Ihr Dolo Plus Vorteil:
Diesen Artikel jetzt anhören

Coronavirus: Kein Kranker und viele Betroffene in Osttirol

Verunsicherung wächst. Einreiseverbot irritiert Firmen. Kino beschränkt Sitzplätze.

Noch immer wurde in Osttirol keine konkrete Corona-Erkrankung nachgewiesen. Dennoch wächst die Zahl der direkt von der Epidemie Betroffenen praktisch stündlich. Verantwortlich dafür sind zum Teil hektisch wirkende Aktivitäten der Politik. Besonders verunsichernd war für direkt Betroffene der „Einreisestopp aus Italien“, den Bundeskanzler Sebastian Kurz, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer medial am Dienstagmittag verkündeten.
Wer da nicht ins Schwitzen kommt ... am Brenner – aber nicht in Sillian – wurde dienstags noch Fieber gemessen, ab Mittwoch braucht man vermutlich schon ein Attest. Foto: Expa/Groder
In Osttirol arbeiten zahlreiche Menschen aus Südtirol, die am Dienstag plötzlich vor dem Problem standen, ob sie abends heimfahren und am nächsten Tag wieder in die Arbeit kommen können. Kaum erhellend war ein erster Anruf bei der Polizei in Sillian. Dort wollte man nicht einmal Kontrollen an der Grenze in Arnbach bestätigen, obwohl diese laut Innenministerium offiziell schon stattfinden. Also fragte Dolomitenstadt.at am späten Nachmittag bei der Bezirkshauptmannschaft in Lienz nach. Bezirkshauptfrau Olga Reisner enthielt sich vollständig der Stimme und verwies in einem lapidaren Einzeiler auf die „Zuständigkeit des Landes“.
Reinhard Lobenwein, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer, hat die vielen Fragen der Osttiroler Unternehmen gesammelt und wartet auf Antworten der Behörde. Foto: Dolomitenstadt/Wagner
Deutlich auskunftsfreudiger war Reinhard Lobenwein, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer, der seit der Regierungsansage ebenfalls mit einem Fragenbombardement aus der Wirtschaft zu kämpfen hat. „Wir haben heute viel telefoniert“, erzählt er, „und alle Fragen unserer Mitglieder gesammelt an das Land übermittelt. Nachdem es noch keinen offiziellen Erlass gibt, sind unserer Ansicht nach die Grenzen noch offen. Mit den entsprechenden Erlässen und konkreten Fakten rechnen wir morgen und werden dann umgehend darüber informieren.“ Insgesamt wenig Verständnis für die Art der Grenzschließung signalisiert der in Osttirol primär mit Corona-Untersuchungen beschäftigte Virologe Gernot Walder: „Wir haben alle Hände voll zu tun, um die Tests durchzuführen und andere wichtige Vorkehrungen zu treffen. Hunderte Gesundheitschecks für Firmenmitarbeiter sind da nicht drin, schon gar nicht weil jede Klarheit fehlt, wie so ein ärztliches Attest genau ausschauen soll.“ Diese Frage beschäftigt auch die Wirtschaftskammer. Lobenwein: „Wichtig wäre vor allem zu wissen, ob das Gesundheitszeugnis dann zumindest für mehrere Tage gilt.“ Nicht minder verwirrend ist für viele eine weitere Ansage der Bundesregierung: Indoor-Verstaltungen mit mehr als hundert Personen und Outdoor-Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen müssen demnach abgesagt werden. Auch hier fehlen bislang Richtlinien und Klarheit. Um 19.20 Uhr traf eine Aussendung der Landesregierung in der Redaktion ein, die etwas Licht ins Dunkel bringt. „Ab morgen, Mittwoch, sind alle Freiluft-Veranstaltungen mit über 500 TeilnehmerInnen sowie alle Veranstaltungen im Innenbereich mit über 100 Personen bis Anfang April abzusagen. Sportveranstaltungen können ohne ZuschauerInnen stattfinden. Die Informationen hinsichtlich des Verwaltungsmanagements werden an die Gemeinden weitergeleitet – man ist bemüht, auf alle Fragen bestmöglich einzugehen“, wird verlautbart. Der Lienzer Kinobetreiber Franz Rossbacher hörte sich schon vorsorglich im Kollegenkreis um und wurde selbst initiativ. Er schickte am Dienstagabend über die sozialen Medien folgende Botschaft aus: „Liebe Kinofreunde, die Gesundheit unserer Gäste und Mitarbeiter hat für uns oberste Priorität. Wir werden aufgrund der aktuellen Empfehlung des Gesundheitsministeriums die Anzahl der Kinobesucher auf 99 Besucher pro Filmvorstellung begrenzen. Darüberhinaus werden wir versuchen, zwischen den Kinobesuchern einen Platz freizuhalten. Daher können wir Reservierungen nur mehr telefonisch entgegennehmen. Außerdem werden wir an der Kinokassa und am Kiosk Desinfektionsmittel zur freien Verwendung anbieten.“
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

Das könnte Sie auch interessieren

Coronavirus: Volle Reisewarnung für Italien

Osttirol: Influenza schlägt Coronavirus (noch) um Längen

3 Postings

Kiew
vor 4 Jahren

Guter Hausverstand schau herunter. Hygieneschutz ja, Hysterie nein!

 
1
5
Sie müssen angemeldet sein, um ihre Stimme für dieses Posting abzugeben.
spitzeFeder
vor 4 Jahren

Zitat: >>Bezirkshauptfrau Olga Reisner enthielt sich vollständig der Stimme und verwies in einem lapidaren Einzeiler auf die „Zuständigkeit des Landes“.<< Zitatende.

Warum überrascht mich das jetzt so gar nicht? 🤔

 
1
10
Sie müssen angemeldet sein, um ihre Stimme für dieses Posting abzugeben.
Nickname
vor 4 Jahren

Da sieht man wie überfordert unsere Behörden und Staatsspitze mit der Situation ist! Allein die "Proforma Grenzkontrollen" belegen die mangelnde Krisenvorsorge die über Jahre kaputtgespart wurde.

 
6
6
Sie müssen angemeldet sein, um ihre Stimme für dieses Posting abzugeben.
Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren