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Seit 1907 geht es über den Iselsteg ins Stadtzentrum von Lienz. Hier zu sehen eine Aufnahme um 1980. Foto: Georg Baptist; Sammlung Foto Baptist – TAP

Seit 1907 geht es über den Iselsteg ins Stadtzentrum von Lienz. Hier zu sehen eine Aufnahme um 1980. Foto: Georg Baptist; Sammlung Foto Baptist – TAP

Der Iselsteg in Lienz – einst und jetzt

Wir machen den Wandel sichtbar – diesmal in einer Zeitreise an das Ufer der Isel.

Ob die alte Zeit auch eine gute war, mag jeder für sich beurteilen. Ein Blick zurück stimmt jedenfalls manchmal sentimental und ist immer aufschlussreich. Heute zeigen wir den Lebenszyklus einer schmalen Brücke in der Stadt Lienz, über die im Laufe der Jahrzehnte tausende Beine marschiert, geschlendert und gelaufen sind: es geht um den Lienzer Iselsteg. Gebaut wurde die Brücke 1907 als Fußgängerübergang beim „Hölzl-Turm“, der nach dem früheren Besitzer Dr. Richard Hölzl benannt war. Das Aussehen des Steges hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, als wichtige Verbindungsroute ist der Übergang heute nicht mehr wegzudenken. Doch nicht nur die Brücke, auch die Umgebung befindet sich seit jeher im Wandel, wie unsere Zeitreise zeigt:
Das alte Bild stammt etwa aus dem Jahr 1930. Links ist die alte Stadtmauer, die um 1500 rund um Lienz gebaut wurde, gut zu erkennen. Vom „Iselturm“ war damals noch nichts zu sehen, stattdessen gab es ein nach innen offenes Rondell, wie man es vom BORG-Areal kennt. Erst um 1952 wurde das Rondell zu dem Turm ausgebaut, auf dem sich heute der Efeu nach oben rankt. Im Rahmen der 700-Jahr-Feier von Lienz wurde ihm sein charakteristisches Spitzdach aufgesetzt. Eine Flanke ziert das Fresko „Ritter, Bauer, Handelsmann“, das aufmerksame Leser:innen von unserer Entdeckungsreise kennen. Auch die städtische Bücherei befand sich viele Jahre im Iselturm, heute floriert der Buchverleih in unmittelbarer Nachbarschaft. Gegenüber des Turmes wurden 1952/53 die TIWAG-Gebäude errichtet, die das Stadtbild in diesem Quartier prägen. Auf Bildern aus früheren Jahren ist an dieser Stelle ein altes Haus mit kleiner Loggia Richtung Norden zu erkennen. Dahinter reihen sich dutzende Bäume aneinander. Erzählungen zufolge war in diesem Haus während der NS-Zeit die „Geheime Staatspolizei“ – kurz Gestapo – untergebracht. Hinter dem Iselturm drücken heute die Schüler:innen der Mittelschule Egger-Lienz die Schulbank. Im Sommer 1911 – vier Jahre nachdem wenige Meter entfernt der Brückenschlag gelungen war – wurde an diesem Standort über dem Turnsaal der Knabenhauptschule die städtische Mädchenschule eröffnet. Dahinter stand bis 1824 das Schweizertor.
Der Iselsteg mit der städtischen Mädchenschule vor der Fertigstellung im Sommer 1911. Foto: Unbekannt; Sammlung Stadtgemeinde Lienz, Archiv Museum Schloss Bruck – TAP
Ganz so romantisch und entspannt wie heute waren die Spaziergänge über den Iselsteg nicht immer. Unmittelbar unterhalb – zwischen dem „Wolkensteiner Türmchen“ und dem damaligen Hölzlturm – befand sich ab 1840 die sogenannte „Schlachtkuchl“. In die Stadtmauer hineingebaut, wurden in diesem kleinen Gebäude Gedärme gewaschen und die Abfälle im Fluss entsorgt. Der Schlachthof wurde 1909 geschlossen und im gleichen Jahr ein neuer Standort beim heutigen Grand Hotel eröffnet.
Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

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2 Postings

soomanides
vor 2 Jahren

Der Iselsteg ist seit Jahrzehnten ein guter Bekannter von mir, ich möchte sagen, wir haben sogar Freundschaft geschlossen. Als "Rindermarktler" benutze ich ihn fast täglich, entweder zu Fuss oder mit Rad. Ein Ereignis ist mir noch in bester Erinnerung: Mitte Juni 1958 führte die Isel nach starken Regenfällen und Schneeschmelze Hochwasser. Als ich am Morgen zur Arbeit ging, war der Steg nordseitig mit einem Holzgitter, versehen mit einer Tafel "Betreten verboten", abgesperrt. Über die Bretter schwabten bereits die Wellen des reißenden Flusses. Ab und zu schlugen Holzstämme gegen die Bohlen. Was tun? Ich war spät dran. Mein Lehrherr mahnte immer zur Pünktlichkeit. Ein kurzer Blick, das Gitter zur Seite geschoben, und los gings eiligen Schrittes und vor Angst zitternd über den Steg Richtung Muchargasse. Glück gehabt! Meine Hose blieb, trotz Aufregung - leer. Ein weiteres Mal würde ich mich - weil inzwischen doch ein bisschen (???) klüger - nicht mehr getrauen.

 
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Andrea Zanier
vor 2 Jahren

Eure Historien Serie ist einfach wunderbar, mehr davon! Vielen Dank liebe Dolomitenstadt.

 
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