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„Mobile Notfalleinheit Matrei“ bleibt im Einsatz

Landtag winkte Regierungsvorlage samt Finanzierung durch. Primärversorgung im Konzeptstadium.

Im bereits deutlich anschwellenden Wahlkampfgetöse der letzten Sitzung des Tiroler Landtages vor dem Ende der Legislaturperiode ging eine für Osttirol relevante Entscheidung beinahe unter. Die Landesregierung beschloss die Fortführung der „mobilen Notfalleinheit Matrei“ – im Prinzip ein in Matrei stationiertes Rettungsauto, besetzt mit einem Notfallsanitäter –  bis zum 30. Juni 2023. Das Versorgungsmodell, das als Pilotprojekt seit Dezember 2019 existiert, wäre sonst am 30. Juni 2022 ausgelaufen. Weil im Finanzjahr 2023 für diese vom Roten Kreuz erbrachte Leistung 640.000 Euro benötigt werden, für die es im Budget keine Bedeckung gibt, nimmt das Land ein Darlehen auf. 

In der Begründung für die Verlängerung weist die Landesregierung darauf hin, dass es sich um eine Zwischenlösung handelt und „aus rein notfallmedizinischer Sicht, die mobile Notfalleinheit Matrei in Osttirol nicht erforderlich wäre.“ Allerdings leiste der Matreier Rettungsdienst „aufgrund derzeit noch bestehender struktureller Defizite in der ärztlichen Grund- und Notversorgung einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Sicherung der ärztlichen, insbesondere der allgemeinmedizinischen Versorgung im oberen Iseltal und den Seitentälern.“

Dolomitenstadt-Leser:innen werden sich erinnern. Im Iseltal tobte ab 2019 ein erbitterter Kampf um die notärztliche Versorgung, ausgelöst durch eine Attacke von Andreas Köll auf den damals noch bestehenden Iseltaler Notarztverband des Arztes Gernot Walder. Köll – er war in dieser Zeit Bürgermeister von Matrei und Obmann des Bezirkskrankenhaus-Verbandes – wollte Walder und dessen niedergelassene Ärztekolleg:innen Cornelia Trojer und Anton Huber um jeden Preis loswerden und gemeinsam mit dem Flugunternehmer Roy Knaus ein hubschraubergestütztes Notarztsystem aufbauen. 

Die Zerschlagung der bis dahin etablierten Versorgung gelang, der Ersatz durch ein neues System scheiterte allerdings schon nach wenigen Monaten. Daraufhin musste der damals zuständige Landesrat Tilg rasch nach einer Lösung für die nun tatsächlich vorhandene Versorgungsmisere suchen und fand im Roten Kreuz einen Helfer in der Not. So entstand das Pilotprojekt „mobile Notfalleinheit“, an dem die oppositionelle Liste Fritz kritisierte, dass es deutlich teurer und weniger effizient sei, als die Ursprungslösung von Gernot Walder. 

Mittlerweile wurde dieses Provisorium mehrmals verlängert, nun um ein weiteres Jahr bis zum Sommer 2023. Im Hintergrund wird an der Etablierung sogenannter „Primärversorgungszentren“ gebastelt, wobei auch hier noch unklar scheint, was das in einem Bezirk wie Osttirol sein oder werden soll. Ende 2021 traf das Land Tirol mit der Österreichischen Gesundheitskasse zumindest eine Finanzierunsvereinbarung für solche Zentren. Jetzt müssen – vorerst auf Bundesebene – gesetzliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung geschaffen werden. 

Auf Landesebene ist Adolf Schinnerl, der Ärztliche Leiter Rettungsdienst des Landes Tirol damit beauftragt, ein Konzept für die notärztliche Versorgung Osttirols ab 1. Juli 2023 zu erstellen und der Landesregierung vorzulegen. Auf das Pilotprojekt soll endlich wieder ein Regelbetrieb folgen, in den auf Wunsch der Landesregierung nun „alle infrage kommenden Systempartner  – insbesondere die zuständigen Abteilungen im Amt der Tiroler Landesregierung, die Leitstelle Tirol, aber auch die Rotes Kreuz Tirol gemeinnützige Rettungsdienst GmbH und die Betreiber von Hubschrauberstützpunkten sowie die niedergelassene Ärzteschaft und das BKH Lienz“ eingebunden werden. 

Oberstes Ziel müsse eine zweckmäßige und sichere notärztliche Versorgung im Iseltal sein, „wobei bestehende Notarztsysteme im Defereggental und in Lienz sowie etwaige Versorgungslücken in peripheren Bereichen berücksichtigt werden sollen.“ Aus dieser Formulierung im Regierungsantrag kann man herauslesen, dass von Gernot Walder über das Rote Kreuz bis zum ÖAMTC und Roy Knaus alle relevanten Akteure noch auf dem Spielfeld sind. Wer zum Zug kommt, wird wohl eine völlig neu zusammengesetzte Landesregierung entscheiden. 

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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2 Postings

Markus aus den Hohen Tauern
vor 2 Jahren

Man sieht jetzt schon, dass in Matrei mit dem neuen Bürgermeister viel ruhiger und effizienter gearbeitet wird, als mit dem alten, der alles nur allein entscheiden wollte und überall nur aneckte. Raimund Steiner ist ein ruhiger, besonnener Mann, der jeden Tag auf der Gemeinde anzutreffen ist und der sich nicht immer in den Vordergrund drängt. Was man so hört, werden auch die Mitarbeiter auf der Gemeinde viel stärker eingebunden und haben trotzdem ein viel stressfreieres Arbeiten als mit dem alten Bürgermeister.

 
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isnitwahr
vor 2 Jahren

ich hoffe sehr stark, dass jetzt wirklich die Chance genutzt wird, nicht nur eine komplett neue Landesregierung sondern eine mit frischen, jungen und vor allem unverbrauchten Mitgliedern bestückte Landesregierung auf die Beine zu stellen, damit - egal um welches Thema es geht - anständig und korruptionsfrei gearbeitet wird. Ansonsten, gute Nacht Tirol.

 
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