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Angekommen in der politischen Realität…

…ist Franz Theurl im Gemeinderat. Der Start war holprig, doch noch gilt die Schonfrist.

Es dauerte nur wenige Minuten, da war Franz Theurl am Dienstagabend in der Realität angekommen. Er will nicht nur im Tourismusverband und bei den Lienzer Bergbahnen, sondern auch in der Stadtpolitik ein Wörtchen mitreden. Dank 923 Wählerstimmen kann und darf er das auch – wenngleich in anderer Form. Im Gegensatz zu seinen beruflichen und touristischen Posten ist er im Stadtparlament mehr Beobachter als Ansager. Das ist neu für Theurl. Seine ersten Schritte auf dem Parkett der Kommunalpolitik waren entsprechend wackelig.

Bürgermeisterin Elisabeth Blanik eröffnet die erste Sitzung der neuen Legislaturperiode. Foto: Brunner Images

Souverän und gut gelaunt betrat hingegen Elisabeth Blanik den Ratsaal. Links von ihr aus gesehen nehmen in den kommenden sechs Jahren acht Genoss:innen Platz. Nicht mehr auf der Ersatzbank sitzt Evelyn Müller. Sie wechselt von der Besuchergalerie ein Stockwerk nach unten. Dass Müller in Blaniks Planungen eine wichtige Rolle spielt, zeigt nicht nur ihr Platz. Die ÖGB-Frauenvorsitzende wird in drei Ausschüssen (Bau, Wirtschaft und Soziales) mitreden. Siegfried Schatz, Willi Lackner und Jürgen Hanser gehören ohnehin zum roten Inventar und beobachteten die erste Sitzung der neuen Funktionsperiode entsprechend gelassen.

Gute Stimmung in der „roten Familie“. Evelyn Müller nimmt erstmals im Ratsaal Platz. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Das trifft auch auf Gerlinde Kieberl zu, die nach dem Mandatsverlust der SPÖ in der Sitzordnung einen Platz Richtung Bürgermeisterin rückt. Die Grüne wirkte bei der konstituierenden Sitzung sogar frischer als im Wahlkampf und versprühte Optimismus. Verständlich, bleibt sie doch sechs weitere Jahre im Umweltausschuss. „Ich gelobe“ waren zwar die einzigen Worte, die ihr im Ratsaal über die Lippen kamen, im Dolomitenstadt-Interview gab sich Kieberl aber gesprächiger. Sie hatte angekündigt ihren „zweiten Mann“, Herbert Kinzl, mitarbeiten zu lassen und ließ ihren Worten Taten folgen: Kinzl sitzt künftig im Mobilitätsausschuss.

Mittendrin statt nur dabei: Christl Laßnig und Paul Meraner (MFG) sitzen in ihrer ersten Gemeinderatsperiode in je einem Ausschuss. Foto: Brunner Images

Kieberl gegenüber sitzt die MFG. Der Südtiroler Immobilienentwickler Paul Meraner und die bekennende Medienskeptikerin Christina Laßnig waren die großen Unbekannten, am Dienstagabend ließen aber auch sie die ersten politischen Hüllen fallen. Beim Stelldichein demonstrierte die MFG Einigkeit mit SPÖ und Grünen.

Bürgermeisterin Blanik braucht Mehrheiten und dass sie auf der Suche danach nicht an die Tür des Team Lienz klopfen wird, ist ein offenes Geheimnis. Umso wichtiger sind bei kontroversen Abstimmungen die „Kleinen“ als Zünglein an der Waage. In weiser Voraussicht sandte die Bürgermeisterin der MFG ein klares Signal. Wie für die Grünen, verzichtet die SPÖ auch für die MFG auf zwei Ausschusssitze. Paul Meraner ist deshalb Mitglied des Überprüfungsausschusses, Christl Laßnig sitzt im Sozialausschuss.

Keine Spur von Kummer: Die ÖVP präsentierte sich trotz Mandatsverlust in bester Laune. Foto: Brunner Images

Fast vergessen: Was macht eigentlich die ÖVP? Während die SPÖ mit 3:1 Stimmen im Stadtrat weiterhin beliebig schalten und walten kann, schrumpft die Zahl der Mandate der einst so mächtigen Stadtpartei nach der bitteren Pleite von 2016 nun ein weiteres Mal. Von Frust war bei den Schwarzen nichts zu spüren – im Gegenteil: Die ÖVP gefällt sich in ihrer Rolle. In einigen Ausschüssen mitreden, einen Vizebürgermeister stellen – all das reicht dem Team um Alexander Kröll offensichtlich.

Beim ersten Auftritt nach der Wahl hatte man nicht das Gefühl, hier einen Wahlverlierer vor sich zu haben. Die ÖVP will dieses böse Wort nicht hören und übt sich wohl sechs weitere Jahre in Zweckoptimismus. Erledigt wird das auf fünf statt bisher sieben Sesseln auf der rechten Flanke im Ratsaal. Neu dabei ist Kathrin Jäger. Die Unternehmerin sitzt im Ausschuss des städtischen Wasserwerkes.

Manuel Kleinlercher schreibt fleißig mit. Er konnte keinen Ausschussposten ergattern. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Nicht nur in der neuen Sitzordnung gibt es zwei Randgruppen. Das Team Lienz – immerhin drittstärkste Fraktion – und die FPÖ sitzen ohne Ausschussposten am Rande des Geschehens. Franz Theurl, Ursula Strobl und Florian Müller müssen ihre Rolle erst finden. Das trifft auch auf Manuel Kleinlercher zu. Etwas verloren saß er da neben Gerlinde Kieberl, schaute sich um und machte Notizen. Jahrelang hatte die FPÖ den Überprüfungsausschuss geleitet, diesen Griff in die Trickkiste erspart sich die SPÖ diesmal dank der MFG. Auch von ihrem Sitz im Sportausschuss müssen sich die Freiheitlichen verabschieden.

Damit haben wir unsere Runde durch den Ratsaal abgeschlossen und kehren zurück zu Newcomer Franz Theurl. Er muss erst lernen, wie Oppositionspolitik funktioniert, das hat der gestrige Abend gezeigt. Als einziger Mandatar ergriff er das Wort, um den Anwesenden seinen Unmut kundzutun: „Dass wir in keinem Ausschuss vertreten sind, bedauere ich zutiefst. Unsere Möglichkeiten sind beschränkt.“

Ursula Strobl und Franz Theurl beraten sich. In der ersten Sitzung enthielten sie sich der Stimme. Foto: Brunner Images

„In allen Tiroler Bezirksstädten gibt es mindestens fünf Stadträte“, erklärte der Touristiker und unterstrich, dass das Team Lienz ursprünglich eine Aufstockung des Stadtrates auf fünf Mitglieder beantragen wollte. Die Betonung liegt auf „wollte“. Denn der Team-Lienz-Frontmann wagte sich an diesem Abend nicht über den Konjunktiv hinaus. Den Antrag brachte er nicht ein. Warum eigentlich? Die ÖVP habe im Vorfeld signalisiert, dieser Idee nicht zuzustimmen. „Also kein Antrag?“, fragte Blanik. Theurl schüttelte den Kopf und sank in seinen Stuhl zurück. Vom Brustton der Überzeugung aus dem Wahlkampf fehlte jede Spur. Ein Fehler. Um in dieser Konstellation nicht unter die Räder zu kommen, wird das Team Lienz klare Kante zeigen müssen. Das hätte man schon beim Auftakt machen können, indem man die ÖVP in diese unangenehme Abstimmung zwingt.

Nach der Sitzung gab sich Theurl geknickt. Nur Beobachter in Ausschüssen zu sein, das könne sich seine Gruppierung nicht vorstellen. Diese Herangehensweise sollten die Neuen überdenken. Die Rolle der Opposition kann auch ohne Ausschussposten kontrollierend und konstruktiv sein. Noch vermeidet das Team Lienz klare Positionen und macht es sich leicht, etwa mit Stimmenthaltungen bei den ersten Abstimmungen. Doch für die kommenden Monate gilt die Schonfrist, und nicht zuletzt dank dem im Wahlkampf so engagierten Team Lienz lebt die Hoffnung auf beschwingte Debatten und flammende Reden. Denn schon im antiken Griechenland wusste Staatsmann Perikles: „Wer an den Dingen seiner Gemeinde nicht Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger.“


Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2022 Osttirol

Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

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Erste Sitzung des neuen Lienzer Gemeinderats

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15 Postings

Haberg21
vor 2 Jahren

Ja, es hat sicher einen bestimmten Grund, wenn die Liste Theurl sich in keinem Ausschuß findet! Es hat alles einen Grund........

 
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Wernher
vor 2 Jahren

Ja , Frau Blanik ist eine Bürgermeisterin die wirklich für Bürger da ist und nimmt sich auch die Zeit für die Anliegen derer. Sie hat auch Benehmen und grüßt Ihre Bürger:innen. Da kann FT noch einges von Ihr lernen.

 
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soomanides
vor 2 Jahren

@realist: Ja, schön langsam wirds anstrengend. Trotzdem noch eine Überlegung: E. Blaniks Entscheidung dürfte nicht nur gemeindepolitsch, sondern auch landespolitisch erklärbar sein. Aus heutiger Sicht wird die MFG (wenn das Volk nicht müde wird, gegen die Corona-Impfung u. a. zu protestieren), im nächsten Landtag vertreten sein. Vielleicht "braucht" die SPÖ diese Mandate für ihre strategischen Überlegungen? Man nimmt, was man bekommt! Dass die Vorsitzende des Verwaltungsauschusses Bezirksaltenheime EB der MFG als Impfgegner - wo gerade in den Altenheimen die Gesundheit der Heimbewohner*innen an erster Stelle steht - den "roten Teppich" ausrollt, stößt mir sauer auf.

 
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Spitzkofel
vor 2 Jahren

Schön langsam wirds anstrengend!

Wahl vorbei! Ergebnis zu respektieren! Ausschüsse werden von den Listen entsprechend der Mandatsverteilung besetzt! Wer wem welchen Ausschuss überlässt ist nicht relevant und Sache der jeweiligen Partei! Es besteht kein Anrecht auf einen Ausschuss für das Team Lienz! So ist es nun mal - obs einem gefällt oder nicht!

Man stelle sich das ganze umgekehrt vor! Glaubt hier wirklich irgendwer, dass das Team Lienz Ausschüsse an die SP abgegeben hätte?????

 
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    Enrico Andreas Menozzi
    vor 2 Jahren

    Natürlich hätten Team Lienz Ausschüsse an die SPÖ abgegeben , so wie mir jedes Jahr der amerikanische Weihnachtsmann Geschenke durchn Kamin bringt und dann mit seine Rentiere davon fliegt .

    Kein Mensch gibt seinen politischen Gegner einen Ausschuss wenn er im Hintergrund seit Jahren gegen den Gemeinderat arbeitet .

    Ich mag Frau Blanik , sie nimmt sich immer die Zeit für ein kleines Gespräch beim spazieren in der Hunde Freilaufzone . Erkärt die Zusammenhänge wie die Gemeinden im Talkessel zusammenarbeiten, Landespolitik in Innsbruck und sonstige Fragen die ich an sie habe .

    Theurl grüßt ja nichtmal , da ich ich ein niemand bin .

     
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aktuell
vor 2 Jahren

Dass BM jetzt nach ihren persölichen Befindungen ihr "Machtspiel" auslebt, ist einer BM nicht würdig. Dafür wurde sie nicht gewählt!

 
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walter0809
vor 2 Jahren

... die Schacherei geht munter weiter ... 1000 Lienzer Stimmen werden von vorherein und aus machtpolitischen Überlegungen einfach ignoriert - nur weil jemandem das Gesicht des Gegenübers nicht gefällt? "Drüberfahren" ist wohl für weitere 6 Jahre die Devise - Lienz wird dabei auf der Strecke bleiben! Leider!

 
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    Bewohner
    vor 2 Jahren

    @walter0809: ich möchte nicht Ihre rechnerische Kompetenz in Frage stellen, aber Sie runden schon etwas stark auf, oder? Ich glaube das 923 Stimmen schon eher bei 900 liegt als bei 1000!

    Und immerhin haben 3241 Stimmen Fr. Blanik als Bürgermeisterin gewählt, somit darf Sie sich auch aussuchen, wen sie mit auf Ihr Schiff nimmt.

    Hätte Herr FT als Obmann des TVBO ihr mit so wiedersinnigen Ideen wie z.B. dem Radweg am Hochstein, wo es nur um "ein paar" qm Stadtgrund geht, ans Bein gepinkelt, würde die Sachen vielleicht anders aussehen.

     
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      MagdaLe
      vor 2 Jahren

      Die MFG hat 637 Stimmen erhalten und die Grünen nur 319 Stimmen. Wo wir schon beim Rechnen sind...

       
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      Bewohner
      vor 2 Jahren

      @MagdaLe: Herzlichen Glückwunsch zur Goldmedaille bei der Matheolympiade! Sie werden bestimmt zur "1. Wahlstimmenauszählerin" bei den kommenden Landtagswahlen nominiert werden!

       
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keinexperte
vor 2 Jahren

FT könnte jetzt beweisen, wie sehr ihm die Stadt am Herzen liegt und sein, im Interview erwähntes Netzwerk nutzen, um einen Investor für die LLB zu finden, der die Anteile der Stadt übernimmt. Nachdem ihm die Macht in der Gemeindestube vor allem von den Wählern und Wählerinnen verwehrt geblieben ist, werden die Millionen für die LBB aus der Stadtkasse wohl nicht wie gewollt fließen.

 
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Koellateralschaden
vor 2 Jahren

@ALNA76, so wie das köllsche System in Matrei abgewatscht wurde, muss sich Frau Blanik genau überlegen ob sie AK noch zur Wahl des BKH Obmann unterstützt. Landtagswahlen stehen vor der Tür.

 
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sattmann
vor 2 Jahren

MFG bekommt 2 Ausschüsse, Team Lienz 0 Ausschüsse von der SPÖ - think about it

 
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    karlheinz
    vor 2 Jahren

    @sattmann, offensichtlich hat es die SPö notwendig mit einem der FPÖ nahen Demonstrantenteam, nämlich der MFG, einen Pakt einzugehen, um Mehrheiten im GR zu gewinnen. Irgendwie logisch, aber ich sehe die MFG in Bezug auf Coronamaßnahmen als Staatsverweigererpartei, die in letzter Zeit nichts anderes zu tun hatte, als zu demonstrieren. Dies dürfte diese MFG wohl von der "Schwesterpartei" (?) gelernt haben. Im Falle neuerlicher Coronamaßnahmen haben diese nun wenigstens die SPö als Verbündeten um gemeinsam auf die Straße zu gehen. So würden meines Erachtens Gegengeschäfte aussehen. Bedauerlich für FT und dessen Team, aber kompetente Leute will man offensichtlich bei der SPö nicht haben. Von der ÖVP und von den Grünen kann man sich momentan nichts erwarten, denn die haben gegenwärtig ja mit sich selbst tun.

     
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ALNA76
vor 2 Jahren

Man sollte Franz Theurl nicht unterschätzen. Mit guter Oppositions- und Sachpolitik kann er Frau Bgm.in Blanik stark zusetzen und bei der nächsten Wahl ganz vorne sein. Die Leute werden genau schauen was nun von den Wahlkampfthemen wirklich umgesetzt wird. Das erste Thema wird schon diskutiert. Mit ihrer frühen Entscheidung Köll als Gemeindeverbandsobmann zu unterstützen, bricht sie ihr erstes Wahlversprechen, nämlich sich alle möglichen Kanditaten/innen genau anzusehen und erst dann eine Entscheidung zu treffen. Jetz wirkt alles abgesprochen und mit diesem zunehmenden Machtkalkül verliert sie politisch an Glanz und wird leicht angreifbar. Es interessiert die Sozialistin auch nicht, wie zB die gewöhnlichen Mitarbeiter/innen im Krankenhaus über Herrn Köll und dessen Auswirkungen auf deren Arbeit denken. Es kommt zur üblichen Machtverteilung, sie in den Altenheimen, er im Krankenhaus. Egal was es kosten wird. Bei den kommenden Themen Kletterhalle, Südschule, Hochstein,... wird Theurl Gas geben und Frau Bgm. Blanik könnte schon bald das Lachen vergehen. Die Menschen wollen, dass etwas weiter geht und haben die Nase voll von dieser Freunderlpostenverarschdiewählerpolitik.

 
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