13 Schülerinnen und Schüler der MS Egger-Lienz haben am 29. September ihre Handys abgegeben – freiwillig und für insgesamt drei Wochen. Wir begleiten das Projekt und stehen in regelmäßigem Kontakt mit der Klasse. Nach rund einer Woche ohne Handy resümieren die Schüler:innen und Schüler unisono: „Es geht ganz gut.“
Zwei Schülerinnen erzählten, dass sie ihre freie Zeit mit Lesen verbringen. Alena hat regelmäßig ein Buch zur Hand. Am liebsten liest sie Comics oder Fantasy, wie die „Keeper of the Lost Cities“-Buchreihe. „Mir gefällt beim Lesen, dass man nicht an den Alltag denken muss und es so fesselnd ist“, sagt die Drittklässlerin. Ihre Klassenkameradin Isabel hat auch schon immer gern gelesen. Durch den Handyentzug findet sie wieder mehr Zeit dafür und hat ihre absoluten Lieblingsbücher, die Harry-Potter-Reihe, wieder hervorgeholt.
In einer Zeit, in der der Daumen schon automatisch über das Display wischt, blättern Alena und Isabel Seiten um. Damit gehören sie zu einer Minderheit. Wie viele Kinder in ihrer Freizeit tatsächlich lesen, ist nicht genau bekannt, doch erfahrungsgemäß ist Lesen keine selbstverständliche Freizeitbeschäftigung mehr. Dennoch widmet sich Daniela Sailer mit viel Hingabe ihrer Funktion als Schulbibliothekarin.

Daniela Sailer ist Deutschlehrerin an der MS Egger-Lienz und betreut seit Mai dieses Jahres die Schulbibliothek. Ein Herzensanliegen, wie im Laufe des Gespräches deutlich wird: „Lesen ist für mich Abenteuer im Kopf.“ Zwei Jahre dauerte die Ausbildung, und in der kurzen Zeit seit der Übernahme hat Sailer die Bibliothek in ein Reich ihrer Kreativität verwandelt.
Wer ein Buch ausleiht, bekommt eine Packung Fruchtgummis dazu. Wer ein Buch zurückbringt, darf sich einen „Sheriff“-Stern abholen. Wer am meisten liest, erhält am Ende eines Schuljahres einen gehäkelten Hund – aber nicht irgendeinen, sondern eine Mini-Version des Berner Sennen-Schulhunds Fino. Außerdem verteilt Sailer Lesezeichen, mit Lamas und lustigen Vögelchen darauf. Eine Freundin der Lehrerin häkelte obendrein eine größere Figur eines Berner Sennenhundes, der in der MS Egger-Lienz als Fini bekannt ist.
Damit aber nicht genug. „Ich habe versucht, ein wenig umzustellen und moderne Bücher besorgt.“ Die neuesten Anschaffungen stehen nun im Regal direkt neben der Eingangstür, sodass die Schüler:innen direkt einen Blick darauf werfen können. Für die vierten Klassen kaufte Sailer Bücher, die die Vergangenheit thematisieren: „Wie haben unsere Uromas und Uropas gelebt? Wie war es zu damaligen Zeiten? Das sind Fragen, die Kinder schon interessieren.“ Platz eingespart wird hingegen bei den DVDs. „Ich verschenk die, weil wir haben eh keine DVD-Laufwerke mehr.“



Die Bemühungen sprechen eine Handvoll von Kindern an, die schlussendlich Exemplare ausleihen. Doch wer nicht von selbst kommt, den erreicht Sailer auf anderem Weg. Mit dem heurigen Schuljahr startet die Bibliothekarin Buchvorstellungen. „Jeden Monat empfiehlt die Tyrolia für die ersten und zweiten Klassen sowie für die dritten und vierten Klassen ein Buch. Gemeinsam mit meinem Schulhund Fino, dem Lesehund, stelle ich dann das Buch und den Autor vor.“ Dafür besuchen die Klassen reihum die Bibliothek.
„Man muss eben mit der Zeit gehen“, erklärt Sailer. Es hat sich vieles verändert, das wurde auch im Rahmen ihrer Ausbildung thematisiert. Bibliotheken sind heute viel mehr als nur der Ort, an dem Bücher ausgeliehen werden. Entspannen ist der Aspekt, der in den Vordergrund gerückt ist. „Wir haben moderne Bibliotheken besucht, die waren voll mit Lounges und Sitzecken. Da geht es vorrangig darum, sich eine Auszeit zu nehmen, sich wohlzufühlen und runterzukommen.“
So stellt die Schulbibliothek in der MS Egger-Lienz auch einen Ort der Zusammenkunft dar. Hier wird gespielt und dem hektischen Schulalltag entflohen. Eine Projektgruppe sammelt aktuell Ideen für einladende Dekorationen. Besonders beliebt ist Schulhund Fino, der montags während der ersten drei Schulstunden in der Bibliothek ist – viele Kinder kommen vorbei, um Zeit mit ihm zu verbringen.
„Wenn Kinder ein Buch aufschlagen und eine große Schrift sehen, dazu viele Bilder, fällt ihnen der Einstieg ins Lesen leichter.“
Daniela Sailer
Lesen sollte jedoch nicht nur im schulischen Kontext eine Rolle spielen. Sailer erklärt, man könne erkennen, welche Kinder zu Hause regelmäßig lesen, denn sie entwickeln ein sicheres Gespür für Sprache und Rechtschreibung. „Ich schlage den Schülerinnen und Schülern zum Beispiel vor, wenn sie Geschwister haben, ein Vorbild zu sein, indem sie etwas vorlesen. Und wenn es nur ein Absatz oder eine Seite wäre, bleibt das eine schöne Erinnerung.“
Beliebte Bücher unter Kindern sind etwa die Comicreihe „Gregs Tagebuch“ oder spannende Detektivgeschichten. Für die Lesemotivation empfiehlt Sailer besonders Bücher für Volksschüler, egal wie alt das Kind ist: „Wenn Kinder das Buch aufschlagen und eine große Schrift sehen, dazu viele Bilder, fällt ihnen der Einstieg ins Lesen leichter.“
Auch für Eltern hat die Bibliothekarin wertvolle Tipps, um zum Lesen zu motivieren: „Man könnte ein kleines Ritual einführen, zum Beispiel abends eine Gute-Nacht-Geschichte. Zuerst liest das Elternteil eine Seite, dann das Kind. Einfach bewusst Zeit nehmen – das ist schon sehr viel wert. Und es muss nicht immer ein Buch sein, auch eine Nachricht, eine Schlagzeile oder ein kurzer Artikel tut es.“
Ein Posting
Eine großartige Idee.Könnten sich viele Schulen als Vorbild nehmen
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