin schon für eine verkehrstechnische Anschließung und will nicht mit der Unterschrift etwas blockieren.“ Die Alemagna-Gegner wollen indes ihre Bemühungen weiter verstärken und planen eine Arbeitsgruppe, die sich im November 2017 im Veneto treffen soll, um an einer umfassenden zweisprachigen Dokumentation der gesamten Problemstellung zu arbeiten. 2018 soll dann eine öffentlich zugängliche Arbeitstagung stattfinden.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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Hermann Kuenz unterzeichnet Alemagna-Memorandum

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7 Postings

Warum
vor 7 Jahren

Kann mir bitte jemand erklären wie eine Autobahn über Obertilliach - Kartitsch -Sillian gebaut werden kann. Bin auch gegen eine Autobahn durch Osttirol, aber für einen vernünftigen Straßenausbau im Pustertal und Drautal. ( Sillian - Lienz) Wo währe Osttirol heute ohne Felbertauerstraße ??? Ohne Straßen kein Tourismus keine Betriebe und es müssten noch viel mehr Menschen auswandern.

 
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    Klaudia Zanon
    vor 7 Jahren
     
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    Senf
    vor 7 Jahren

    wo auch immer ein hasslacher oder heilignbrunner auftaucht, wird gepoltert. schreckensgespenster über osttirol sind die szenarien, falst ein weltuntergang wird von den beiden großstadtbewohnern angekündigt. man profiliert sich in osttirol und lebt zu haus in saus und braus. warum@ hat recht, was allen fehlt ist aufklärung was nun tatsächlich passiert. und zwar von den zuständigen stellen und planern. eine gelbe linie auf der landkarte macht noch keine autobahn und es fehlt ja auch noch eine "ergebnisoffene Verkehrs- und Mobilitätsstudie", für die sich das RMO zuständig fühlt. aber zuvor regt sich bereits der Widerstand auch von innen: "Wir müssen nun erneut aufzeigen, dass wir dagegen sind – und der Widerstand ist da, keine Frage", meint BM auserlechner vorauseilend. wiederstand? gegen was eigentlich? die bereits vor jahrzehnten geplante autobahnanbindung des norditalienischen raumes über das zillertal nach bayern ist längst schon geschichte und eine autobahn durch osttirol ist planker schmarrn. wir brauchen solide verkehrsanbindungen zu den nachbarn, müssern aber vorher die regional bestehenden verkehrsprobleme als hausaufgabe lösen.

     
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bb
vor 7 Jahren

Wenn ich durch diese oberitalienischen Täler mit den Autobahnen fahre, hab ich nicht mal Lust, in einem der Orte auf einen Kaffee einzukehren geschweige denn, dort einen Urlaub zu verbringen. Nur schnell durch, bis die Umgebung wieder ansprechender ist... Schaurige Vorstellung, dass es in Osttirol mal so ausschauen könnte...

 
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Gerhard Pirkner
vor 7 Jahren

Nachtrag zu diesem Bericht: Am Nachmittag nach der Pressekonferenz hat auch der Toblacher Bürgermeister Guido Bocher das Memorandum unterschrieben.

 
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bergfex
vor 7 Jahren

„Ich bin schon für eine verkehrstechnische Anschließung und will nicht mit der Unterschrift etwas blockieren.“.......

Dann müßt ihr euch bei den nächsten Wahlen überlegen was ihr und wen ihr wählt, liebe Obertilliacher.

 
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bzler
vor 7 Jahren

Es ist wohl hilfreich, etwas differenzierter auf Venetien zu schauen. Natürlich gibt es das ständige Bestreben der Wirtschaftstreibenden in den großen Wirtschaftszentren, die Infrastruktur zu verbessern, mit teils brachialer Konsequenz. Ob jetzt die Pedemontana-Autobahn durch die Voralpen geschlagen werden soll, oder die Valdastico-Autobahn gegen den Willen der Trentiner, oder eben die Alemagna gegen Süd- und Osttiroler Bedürfnisse, ist fast schon einerlei. Man sollte schon Verständnis dafür aufbringen, dass sich Venetien wirtschaftlich wie politisch lieber an Bayern als Süditalien orientiert.

Nun müssten die LKWs auf dem Weg nach Norden aber zuerst die Provinz Belluno durchqueren, die bekannterweise ja auch Bergland und weniger Wirtschaftszentrum ist. Entsprechend gibt es dort neben den Alemagna-Lobbyisten, wie zum Beispiel den undurchsichtigen Vivaio-Leuten, genauso entschlossene Autobahngegner wie hierzulande, die sich auch nicht auf die Autonomisten des BARD beschränken.

Allerdings sollte man sich vor Augen halten, dass die bellunesischen Dolomitentäler unter Abwanderung, schlechter Erreichbarkeit und politischer Vernachlässigung leiden. Schließlich haben sie keine Autonomie wie Südtirol, Trentino und Friaul. Um den Druck des Alemagna-Kessels abzulassen, bedarf es deshalb eines Ventils: eine Verkehrverbindung nach Norden und zwar keine Transitroute, sondern ein Nahverkehrskonzept. Das könnte ein Bundesstraßentunnel nach Kartitsch sein, oder eine Lokalbahnverbindung ins Pustertal, so wie sie einst durchs Höhlensteintal über Cortina nach Calalzo fuhr.

Für letztere gibt es bereits Machbarkeitsstudien, die vom Präsidenten Venetiens Luca Zaia gefeiert werden, von der südtiroler Politik und deren STA kleingekocht werden, und in Osttirol wohl noch nicht einmal wahrgenommen wurden.

Meine Message: wer Transit verhindern will, soll nicht mauern, sondern sich um kleine, umweltverträgliche Nahverkehrslösungen interessieren. Schließlich haben Osttiroler und Belluneser viele Sorgen und Chancen gemein.

 
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