Auch für dieses Stadtgespräch mussten wir etwas warten. Der wochenlange Regen im Mai machte ein Treffen in einer der grünsten Wohnanlagen in Lienz immer wieder unmöglich, denn es sollte unbedingt ein Gespräch zwischen Bäumen, Sträuchern und Kinderspielplatz werden. Dafür steht die Moarfeldsiedlung nämlich: ein Platz für mehrere Generationen in bester Lage auf dem Sonnenhang von Lienz, wo junge Familien genauso wohnen wie jene Paare, die schon seit Anfang an, also ab dem 10. Oktober 1975, dort sind.
Dazu gehören Franz Seiwald, Erni Feldner und Martha und Karl Bachmann. Sie alle haben viel über die Siedlung zu sagen. Franz ist eine der Vertrauenspersonen der Häuser, die sich immer schon passioniert für die Belange der Mitbewohner eingesetzt haben und durch ihr akribisches Nachrechnen und engagiertes Verhandeln den einzelnen Parteien im Laufe der Jahre viel Geld erspart haben.
Erni ist Mutter des ersten Moarfeld-Babys und sah ihre Kinder auf diesem Spielplatz genauso aufwachsen wie Martha und Karl Bachmann, die nun dort auch schon ihre Enkelkinder betreuen. Sie erzählen davon, wie ihre Kinder in diesem Garten im Winter skifuhren und wie sie sich zum gemeinsamen Stricken und Plaudern auf diesen Parkbänken trafen.


Sie erzählen aber auch, dass es für die jungen Familien in den 80er Jahren nicht leicht war, diese damals sehr hochpreisigen Wohnungen zu finanzieren, denn der Zinssatz für die Kredite lag bei 12 Prozent und die meisten hatten nur ein Einkommen. Dennoch schätzten sie sich glücklich, dort überhaupt eine Wohnung bekommen zu haben, denn sie waren heiß begehrt.
Am ersten Dezember 1982 lebten, laut dem Großen Stadtbuch von Lienz, 12.053 Personen in Lienz und weitere 1.022 hatten dort einen Zweitwohnsitz. Es gab einen hohen Wohnungsbedarf - und das obwohl in der Zeit zwischen 1960 und 1980, die der Historiker Meinrad Pizzinini als die „Blütezeit“ von Lienz bezeichnet, 526 neue Privatwohnungen und 896 Wohnungen durch den öffentlichen Wohnbau entstanden waren.
Es tat sich viel in Lienz in diesen 60er-, 70er- und 80er- Jahren und Pizzinini spricht deshalb auch von einer „stolzen Leistungsbilanz auf allen Gebieten der Kommunalpolitik“ und einer Zeit, die „geprägt war von allgemeinem Wohlstand, einem hohen Maß an politischem Konsens, ersprießlicher Zusammenarbeit in der Gemeindestube, wesentlicher Verbesserung der Infrastruktur in jeder Hinsicht und einer kulturellen Blüte.“ Das bestätigten uns auch Franz, Erni, Martha und Karl in unserem Gespräch, doch hören Sie selbst:
Der Dolomitenstadt Podcast ist ein akustisches Magazin, das die Redaktion von dolomitenstadt.at in Lienz zusammenstellt. Das Themenspektrum ist breit und beschränkt sich nicht nur auf die Region. Wir stellen spannende Projekte vor, widmen uns den Künsten und der Kunst des Lebens, schauen in Kochtöpfe und über den Tellerrand, greifen heiße Eisen an und diskutieren die Themen unserer Zeit mit Menschen, die etwas zu sagen haben. Zu finden auch auf Spotify und bei Apple Podcasts.
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