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Alpenverein: „Wir lassen uns nicht mundtot machen“

AV-Präsident Andreas Ermacora reagiert auf Anfeindungen aus der Seilbahn- und Tourismuswirtschaft.

Der Alpenverein ist gegen die „Gletscherehe“, sprich den Zusammenschluss der Gletscherskigebiete im Ötztal und Pitztal, der mit massiven Eingriffen in eine bisher unberührte hochalpine Gletscherlandschaft verbunden wäre. Deshalb attackieren – ausgehend vom Pitztal – diverse Wirtschaftsgruppierungen den Bergsportverein und fordern, dass die Alpenvereinshütten im Hochgebirge Aufenthaltsabgaben bezahlen sollten. Laut §4 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes sind „Nächtigungen in Schutzhütten, die aufgrund ihrer einfachen Ausstattung mit Beherbergungsbetrieben im Dauersiedlungsraum nicht vergleichbar sind“, nämlich von der Kurtaxe befreit. Ganz besonders stört das den Seilbahner und VP-Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl, der dem Alpenverein – der in Tirol 110.000 Mitglieder hat – vorwirft, Massentourismus zu verursachen und zudem vier Millionen Euro an Förderungen pauschal und ohne Projektanträge zu kassieren. Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora weist die Angriffe in einer Aussendung „auf das Schärfste“ zurück und stellt klar: „Der Alpenverein wird sich von Touristikern auch in Zukunft nicht in die Knie zwingen lassen – ganz im Gegenteil: Mit unseren Schutzhütten und Bergwegen werden wir auch künftig zu einem umweltverträglichen Tourismus beitragen und uns zum Wohle unserer aller Umwelt weiterhin mit voller Vehemenz zur Wehr setzen und für die Schönheit der Natur kämpfen.“
AV-Präsident Andreas Ermacora: „Der Alpenverein wird sich von Touristikern auch in Zukunft nicht in die Knie zwingen lassen.“
In den AV-Schutzhütten gebe es in der Regel nur Mehrbettzimmer und Matratzenlager, geschlafen werde im Hüttenschlafsack. Ermacora: „Der Vorwurf, unsere Schutzhütten würden ‚komfortablen Berghotels‘ gleichen – und auch deshalb sollten wir Kurtaxen bezahlen – ist selbstverständlich völlig aus der Luft gegriffen. Das werte ich als überzogen und unsachlich.“ Sektionen und Hüttenwirte hätten zudem mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen: „Die Saison auf den höhergelegenen Hütten ist auf rund drei Monate beschränkt, Bau und Sanierungskosten sind bis zu zweieinhalbmal höher als im Tal. Eine WC-Spülung auf manchen Hütten kann bis zu fünf Euro kosten, die Kilowattstunde Strom bis zu drei oder gar vier Euro“, erklärt der AV-Präsident. „Falsch und aus der Luft gegriffen“ seien auch Hörls Behauptungen zum Thema Förderung. „Der Verband alpiner Vereine Österreichs bekam im Jahre 2019 insgesamt 3.720.000 Euro, der Alpenverein hat davon rund 2,3 Millionen Euro erhalten. Jede einzelne Rechnung wird davon mehrfach geprüft: einerseits durch ein internes Kontrollsystem, dann vom Ministerium, das selbst wieder vom Rechnungshof geprüft wird. Jede andere Institution kann sich da eine Scheibe abschneiden. Wir treten hier sehr gerne jeden Vergleich mit der Tourismuswirtschaft an“, betont der Alpenvereinspräsident und vermutet eine konkrete Ursache hinter den Attacken. „Ob das nun eine Retourkutsche ist, weil wir uns als Alpenverein beispielsweise so vehement für den Schutz rund um den Linken Fernerkogel oder für andere Gebiete einsetzen, will ich nicht beurteilen. Klar ist, dass manche Gruppen den Alpenverein als äußerst unbequem ansehen. Dies werden wir selbstverständlich auch in Zukunft bleiben – das sind wir den Menschen – besonders aber auch unserer Umwelt – schuldig. Gefügig machen werden wir uns nicht lassen.“ Der Alpenverein werde sich zu diesem Thema im Jänner nochmals zu Wort melden.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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4 Postings

Lurch112
vor 4 Jahren

Der Hörl kann einfach nicht logisch denken. Dem Alpenverein vorzuwerfen, Massentourismus zu erzeugen ist doch vollkommen absurd. Genau die Seilbahner erzeugen doch den Massentourismus. Ohne Seilbahnen wäre wahrscheinlich in manchen Gebieten ein Zehntel der Leute am Berg. Habe schon oft genug erlebt, dass Leute bei der Bergstation aussteigen, die praktisch gar nicht für den Berg gerüstet sind und nur mal so für ein Selfie hochfahren, oder in dem Restaurant der Bergstation Kaffee oder Bier trinken und dann wieder runter fahren. Am absurdesten ist, wenn Leute eine Drohne mit raufnehmen und alle Wanderer und Wildtiere stören. Wenn jemand wirklich an dem Bergsteigen und der Natur interessiert ist, macht man so etwas nicht. Und zudem sieht man gut, dass Herr Hörl und auch alle Seilbahner an wirtschaftlichen Interessen auf Kosten der Natur interessiert sind. So nach dem Motto: Scheiß auf die Natur, solange die Profite passen. Hörl, bitte sein einfach still!

 
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manchmalgottseidankexilosttiroler
vor 4 Jahren

Den dicken Hals von Franz Hörl kann man durchaus als Symbol für die Gier, der von ihm vertretenen Seilbahnwirtschaft verstehen. Es werden jährlich Millionen Kubik Beton in die Landschaft gegossen, um immer mehr Touristen mit immer mehr beheizten Sesseln und immer mehr beheizten Ärschen ein "authentisches Erlebnis" zu verkaufen. Dass genau dieser Hörl dem AV vorwirft,dass er Massentourismus verursacht,könnte man wohl als Witz des Tages bezeichnen,wenn es nicht so traurig wäre.

 
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heli52
vor 4 Jahren

Gerechtigkeit? Für eine 16 qm Almhütte (1 Raum plus WC), die ich nachweislich nur zur Eigenverwendung nutze, zahle ich jährlich € 240,-- Tourismusabgabe und ab 1. Jännwe wahrscheinlich auch noch Freizeitwohnsitzabgabe! Der Alpenverein auf seinen "Schutzhütten" mit teilweise Hotelcharakter zahlt nichts! Wo ist da die Gerechtigkeit?

 
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    steuerzahler
    vor 4 Jahren

    Die Tourismusabgabe und die Freizeitwohnsitzpauschale für ausschließlich privat genützte Objekte ist eine Schweinerei und gehört abgeschafft. Typisch österreichische Abkassiererei. Das kommt mir so vor wie Schutzgelderpressung und gehört mittels Mafiaparagrafen verfolgt.

     
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