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Was wir gewonnen haben: „Bissl a Zeit“

Norman Stolz und Wenzel Beck treffen mit einem Song den Zeitgeist und schicken Videogrüße.

"Wenn i do obn steh und in die Weite schau, denk i manchmal ...", sind die ersten Worte eines Liedes, das bis zum Schluss diese sanfte Nachdenklichkeit behält und so klingt, als ob sich zwei Granden der Austro-Pop Szene zusammengetan hätten, um über dieses neue, reduzierte, auf sich zurückgeworfene Leben in Zeiten von Corona zu reflektieren – vor allem dann, wenn der Refrain einsetzt: "Mir san net so schlecht dabei. Der Himml setzt sich langsam frei. Unsere Sorgen san plötzlich so klein, mir hobm no a bissl a Zeit, um da zu bleibn."

Doch dieses Lied wurde ursprünglich – an einem Abend im November 2019 in Wien – weder für diese Ausnahmesituation, in der wir uns gerade alle gemeinsam befinden, geschrieben, noch stammt es von zwei alteingesessenen Künstlern der österreichischen Musikszene. Eine der Stimmen, so gehaltvoll und tief sie auch klingt, gehört also nicht etwa einer der bekannten und schon alteingesessenen österreichischen Musikgrößen, an die sie ein wenig erinnert, sondern dem Wiener Wenzel Beck und der ist gerade einmal 20 Jahre jung. Die andere, im Refrain kratzigere und vom Klang her fast noch jüngere, ist jene des zwar um zehn Jahre älteren Osttirolers Norman Stolz, doch der begann eigentlich erst Musik zu machen, als er so alt war, wie es Wenzel Beck jetzt ist.

Beide sind auf dem Musikmarkt keine völlig Unbekannten mehr. Norman Stolz, den sympathischen Osttiroler aus St. Jakob, kennt man spätestens seit 2015 nicht nur in Tirol. Damals kam im Sommer seine Single "Tanzen" auf den Markt und brachte das Publikum der "Starnacht am Wörthersee" ganz schön in Bewegung. Sein erstes Album "1000 Farben" ließ definitiv erkennen, dass es sich hier um einen Singer-Songwriter handelt, dessen Texte nicht nur ins Ohr, sondern auch unter die Haut gehen können, weil sie immer ein wenig mehr erzählen, als sie sagen. "Bissl a Zeit" ist nun der neuerliche Beweis dafür. Das Lied lässt Filme im Kopf entstehen und das sind kraftvolle, zum Nachdenken anregende und nicht so schnell zu vergessende Bilder.

Das Lied besticht aber nicht nur durch seinen Text und seine harmonische Melodie, sondern vor allem durch das Zusammenspiel dieser beiden eindrucksvollen Stimmen, von denen die zweite eben Wenzel Beck gehört. Und diese tiefe, ausdrucksstarke Stimme in einem solch jungen Körper ist nun einmal etwas ganz Besonderes - und dadurch schwer einzuordnen. Vergleiche - wie etwa mit dem Engländer George Ezra - drängen sich auf und passen doch nicht, denn Wenzel Beck hat den Austro-Pop quasi in seine Wiege gelegt bekommen und mit Dr. Kurt Ostbahn von Kindheit an einen fantastischen Mentor und musikalischen Begleiter gefunden. Sieht man diese beiden nun auf der Bühne, muss man unweigerlich an Seelenverwandtschaft denken.

Aber auch die Formation Stolz & Beck lässt daran denken. Was diese beiden Stimmen so wunderbar harmonieren lässt, sind einerseits ihre klanglichen Unterschiede und andererseits ihre in jedem Ton spürbare Authentizität. Hier sind zwei Liedermacher am Werk, die auf Können und Reduzierung und unaufgeregte, aber vielsagende Texte setzen und damit genau den Zeitgeist treffen. Vor allem jetzt, in den Zeiten von Corona, aber hoffentlich auch darüber hinaus.


Eigentlich sollte mit den beiden Liedermachern Norman Stolz und Wenzel Beck am 20. März in Lienz ein Dolomitenstadt-Videointerview mit musikalischen Beiträgen entstehen. Covid 19 hat uns – wie so vielen anderen – einen kräftigen Strich durch die kreative Rechnung gemacht. Aber: 1) aufgeschoben ist nicht aufgehoben und 2) wir haben die beiden Singer-Songwriter gebeten, uns aus ihren Homestudios in St. Jakob und in Wien eine kurze Botschaft zu schicken!
Silvia Ebner ist eine Erzählerin mit Leib und Seele. Ihr erstes Buch „Vom Sterben. Und Leben“ erschien im Sommer 2018 im Dolomitenstadt-Verlag und wurde gleich zum Bestseller. Die Sprachlehrerin arbeitet auch als Journalistin, Theaterautorin und Podcasterin.

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