Was vor gut 40 Jahren noch Auslöser emotionaler Debatten war und so manchen Gemeindepolitiker in die Bredouille brachte, ist heute nicht mehr wegzudenken. Die Rede ist vom Klärwerk in Dölsach, wo die Abwässer von 15 Gemeinden zusammenfließen. Im Bürotrakt sitzt dort Andreas Pfurner in einem Drehsessel und nickt zufrieden: „Auf den Mut unserer Vorgänger können wir heute aufbauen.“
Der Bürgermeister von Nußdorf-Debant leitet als Geschäftsführer des Abwasserverbandes Lienzer Talboden das Klärwerk. Auf der Anlage blüht der Ingenieur auf. Bei einem Lokalaugenschein berichtet Pfurner von zahlreichen kleinen und großen Investitionen, die die Kläranlage über Jahre zu einem Vorzeigemodell formten.

So müsse man derzeit nur noch 20 Prozent der benötigten Energie von der TIWAG zukaufen, der Rest wird vor Ort erzeugt. Herzstück der Anlage ist der sogenannte Faulturm, wo der Klärschlamm rund 40 Tage lagert und Gase freisetzt, aus denen Energie für den Betrieb erzeugt wird. So gesehen ist das Klärwerk zugleich eine Biogasanlage.
Auf Kläranlagen wird unser Abwasser in verschiedenen Behandlungsstufen von Schmutz- und Nährstoffen befreit. 2,28 Millionen Kubikmeter waren es in Dölsach im Jahr 2022. Möglich ist das dank der fleißigsten Arbeiter der Anlage: Bakterien. Am Ende des Reinigungsprozesses steht der Klärschlamm, von dem im Lienzer Talboden pro Jahr 2.000 Tonnen nach der mechanischen Entwässerung übrig bleiben.


Derzeit wird der Schlamm von der Firma Gumpitsch kompostiert und unter anderem im Straßenbau, bei Rekultivierungen oder auf Skipisten ausgebracht. In die Nahrungskette darf der Schlamm in Tirol nicht gelangen, in Kärnten hingegen sogar auf Feldern landen. Doch damit ist bald Schluss.
In Österreich wird eine Abkehr von der direkten Nutzung vollzogen. Dafür gibt es laut Pfurner zwei Gründe: „Einerseits die Sorge vor gefährlichen Schadstoffen und andererseits die Gewinnung von Phosphor.“ Diese wertvolle, aber nicht substituierbare Ressource soll dem Kreislauf erhalten bleiben.

Der Bund strebt daher an, dass bis 2030 bis zu 85 Prozent des in Österreich anfallenden kommunalen Klärschlamms einer Phosphorrückgewinnung zugeführt werden. Als vielversprechendste Technologie für die energetische Nutzung wird eine Monoverbrennung von Klärschlamm angesehen. Dabei wird die chemische Enthalpie der organischen Trockensubstanz durch Reaktion mit Sauerstoff freigesetzt. Bereits jetzt werden 52 Prozent der Klärschlamme in Österreich unter Nutzung der Abwärme thermisch behandelt.
„Die Zeit drängt, wir müssen schon im nächsten Jahr eine Entscheidung treffen“, sagt Pfurner. Derzeit tüftelt er mit den Verantwortlichen der Osttiroler Abwasseranlagen an einer Lösung. Geplant sei demnach eine zentrale Verbrennungsanlage in Nordtirol. Im Verband Lienzer Talboden verfolgt man vier Ansätze, um das Problem zu klären.
„Unser Ziel muss es sein, mit möglichst wenig Wasser durch die Gegend zu fahren.“
Andreas Pfurner, Abwasserverband Lienzer Talboden
Präferierte Variante ist der Bau einer Trocknungsanlage – entweder als Osttiroler Lösung oder nur für den Talboden. Der Vorteil liegt auf der Hand: So könnte man den 2.000 Tonnen Klärschlamm insgesamt 90 Prozent Wasser entziehen und damit auf ein Viertel des Gewichts kommen, bevor der Schlamm zur Verbrennung nach Nordtirol gelangt. „Unser Ziel muss es sein, mit möglichst wenig Wasser durch die Gegend zu fahren“, so Pfurner.

Der Bau einer Trocknungsanlage würde im Falle eines bezirksweiten Schulterschlusses rund zwei Millionen Euro kosten. Legen sich die anderen Anlagen und Verbände quer, würden die Kosten auf rund 1,2 Millionen Euro sinken. Vom Tisch ist mittlerweile der Bau einer eigenen Verbrennungsanlage in Osttirol. Sieben Millionen Euro und tausende Tonnen zusätzlicher Klärschlamm aus Oberkärnten wären dafür nötig.
Fest steht bereits jetzt: Diese Neuerung in der Verwertung von Klärschlammen wird nicht nur Fäkalien, sondern auch Geld verbrennen. „Die Gemeinden bewegen sich bei uns noch in einer gewissen Komfortzone. Das wird es nicht mehr lange spielen“, rechnet Pfurner mit höheren Kosten durch die Verbrennung.
4 Postings
Was mich dazu interessieren würde: Der Klärschlamm wird dann erst wieder per LKW nach Nordtirol verfrachtet, so wie unsere Milch? CO2-neutral ist das dann halt auch nicht mehr. Gibts da keinen besseren Lösungsansatz? Wieviele Fahrten wären das, vorallem wenn sich alle drei Klärwerke zusammen tun? So ganz durchdacht ist diese (erst wieder) verkehrsfördernde Variante wohl noch nicht!
Ich frage mich dazu, warum muss der Schlamm dazu erst wieder über zwei Pässe gekarrt werden? Nur weil es im Land Tirol bleiben muss??? Wir leben eh schon in einem Ministaat, dass hier dann immer noch die Bundesländer auch ihre eigenen Suppen kochen, erscheint schon längst als überholter Anachronismus.
Da wärs wohl gescheiter, man tut sich mit den Kärntnern zusammen. Das Klärwerk Dölsach liegt direkt neben der ÖBB, auf einem Nebengleis befüllt man dann dafür vorgesehene Wagons und fährt damit nach Osten. Dann müssten nur die beiden anderen Klärwerke noch ihren Klärschlamm (im kurzen Wege) nach Dölsach bringen, Anras könnte event. sogar auch mit Wagons der ÖBB beliefern, wenn man dort eine ÖBB-Befüllmöglichkeit schaffen könnte.
Beim Müll funktionierts ja auch grenzüberschreitend, warum sucht man nicht auch hier eine Lösung mit kurzen Strecken, am besten CO2 neutral per Bahn??? Es ist soooo an der Zeit, mal endlich grenzenlos zu denken und alte Strukturen aufzubrechen. Und nicht wieder neue verkehrsfördernde Maßnahmen zu erfinden, das müsste den Grünen in Wien wohl auch einleuchten!
Die Ländergschaftlhuberei ist sowieso ein überholtes System, das dringend abgeschafft werden müsste. Wozu dient dieses System, außer zur Versorgung einer viel zu großen Anzahl an Berufspolitikern? Jedes Landl erschafft mit extremen Kosten eigene Bestimmungen, die nur unwesentlich voneinander abweichen. Bei 8 Mio Einwohnern reicht eine Gesetzgebung. Also weg mit den Landesfürsten und deren Anhang. Niemand braucht das, außer den Systemdienern. Die Kosten sind längst total aus dem Ruder gelaufen. Die Verarbeitung von Klärschlamm ist nicht Ländersache, sondern eine Bundesangelegenheit. Da muß man nicht mit dem Mist nach Nordtirol fahren, Westkärnten liegt näher.
Den Gemeinden sind die Kosten egal, sie legen sie sowieso um und der Bürger zahlt.
stimmt.
beim einen abwasserverband darf der geschäftsführer in teilzeit eine drei mal so hohe monatsgage entgegen nehmen als beim anderen, obwohl die anlagen-reinigungsleistung denselben wirkungsgrad erreicht, dafür aber sattere gebühren erzeugt.
der gleichheitsgrundsatz gilt, aber nur bis zur Klospülung!
zumindest in oschttirol. eh klar
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