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Vorne die Spitalsbrücke, in der Mitte der Iselsteg und ganz hinten die Pfarrbrücke, die älteste Brücke in Lienz, die bereits 1216 erwähnt wurde. Foto: Wolfgang C. Retter

Vorne die Spitalsbrücke, in der Mitte der Iselsteg und ganz hinten die Pfarrbrücke, die älteste Brücke in Lienz, die bereits 1216 erwähnt wurde. Foto: Wolfgang C. Retter

Ein verbindendes Relikt aus dem Zeitalter der Eisenbahn

Architektonisch eine der letzten ihrer Art – die Spitalsbrücke in Lienz.

Am besten wir besinnen uns diesmal auf etwas Schönes, Beständiges, das uns auch in unsicheren Zeiten trägt: die Spitalsbrücke! Unter uns gesagt habe ich dieses Stahlmonstrum nie als besonders „schön“ empfunden und eine Neugestaltung dieser Brücke hätte mir weitaus weniger Wehmut beschert, als damals die Erneuerung des romantischen Iselstegs. Meine Beziehung ihr gegenüber ist aber wesentlich herzlicher geworden seitdem ich weiß, dass es sich bei der Spitalsbrücke um ein ganz bemerkenswertes Bauwerk handelt, welches nicht umsonst unter Denkmalschutz steht: Schon 1897 wurde diese Fachwerkbrücke aus Stahl errichtet und wie es damals üblich war, wurden sämtliche Metallverbindungen genietet. Unsere Spitalsbrücke zählt zu den letzten ihrer Art in ganz Österreich!
Das Luftbild zeigt gut, warum die Spitalsbrücke im Volksmund auch „Fischwirtsbrücke“ heißt. Links im Bild das ehemalige Bürgerspital, heute BORG, und auf der anderen Seite des Flusses der Gasthof Goldener Fisch. Foto: Wolfgang C. Retter
Für mich – und ich glaube für viele andere Lienzerinnen und Lienzer – war es nicht die Spitals-, sondern eigentlich immer die Fischwirtsbrücke, benannt nach dem Traditionsgasthaus „Goldener Fisch“ nördlich der Isel. Der offizielle Name bezieht sich aber auf das ehemalige Bürgerspital auf der anderen Seite, in dessen Räumlichkeiten sich heute das Bundesoberstufenrealgymnasium – kurz gesagt: das BORG - befindet. Dort gab es schon im Mittelalter einen Übergang, um den Rindermarkt mit dem Stadtzentrum zu verbinden. Die älteste Brücke in Lienz ist allerdings die Pfarrbrücke. Diese wird 1216 erstmals genannt, aber 1243 schon als „alte Brücke“ bezeichnet, was eine neue Brücke voraussetzt: die Spitalsbrücke. Noch im gleichen Jahrhundert wurde als dritter Iselübergang die Schlossbrücke gebaut. Erst 1907 kam als Fußgängerübergang der Iselsteg dazu.
Lienz-Ansicht aus dem Stadtbuch Lienz von Wolf/De Ben um 1840, auf der noch das mittelalterliche Spitalstor zu sehen ist.
Immer wieder wurde die Spitalsbrücke durch Hochwasser zerstört oder zumindest in Mitleidenschaft gezogen, behielt aber über Jahrhunderte das gleiche Aussehen: eine selbsttragende Holzbrücke in Ständerkonstruktion mit drei Pfeilerpaaren und verplankten Brüstungen, ähnlich der Pfarrbrücke. Außerdem befand sich bei der Brücke neben dem Spital als Teil der Stadtbefestigung ein massiver Torturm - nicht aus Pappe wie damals beim Stadtfest. Wie alle anderen Stadttore von Lienz wurde auch dieses im 19. Jahrhundert geschleift. Dann kam die industrielle Revolution und mit ihr die Eisenbahn. Vor allem Eisenbahngesellschaften ließen überall viele neue Brücken aus Eisen bauen, das nun in großen Mengen verfügbar war. Auch unsere Spitalsbrücke ist in dieser damals modernen Bauweise errichtet worden, und erinnert daher an eine Eisenbahnbrücke. Es haben sich in Österreich nur wenige Brücken dieser besonderen Bauweise erhalten. Auch deshalb regte sich Widerstand in der Linzer Bevölkerung gegen den geplanten Abriss der Eisenbahnbrücke über die Donau. Sie wurde ebenso 1897 als eine genietete Fachwerkbrücke aus Stahl gebaut und sah unserer Spitalsbrücke zum Verwechseln ähnlich. Weil die Donau doch etwas mehr Wasser führt als die Isel bestand die Brücke in Linz nicht aus einem, sondern aus drei bogenförmigen Fachwerkteilen. Bei der Befragung der Linzer Bevölkerung hat sich dann doch die Mehrheit für einen Neubau entschieden und die marode Brücke wurde 2016 abgetragen. Wie würde wohl eine Abstimmung in Lienz enden? Hoffen wir, dass uns die Spitalsbrücke als besonders markantes Wahrzeichen der Stadt Lienz noch lange erhalten bleibt. Vielleicht bringt uns und der Brücke ja die kleine Taube Glück, die sich am südlichen Brüstungsstein schon 1996 eingenistet hat und sich entschlossen hat, dort für immer zu bleiben.
Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

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6 Postings

wolf_C
vor 3 Jahren

wie in lienz brücken jetzt verstanden werden lässt sich wunderbar an zwei! neubauten über die drau ablesen, möge jeder selbst urteilen ...

 
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Edi1913
vor 3 Jahren

Interessanter Artikel. Danke. (nur Stadtore sind keine Messer ;-))

 
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    Gerhard Pirkner
    vor 3 Jahren

    Danke für den Hinweis. 😉

     
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      unholdenbank
      vor 3 Jahren

      Das war schon richtig. Messer werden geschliffen und Stadttore geschleift. Auch von mir danke für den Artikel

       
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Lipa
vor 3 Jahren

Immer interessant, was du zu berichten weißt, liebe Evelin. Nicht nur die besagte Taube wird es dir danken. Sie gehört zu den feinen Kleinigkeiten in unserer Stadt, an denen man nicht ungeachtet vorübergehen soll.

 
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    unholdenbank
    vor 3 Jahren

    Besagte Taube stammt von Jos Pirkner. Sie war auch teuer genug. Schon deswegen sollte man daran nicht achtlos vorübergehen.

     
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